Sündenfall: Roman (German Edition)
Aufputschpuder.« Er zog seine Hose hoch. »Das späte Einchecken, die Drogen … ich würde sagen, wir haben es mit einer Professionellen und ihrem Kunden zu tun. Als sie eine Überdosis erwischt hat, hat es der Kunde mit der Angst zu tun gekriegt und ist getürmt.«
Kershaw antwortete nicht. Sie bückte sich nach einem heruntergefallenen schwarzen Strumpf, der sich wie ein Fragezeichen zwischen dem Kopfende des Bettes und dem Nachttisch schlängelte, und drehte ihn in den Händen hin und her. Wie lautete noch einmal die Statistik? Sexarbeiterinnen starben mit einer zwölfmal höheren Wahrscheinlichkeit einen gewaltsamen Tod als gleichaltrige Frauen in der übrigen Bevölkerung. Sie umrundete das Bett.
»Das ist komisch, Sergeant«, verkündete sie und hielt einen zweiten Strumpf hoch, der auf der anderen Bettseite an der gleichen Stelle gelegen hatte.
»Was, dass eine Sexarbeiterin schwarze Strümpfe trägt?«, entgegnete er mit spöttisch aufgerissenen Augen.
»Nein, Sergeant«, erwiderte Kershaw, ohne auf seinen Sarkasmus einzugehen. »Aber wenn man die Strümpfe auszieht, selbst im Taumel der Leidenschaft, landen sie nicht so weit voneinander entfernt und so …« – sie hielt inne und suchte nach dem richtigen Wort – »symmetrisch.«
Bacon zog die Augenbrauen hoch. »Ich verneige mich vor Ihrem überlegenen Wissen in Sachen Strümpfeausziehen«, meinte er. »Doch worauf wollen Sie hinaus?« Sie schlang den Strumpf durch die polierten Stahlstangen des Bettes und zog ihn fest. »Vielleicht hat er sie mit den Strümpfen gefesselt und vergewaltigt. Und als sie die Drogen nicht vertragen hat, hat er sie losgebunden, um seine Spuren zu verwischen.« Sie entfernte den Strumpf und ließ ihn fallen.
»Möglicherweise gehörte S & M ja auch zum Spaßprogramm«, schlug Bacon vor.
Er drehte ein Handgelenk des Mädchens um und betrachtete es. »Keine Blutergüsse oder Abschürfungen.« Er legte den Arm zurück aufs Bett und verharrte einen Moment schweigend. »Allerdings ist das nach dem Tod häufig nicht so genau festzustellen. Der Pathologe soll nach Blutergüssen unter der Haut suchen.«
Kershaw wurde von Aufregung ergriffen.
»Aber bis dahin halten wir uns an die uns bekannten Fakten, richtig?«, fügte er mit einem bedeutungsvollen Blick hinzu. »Welche Straftaten liegen hier vor, Detective?«
Kershaw konsultierte ihr Notizbuch. »Zurücklassen einer Leiche. Beschaffung und Konsum illegaler Drogen. Vielleicht sogar unterlassene Hilfeleistung, falls das Mädchen noch lebte, als er abgehauen ist.«
Bacon schnaubte zustimmend. »Wie, glauben Sie, können Sie ihn am besten aufspüren?«
»Überwachungskameras, Sergeant.« Sie blätterte zu den Aufzeichnungen weiter, die sie sich während ihres Gesprächs mit dem Hoteldirektor gemacht hatte. »Nur zwei Kameras in der Hotelhalle, eine auf den Eingang und die andere auf die Rezeption gerichtet. Die anderen sind alle hinten: Küchen, Lagerräume und Personaleingang.«
»Offenbar machen die sich mehr Gedanken um Bagatelldiebstähle als um die Sicherheit der Gäste«, stellte Bacon mit einem abfälligen Stirnrunzeln fest. »In den Aufzügen gibt es auch keine Kameras?«
»Der Hoteldirektor behauptet, sie seien beide defekt.« Sie sahen einander vielsagend an. Da lachen ja die Hühner .
Er griff nach der Wodkaflasche, die inzwischen in einem Asservatenbeutel steckte, weil der Spurensicherungsexperte damit fertig war. »Ist Ihnen etwas aufgefallen, Detective?«
Sie hielt den Atem an. Dachte er dasselbe wie sie?
»Es ist Wyborowa , Sergeant, eine polnische Marke«, erwiderte sie, bemüht, sich ihre Aufregung nicht anmerken zu lassen. »Und da auch Drogen im Spiel sind, habe ich den Verdacht, dass vielleicht eine Verbindung zu Ela, meiner Wasserleiche, besteht …«
Bacon schüttelte langsam den Kopf und schnalzte dramatisch mit der Zunge.
»Was für ein Schwachsinn. Sie müssen öfter vor die Tür gehen, Kershaw. Jeder Londoner Getränkemarkt, der sein Salz in der Suppe wert ist, führt heutzutage polnischen Wodka. Wenn man den Anhängern glauben kann, ist er dem russischen Fusel weit überlegen.«
Sie biss sich auf die Lippe. Er hatte recht. Es war vorschnell gewesen, einen Zusammenhang zwischen den beiden toten Mädchen zu vermuten.
»Ich sehe hier zwar eine Flasche, aber keine Gläser «, fuhr Bacon fort. »Natürlich hätten sie auch aus der Flasche trinken können. Doch unser Freund ›Mr Lampart‹ hätte die doch sicher nicht zurückgelassen, wenn sie
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