Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
wissen.
»Nein, eine Barke ist nur für die Flussschifffahrt gedacht oder um nahe der Küste entlangzusegeln. Sie wäre ein allzu leichtes Opfer für Piraten.«
Omar rief einen jungen Burschen herbei, der ein seltsames schmales Boot führte, so klein, dass höchstens vier Personen hintereinander Platz nehmen konnten. Es schwankte bedrohlich, als Thea einsteigen wollte. Sie zögerte kurz.
»Hast du Angst?«, fragte Omar.
Welch dumme Frage!, dachte sie. Sie hatte schon als Kind das Schwimmen erlernt. Doch da kam ihr ein Gedanke. Es war vermutlich günstig, wenn Omar nichts davon wusste. Die Barke konnte sich für Nichtschwimmer als ein Gefängnis erweisen. In dem Fall hätte sie sich ihm ausgeliefert. Und es war gewiss äußerst aufschlussreich, wie er mit ihrer scheinbaren Schwäche umging.
»Ich habe keine Angst«, entgegnete sie. »Aber ich kann nicht schwimmen.«
»Hab keine Sorge, ich gebe gut auf dich acht.« Er griff nach ihrer Hand, fest und beschützend zugleich, und betrat mit ihr gemeinsam das schwankende Boot.
Der Jüngling brachte sie wohlbehalten zur Barke.
Von oben wurde ein Seil heruntergelassen, an dem ein seltsames Gestell hing.
Omar bemerkte ihren zweifelnden Blick.
»Ich zeige es dir«, sagte er. »Dir wird nichts geschehen.«
Das Gestell erwies sich als gepolsterte Sitzbank mit Haltegriffen an beiden Seiten, auf der Omar Platz nahm. Kaum saß er, da wurde er wie von selbst hinaufgezogen. Thea fühlte sich an die Lastenaufzüge erinnert, die sie an den Speichern der Hafenstädte gesehen hatte. Der Herr des Schiffes ließ sich also wie ein Sack Getreide an Bord hieven. Sie unterdrückte ein spöttisches Lächeln.
Nachdem Omar an Bord gezogen worden war, wurde der Aufzug erneut heruntergelassen, und Thea nahm Platz. Omar erwartete sie oben und reichte ihr die Hand, damit sie aussteigen konnte. Ein überflüssiges Hilfsangebot, dennoch nahm Thea es als Zeichen seiner Wertschätzung gern an.
Kaum stand sie neben ihm an Deck, da zogen auch schon zwei schwarzhäutige Sklaven einen schweren Vorhang zur Seite und gaben den Blick ins Innere der großen Deckaufbauten frei. Thea stockte der Atem. Sie hatte inzwischen viele prächtige Häuser betreten und erfahren, dass der Orient seinen ganz eigenen Zauber entfaltete. Aber nie zuvor hatte sie einen schwimmenden Palast gesehen. Auf dem Boden lagen kostbare Teppiche und unzählige Sitzkissen. Omar hatte ihre Hand nicht losgelassen und führte sie weiter. Achtlos schritt er über die wertvollen Teppiche, und Thea begriff, dass sie sich erst in der Vorhalle aufhielten. An einem Ort, von dem aus das Treiben auf dem Fluss zu beobachten war, sobald sich der Vorhang geöffnet hatte.
Am Ende des saalartigen Raumes befand sich eine reich verzierte kleine Holztür. Dahinter erstreckte sich der eigentliche Wohnbereich.
»Nun, was sagst du?«, fragte Omar, nachdem er sie in sein Gemach geführt hatte.
»Ein bemerkenswertes Schiff. Hat es noch andere Aufgaben, als Fremde zu beeindrucken?«
Er lächelte. »Es trägt mich von einem Ziel zum nächsten.«
Theas Blick schweifte über die bunten Wandteppiche und das goldene Geschirr, das auf einem kleinen Tisch stand. Ob es wohl echtes Gold war? Sie war sich nicht sicher. Schließlich entdeckte sie das riesige Himmelbett.
»Ich bin neugierig, ob sich deine Gesellschaft als lohnenswert erweist«, sagte sie.
»Du siehst, ich bin nicht gerade arm.« Seine Augen glänzten.
»Das mag sein. Aber ich bewerte Männer nicht nach ihrem Vermögen.« Thea schob sich hinter Omar und streifte ihm den Burnus von den Schultern.
»Wonach dann?«
»Das kannst du dir gewiss denken.« Ihre Hände glitten unter seine Kleidung. »Du bist ein ansehnlicher Mann. Ein schöner Körper beeindruckt mich weitaus mehr als das prächtigste Schiff.«
Er wandte sich zu ihr um und zog sie an sich. »Ich habe schon gehört, dass die Franken lockere Sitten haben.«
»Sag nicht, du hättest es noch nicht erprobt!«
»Nicht mit einer Frau wie dir.«
»Dann wird es höchste Zeit.«
Zielstrebig lösten ihre Hände seine Gewänder, und dort, wo sie stockte, weil sie sich in den Stoffbahnen verfing, half er ihr bereitwillig. Es schien ihm zu gefallen, dass sie die Führung übernahm. Thea lächelte. So ähnlich war es auch bei Philip gewesen. Sie erinnerte sich noch gut an die Überraschung in seinen Augen, als sie ihn zu ihrer Beute gemacht hatte. Seltsam, dass ihr das bislang nur bei Philip und Omar aufgefallen war. Zwei Männern aus dem
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