Sündenjagd: Deadly Sins 1 - Roman (German Edition)
vor neunzig Minuten – mehr oder weniger. Sehr viel länger kann sie nicht tot sein. Die Leichenstarre hat noch nicht vor allzu langer Zeit eingesetzt, was bei den niedrigen Temperaturen nicht ungewöhnlich ist. Ich gehe davon aus, dass ihr Tod nicht mehr als zwei Stunden zurückliegt.«
Er schaute in Abbys Mund, ihre Augen, ihre Nase und ihren Hals. Er spreizte ihre Beine, um nach äußeren Anzeichen eines sexuellen Übergriffs zu suchen, fand jedoch keine und drehte sie um, um ihren Rücken auf Verletzungen zu untersuchen.
»Keine Fremdeinwirkung. Ganz ehrlich, das sieht für mich aus, als wäre sie mit ihrem Freund für ein Schäferstündchen oder um Drogen zu nehmen hierhergekommen. Sie erwischte eine Überdosis und er floh.«
»Und nahm ihre Kleider mit?« Skye hatte ihre Zweifel, behielt
sie aber für sich. Rod stand zwar schon kurz vor der Rente, war aber ein blitzgescheiter, erfahrener alter Hase und außerdem derjenige gewesen, der entscheidend zur Lösung im Falle der Ermordung der Priester in der Mission letzten November beigetragen hatte. Sie vertraute seinem Urteil, fragte sich aber, ob seine spontane Reaktion hier darin begründet lag, nicht etwas anderes – Jenseitiges – in Erwägung ziehen zu wollen.
Als Rod die Leiche des Opfers wieder vorsichtig in ihre ursprüngliche Lage drehte, fiel Skye etwas auf. »Was ist denn das da an ihrem Nacken? Schieb mal ihr Haar beiseite!« Sie zog sich einen Latexhandschuh an und rollte die tote Abby vorsichtig zur Seite. »Hier.«
Sie zeigte auf eine kunstvolle farbige Tätowierung an ihrem Nacken – ganz am Ende zwischen den Schultern.
»Sieht aus wie eine professionell gemachte Tätowierung«, meinte Rod, nachdem er sie untersucht hatte. »Ich werde in der Gerichtsmedizin Bilder davon machen.«
Skye schaute zu Anthony hinüber und sah, dass er telefonierte. Sie biss sich auf die Lippe und hasste sich dafür, lauschen zu wollen.
»Ich werde sie zusammen mit dem Laken abtransportieren«, sagte Rod, »um keine Spuren zu verwischen. Ich habe hier alles getan, was ich konnte. Ich schreibe noch den Anhänger mit ihrem Namen, und dann lasse ich sie in die Gerichtsmedizin bringen.«
»Wann kannst du mit der Autopsie beginnen?«
»Sofort. Ich werde sie präparieren und dann um acht Uhr anfangen. Wirst du dabei sein?«
»Auf jeden Fall.« Sie sah wieder zu Anthony, der immer noch in sein Gespräch vertieft war und besorgt wirkte. Er bemerkte ihren Blick und wandte ihr den Rücken zu. Irgendetwas stimmt nicht, dachte Skye, während sie half, den Rest des Tatorts aufzunehmen.
Anthony hörte Pater Philip gespannt zu. Das Gespräch vernahm einen Lauf, der ihm ganz und gar nicht gefiel.
»Du musst ihr helfen«, drängte der Pater, nachdem er Anthony erzählt hatte, dass er die ganze Zeit über von Moira O’Donnells Aufenthalt in den USA gewusst hatte – noch bevor Anthony letzten November die Insel verlassen hatte und nach Santa Louisa gefahren war.
»Du wusstest, dass die Hexe hier war?«
»Wir haben keine Zeit, uns darüber zu streiten.«
»Sie ist eine Schlange, sie hat dich getäuscht!« Anthonys Magen verkrampfte sich. Er und der Pater hatten diese Auseinandersetzung bereits oft miteinander geführt, und keiner konnte den anderen für seinen Standpunkt gewinnen. Nichts von dem, was Pater Philip, Rico oder all die anderen anführten, die Moira für unschuldig hielten, konnte Anthony davon überzeugen, dass sie keine Gefahr für den Orden St. Michael bedeutete. Umgekehrt konnte nichts von dem, was er sagte oder an Fakten vortrug, die seiner Meinung nach Moiras Schuld belegten, die anderen zum Umdenken bewegen. Durch sie hatte der Dämon in St. Michael eindringen können. Sie war für dessen Taten verantwortlich.
Pater Philip ging auf Anthonys Bemerkung nicht ein und fuhr fort: »Moira rief mich heute Abend an, nachdem sie von dem Ritual auf den Klippen erfahren hatte. Ich habe ihr aufgetragen, dich anzurufen, da ihr euch jedoch so spinnefeind seid, wundert es mich nicht, dass sie es nicht getan hat. Aber du weißt …«
Anthony wollte seine eigenartige Verbindung zu den Ruinen nicht diskutieren, und so unterbrach er ihn. »Ich fahre jeden Abend wegen der Dunkelheit, die diesen Ort umgibt, zu den Klippen.« Sie mutete wie ein gewaltiges, tiefes, schwarzes Loch an, auf das die Gesetze der Physik anscheinend keine Anwendung fanden. Aber nicht heute Nacht, nicht in diesem Moment – was auch immer der Hexenzirkel gemacht hatte, der Ort
war
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