Sündhafte Küsse (German Edition)
alle erfüllen.“ Ein junger Mann, nur ein paar Jahre älter als der Knabe, lächelte ihn schief an, wich aber einen Schritt zurück, als er das glänzende Metall in Aidans Hand erkannte.
„Nein, äh, ich suche nur nach dem Weg“, log Aidan, dem es ganz schlecht wurde, als er den üblen Atem des Burschen roch. Aber er steckte das Messer wieder weg.
„Aye, natürlich“, erwiderte dieser und grinste. „Wenn Ihr es Euch überlegt habt, ich stehe da vorne.“ Er deutete auf ein baufälliges Haus, bevor er sich in diese Richtung davonmachte.
Aidan schlug mit heftig pochendem Herzen die entgegengesetzte Seite ein. Ich sollte überhaupt nicht hier sein , dachte er, aber er vermisste Julian unendlich. Er brauchte einen Körper, in den er sich auf der Stelle versenken konnte, um seine angestaute Lust loszuwerden, die ihn am Denken hinderte. Auf der Suche nach einem einigermaßen gepflegten Mann in seinem Alter schlenderte er die Straße hinunter, bis ihm ein blonder, großer Kerl auffiel, der lässig an einer Mauer lehnte, die Hände in den Hosentaschen, und ihm unauffällig zunickte.
Aidan nickte zurück. Er ließ den Mann vorangehen und folgte ihm in einigem Abstand. Der Fremde betrat ein Gebäude durch eine Hintertür, und Aidan vermutete, dass es ein Varieté war. Laute Musik und Gesang, den er schon auf der Straße gehört hatte, drangen an sein Ohr. Er konnte sich lebhaft vorstellen, dass die Vorderseite des Gebäudes mit bunten Lichtern geschmückt war und Schausteller die Passanten nach innen lockten, indem sie etwas von ihrem Können zeigten. Tatsächlich erhaschte Aidan einen kurzen Blick auf die Bühne: Frauen in engen, kurzen Gewändern saßen wie Kanarienvögel auf schwebenden Stangen, die wie Schaukeln von der Decke hingen, vollführten Drehungen und sangen dazu, während das Publikum begeistert johlte.
Im schwachen Licht des engen Flures erkannte Aidan, dass der Mann, dem er folgte, wohl zu dieser Truppe gehörte, denn er führte Aidan auf ein Zimmer, in dem farbenprächtige Kostüme, Masken und allerlei Firlefanz herumlagen. Die Musik drang gedämpft, aber immer noch sehr laut, bis in diesen Raum, den der Schausteller nun hinter ihnen abschloss.
„Ich bin Klaas“, sagte der Mann und strich sich eine blonde Locke aus der Stirn. Er hatte eine angenehme Stimme mit einem holländischen Akzent. Ohne dass Aidan ihn dazu aufgefordert hatte, legte er seine Kleidung ab, bis er nackt vor einem schmalen Bett stand. Seine athletische, schlanke Figur war sehr ansprechend und wirkte im Schein einer einsamen Kerze wie gemeißelt. Zudem sah er gesund aus. Auch schien er noch alle Zähne im Mund zu haben, denn als er lächelte, blitzte es hell auf. „Du nicht oft bezahlen für Liebe?“
Aidan schüttelte den Kopf, wobei er sich wie ein Idiot vorkam, weil er ihn einfach so anstarrte. Was mache ich überhaupt hier? , fragte er sich abermals.
Klaas kam auf ihn zu, um ihm den Umhang abzustreifen. Als er in Aidans Gesicht blickte, sah dieser sofort zu Boden. Er hatte Angst, dass der andere ihn erkannte, was natürlich lächerlich war.
„Jetzt ich weiß, warum du nicht oft bezahlst für Liebe. Du bist ein sehr schöner Mann. Du hast so etwas nicht nötig.“
Natürlich hatte Aidan von den geheimen Klubs und Hinterzimmern in London gehört, wo sich Männer seiner Art unverbindlich treffen konnten, doch er hatte das Angebot kein einziges Mal genutzt. Die Gefahr, dass seine Neigung an die Öffentlichkeit kam, war einfach zu groß. Der Viscount, ein Sodomit! , hörte er den ton schon tratschen, sollte es jemals bekannt werden. Nein, das Risiko ging er nicht ein. Er zöge nur seine ganze Familie in den Dreck. Marianne würde nie eine gute Partie machen, und Jul ... Jul, du fehlst mir so sehr , dachte Aidan traurig. Auf Sodomie stand zwar nicht mehr unbedingt die Todesstrafe, aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit würde er seinen Titel verlieren und in der Irrenanstalt oder im Gefängnis landen. Außerdem sind wir Geschwister! Es ist ja nicht nur so, dass ich für Jul immer schon mehr als brüderliche Gefühle gehegt habe – nein, da ist etwas zwischen uns, eine ganz besondere Anziehungskraft, die ich mir einfach nicht erklären kann. Das macht es aber noch schwerer, ihm zu widerstehen.
Klaas schien zu bemerken, dass Aidan nicht ganz bei der Sache war, denn als der Schausteller über seine Brust streichelte, zuckte Aidan zurück. „Keine Angst, ich mache nur das, was dir gefällt“, erklärte der blonde Mann.
Er
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