Sündige Liebe
Frage, Mr. Maitland. Sie müssen Ihrer Familie doch gesagt haben, warum Sie mich zu sich genommen haben.«
»Das habe ich allerdings getan«, sagte er seufzend. »Doch offensichtlich habe ich die Situation nicht deutlich genug erklärt. Komm mit, wir gehen jetzt zum Abendessen.«
»Wollen Sie, dass ich bei Tisch auftrage?«
»Nein, du wirst mit der Familie zu Abend essen«, sagte Jacob geduldig.
»Aber das geht doch nicht!« Angela war außer sich. »Ihre Familie wird das nicht mögen!«
»Ich bin das Oberhaupt dieses Haushalts, Angela. Meine Familie mag stur und verdorben sein, doch mein Wort ist Gesetz. Außerdem dachte ich, wir hätten uns darauf geeinigt, dass du mich Jacob nennst«, erinnerte er sie mit einem sanften Lächeln.
Als sie in der Tür standen, wandten sich ihnen aller Augen zu. Angela spürte, wie ihre Handflächen feucht wurden. Sie verstand nicht, was das alles sollte. Warum bestand Jacob darauf, dass sie heute mit seiner Familie zu Abend aß? Das muss te auf Ablehnung stoßen.
Sie merkte die dumpfe Stimmung bereits jetzt, bloß weil Jacob gewagt hatte, sie in das Esszimmer mitzubringen.
»Haben wir einen Gast, Vater?«
Zachary Maitland hatte diese Frage gestellt. Angela hatte Zachary noch nie gesehen, doch die Ähnlichkeit , die er mit seinem Vater aufwies, überraschte sie nicht. Abgesehen von den hellgrünen Augen erinnerte er sie an Bradford.
»Warum fragst du?«
»Weil ein Teller mehr auf dem Tisch steht«, mischte sich Crystal ein.
»Das zusätzliche Gedeck ist für Angela bestimmt«, entgegnete Jacob und sah jeden einzelnen der Anwesenden an, um die Wirkung seiner Worte abzuschätzen.
»Du willst doch nicht im Ernst sagen, dass sie mit uns isst bloß weil sie weiß ist«, rief Crystal empört aus. »Etwas so Widersinniges habe ich noch nie gehört!«
»Es ist einfach absurd, Vater«, fiel Zachary ein. »Was werden die anderen Dienstboten denken!«
»Jetzt reicht es!« sagte Jacob deutlich. Er hatte in einem Befehlston gesprochen, der sofort Schweigen bewirkte.
»Ich habe die Absicht, es euch zu erklären«, fuhr Jacob mit gemäßigter Stimme fort. »Doch Robert, mein Junge; sei erst so gut, Angela deinen Platz abzutreten. Ich möchte, dass sie neben mir sitzt.«
Robert sah in Jacob Maitland einen zweiten Vater. So war es schon, seit er und Zachary sich vor zwölf Jahren näher angefreundet hatten. Er kam dieser Aufforderung wortlos nach.
»Du gehst wirklich zu weit, Vater Maitland. Wie viel sollen wir sonst noch hinnehmen?«
»Du wirst alles hinnehmen, was ich wünsche, meine Liebe. Ich glaube, dass meine Wünsche in diesem Haus immer noch Gesetz sind.«
Jacob führte Angela zu ihrem Platz, rückte ihr den Stuhl zurecht und nahm dann am Kopfende des Tisches Platz. Angela hielt furchtsam die Lider gesenkt.
»Ich habe euch einiges zu sagen«, setzte Jacob mit ruhiger Stimme an. »Ich habe euch alle gestern darüber informiert, dass einer meiner Pächter verschieden ist und seine Tochter als Waise zurückgelassen hat. Ich habe euch auch gesagt, dass ich mich für Angela Sherrington verantwortlich fühle, da ich ihren Vater viele Jahre gekannt habe, und dass ich sie nach Golden Oaks bringen werde, damit sie bei uns wohnt. Angela habe ich genau dasselbe erzählt. Jetzt frage ich mich, wie auf Erden ihr alle, Angela inbegriffen, zu der Schlussfolgerung gekommen seid, ich würde sie als Dienstmädchen hierherbringen?«
»Du willst doch damit nicht etwa sagen, dass das nicht der Grund ihres Hierseins ist?« fragte Zachary ungläubig.
»Mit Sicherheit nicht!«
»0 Gott! Dann hat Robby also doch recht gehabt!« Crystal schnappte nach Luft. »Wie kannst du es wagen, deine Mätresse hierherzubringen und vor unseren Augen mit ihr zu protzen?«
»Um Gottes willen!« legte Jacob los, in dessen Augen plötzlich Flammen standen. »Wie kommt ihr bloß auf solche unglaublichen Ideen? Wenn ich so taktlos wäre, meine Mätresse in mein Haus zu bringen, dann wäre ich auch so taktlos, euch darüber zu informieren. Und da ihr, dieses geschmacklose Thema bereits angesprochen habt, will ich euch sagen, dass ich allerdings eine Mätresse habe, die eine schöne Wohnung in der Stadt hat. Sie ist Ende Dreißig, eine bezaubernde Witwe, die nicht den Wunsch verspürt, sich wieder zu verheiraten, obwohl ich sie darum gebeten habe. Die Tatsache, dass ihr mich für wollüstig genug haltet, ein Kind in Angelas Alter zu verführen, ist unverzeihlich!«
»Warum hast du sie dann hierhergebracht?«
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