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Sündige Seide: Roman (German Edition)

Sündige Seide: Roman (German Edition)

Titel: Sündige Seide: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Predigers angezogen.
    Ermutigt durch ihre Freundinnen, ging sie mitten durch die auffliegenden Tauben zu ihm, so als würde sie von einer unsichtbaren Macht angezogen. Als sie einen Meter vor ihm stand, machte er einen Schritt auf sie zu und reichte ihr seine Hand.
    »Hallo, Schwester.«
    »Hallo.«
    »Möchtest du Jesus in deinem Herzen aufnehmen?«
    »Ich . . . ich glaube schon. Ja. Ich will.«
    »Halleluja! Nimm meine Hand.«
    Sie zögerte. Seine Hand war wohlgeformt, kräftig, und die weiche Handfläche war einladend aufwärts gewandt. Sie streckte ihre Hand aus und legte sie in seine. Sie meinte zu hören, wie Alice und Lisbet ungläubig nach Luft schnappten, aber all ihre Sinne waren von der Faust gefangengenommen, die sich plötzlich um ihre Hand schloß.
    »Knie nieder, Schwester.« Sie tat es. Das harte Pflaster tat ihren nackten Knien weh, aber als er seine Hände auf ihren Kopf legte und Gottes Vergebung und Segen auf sie herabrief, spürte sie nur noch die Wärme seiner Finger und Handflächen. Nach einem langen Gebet schob er seine Hand unter ihren Ellbogen und half ihr wieder auf.
    »Wie Jesus zu der Ehebrecherin sagte, sage ich dir: Gehe hin und sündige nicht mehr.« Dann holte er einen hölzernen Opferteller aus dem abgewetzten Koffer, der offen zu seinen Füßen lag, und hielt ihn ihr hin.
    Die Geste überraschte sie. »Oh.« Einen Augenblick war sie zu überrascht, um denken zu können, dann öffnete sie hastig ihr Portemonnaie, holte mit ungeschickten Bewegungen einen Fünfdollarschein heraus und legte ihn auf den Teller.
    »Ich danke dir, Schwester. Gott wird dich für deine Großherzigkeit belohnen.«
    Schnell ließ er den Opferteller mit ihrem Schein und der Bibel in seinem Koffer verschwinden und klappte ihn zu. Dann hob er den Koffer auf und spazierte fröhlich davon.
    »Halt, warten Sie!« Mary Catherine konnte selbst nicht glauben, daß sie so mutig war, aber sie konnte ihn nicht einfach so aus ihrem Leben verschwinden lassen. »Wie heißen Sie?«
    »Reverend Jack Collins. Aber alle nennen mich Wild Jack.«
     
    Er war in einer armen Kleinstadt in Mississippi aufgewachsen. Das einzige, was Leben in den Ort brachte, war die Eisenbahn. Ein Bautrupp hatte hier sein Hauptquartier. Die Männer waren größtenteils Junggesellen und lebten in Pensionen.
    Abends vergnügten sie sich mit seiner Mutter.
    Da sie die einzige Hure im Ort war, florierte ihr Geschäft. Sie hatte den kleinen Jack empfangen und geboren, ohne je zu erfahren, welcher ihrer Kunden ihn gezeugt hatte. Das erste, woran sich Jack erinnern konnte, war, wie er in ihrem vollgepferchten Zimmer herumkrabbelte und seiner Mutter die Lucky Strikes holte. Als er acht war, stritten sie sich um die Packungen, die ihre Gäste manchmal daließen.
    Er ging zur Schule, weil der Mann von der Schulbehörde seiner Mutter die Hölle heiß machte, wenn sie ihn nicht weckte und hinschickte. Sie wiederum machte ihm die Hölle heiß, wenn er nicht hinging. Aus purem Trotz lernte er so wenig wie möglich, dafür war er von Natur aus ein Anführertyp. Weil er vor nichts und niemandem Angst hatte, weil er nicht einmal wimmerte, wenn er Prügel bezog, sondern dem Pedell mit unverhohlener Verachtung in die Augen schaute, achteten und fürchteten ihn seine Klassenkameraden gleichermaßen. Er nutzte das aus und besaß auf dem Schulgelände bald mehr Autorität als die Lehrer.
    Mit dreizehn nannte er seine Mutter einmal zu oft eine fette, stinkende Hure. Sie überredete einen Freier, ihm aufzulauern und ihn ordentlich zu verprügeln. Als er am nächsten Tag aus seiner Ohnmacht aufwachte, rumpelte ein Güterzug auf den Gleisen neben ihm heran. Er hielt sich mit einer Hand die gebrochenen Rippen und sprang auf. Er kehrte nie mehr zurück und sah seine Mutter nie wieder. Er hoffte, daß sie inzwischen verreckt war und in der Hölle brutzelte.
    Ein paar Jahre zog er durch den Süden und nahm jeden Job an. Er arbeitete nur so lange, bis er genug Geld hatte, um was zum Trinken, eine Frau und Ärger zu kriegen, dann fuhr er weiter.
    Eines Nachts hielt der Güterzug irgendwo in Arkansas. Im Ort schien ein Volksfest gefeiert zu werden, was einem jungen Stier wie ihm natürlich gefiel. Aber zu seiner Enttäuschung stellte sich das »Volksfest« als Zeltmission heraus. Vor dem Morgen ging kein Güterzug mehr, und es gab einen Wolkenbruch. Er kam zu dem Schluß, daß er in dem Zelt wenigstens trocken bleiben konnte, deshalb ging er wie jeder andere aus dem Ort zur

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