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Sündenfall: Roman (German Edition)

Sündenfall: Roman (German Edition)

Titel: Sündenfall: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anya Lipska
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weit danebengelegen.
    Sie sah im Spiegel, wie der Anflug eines selbstgefälligen Lächelns über sein Gesicht huschte. Warum? Weil er ihr diese Erklärung nicht abkaufte , erkannte sie.
    An der U-Bahn-Station stoppte sie auf der Busspur. Er war schon fast zur Tür hinaus, als sie ihn am Arm berührte. »Hören Sie, ich habe Ihnen doch erzählt, dass wir ein Haar an Justynas Leiche sichergestellt haben«, sagte sie in drängendem Ton. »Und wir haben in Elas Zimmer Fingerabdrücke gefunden. Also können wir ihn jetzt schnappen. Ich habe wasserdichte Beweise.« Gut, die Fingerabdrücke sind vermutlich vom Monsignore, aber warum die Dinge unnötig verkomplizieren ?
    Janusz erwiderte ihren entschlossenen Blick. Weshalb beichtete er ihr nicht jetzt die Wahrheit und wartete ab, ob sie eine bewaffnete Einheit mobilisieren konnte?
    Kershaw hielt den Atem an: Sie hatte das Gefühl, dass er gleich den Mund aufmachen würde.
    Doch im nächsten Moment stand Janusz das Gesicht des psychol vor Augen. Und er wusste, dass der Mann Weronika die Kehle durchschneiden würde, noch ehe der erste Polizist zur Tür herein war.
    Der Hüne schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, meine Liebe«, antwortete er und marschierte davon, offenbar ohne den eiskalten, strömenden Regen, der den Gehweg peitschte, überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Mist .
    Auf dem Weg zum Eingang des U-Bahnhofs klopfte Janusz noch einmal seine Seite ab, ertastete zu seiner Beruhigung die Umrisse des Dokuments und schaute wieder auf die Uhr. Drei Haltestellen mit der Northern Line bis Bank, dann sechs mit der Docklands Light Railway und danach noch zehn Minuten zu Fuß, hatte der Mann gesagt – also brauchte er sich nicht zu hetzen. Doch als er auf den Bahnsteig trat, ließ ihn eine monotone Stimme aus dem Lautsprecher innehalten. » … wegen eines Unfalls mit Personenschaden in Moorgate ist der Verkehr auf der Northern Line in südlicher Richtung derzeit eingestellt …«
    Heilige Muttergottes ! Was hatten diese Selbstmörder nur für ein Problem, dass sie sich unbedingt vor die U-Bahn werfen mussten? Warum konnten sie nicht zu Hause still und friedlich eine Überdosis nehmen?
    Als er in der Upper Street wieder an die Oberfläche kam, sah er den Bus Nummer 43, dessen Türen sich gerade schlossen. Er rannte los.
    Zwei Stufen auf einmal nehmend, hastete Janusz die Treppe vom Bahnsteig der Docklands Light Railway in Canning Town hinunter. Wieder sah er auf die Uhr. Wenn der Fußmarsch zehn Minuten dauerte, blieben ihm seiner Berechnung nach noch immer fünf Minuten Spielraum.
    Der Wind wehte so heftig, dass es ihm die Tränen in die Augen trieb, als er mit hochgezogenen Schultern die Victoria Dock Road entlangging. Wie es in der Wegbeschreibung geheißen hatte, lagen links von ihm ein Gewirr von Lagerschuppen aus Wellblech sowie ein Gebäude, bei dem es sich, nach Aussehen und Geruch zu urteilen, um eine Chemiefabrik handelte. Rechts von ihm befand sich eine triste Brachfläche, die – vermutlich in Erwartung eines Bauvorhabens – offenbar erst vor kurzem planiert worden war. Dahinter floss ein träge dahinströmender Kanal namens Leamouth, der braunes Wasser führte. Hier wurde der Lea breiter, bevor er in die Themse mündete.
    Da Janusz nun sicher war, dass er sein Ziel rechtzeitig erreichen würde, gestattete er sich die Frage, was ihn wohl dort erwartete. Hatten Zamorskis Killer den Befehl, sie alle umzubringen, sobald er die Dokumente übergeben hatte? Janusz fürchtete sich zwar vor dem Tod, doch was ihn, wie er feststellte, wirklich wurmte, war die Vorstellung, dass Zamorski einen Mord in Auftrag geben und trotzdem morgen Polens neuer Präsident werden konnte, ohne dass jemand ahnte, was für ein Mensch er in Wirklichkeit war.
    Er kam an einem Hof vorbei, wo gelbe Frachtcontainer gestapelt waren wie Legosteine, und bog, wie angewiesen, nach links in Richtung Leamouth ab. Janusz stellte fest, dass er in eine Gasse zwischen den hohen Backsteinmauern zweier alter Lagerhäuser gelotst worden war. »Hier entstehen repräsentative Wohnungen und Freizeitangebote«, verkündete ein Schild.
    Inzwischen hatte sich sein Herzschlag verdoppelt. An diesem Punkt brach die Wegbeschreibung ab – am Ende der Gasse, hatte der Mann gesagt, würde ihn jemand abholen. Janusz ging langsamer. Noch vier Minuten. Wenn er schon sterben sollte, musste er zuvor Zamorski das Handwerk legen. Falls er jemanden, der über genügend Einfluss verfügte, davon überzeugen konnte, ihn wegen seiner

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