Sündige Spiele
Moment, um mich umzusehen. Dass es sich hier um ein Transport- und Logistikunternehmen handelte, konnte man im ersten Moment gar nicht erkennen. Marmor und Messing dominierten die Wände und ließen das Gebäude auf den ersten Blick wie eine Messehalle wirken.
Hasi, deren wirklichen Namen ich mittlerweile vergessen hatte, war offenbar sehr gerissen gewesen, um sich diesen Fisch an Land zu ziehen. Saß sie jetzt vielleicht bei der Maniküre, um ihren Verlobten heute Abend gebührend zu empfangen?
»Kann ich was für Sie tun?«
Die Frauenstimme, die von den Wänden widerhallte, riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte nicht mitbekommen, dass die Empfangsdame ihr Gespräch bereits beendet hatte.
»Ja«, platzte es rasch aus mir heraus. »Ich habe einen Termin mit Herrn Hansen.«
»Wie ist Ihr Name?«
»Maya Kucziewski. Ich bin die Juwelierin mit den Eheringen.«
Ein spöttisches Lächeln huschte über ihr Gesicht. Hatte Hansen ihr etwa von meinem niedergebrannten Geschäft erzählt? Oder gar von meiner grundlosen Bettelei am Telefon?
»Ja, da stehen Sie«, antwortete sie, nachdem sie kurz in den Terminkalender geblickt hatte. »Fünfzehn Uhr.«
Ich nickte in dem Bewusstsein, dass ich ein wenig zu früh dran war, aber besser überpünktlich als zu spät.
»Sie können schon nach oben in den zehnten Stock fahren, werden sich jedoch noch ein Weilchen gedulden müssen, denn Herr Hansen hat eine Besprechung.«
Wieder dieses spöttische Lächeln!
Ja, allmählich habe ich kapiert, dass ich hier nur eine arme Bettlerin bin, dachte ich.
Anstatt der Frau genau diese Worte an den Kopf zu werfen, bedankte ich mich artig und strebte dann dem Fahrstuhl zu.
Mir fiel ein, dass ich vielleicht hätte fragen sollen, wo im zehnten Stock sich das Büro befand, aber wahrscheinlich hatte Hansen ein Schild an der Tür.
Glücklicherweise verzichtete man auf einlullende Musik im Fahrstuhl. Die hätte mich wahrscheinlich noch nervöser gemacht, als ich es ohnehin schon war. In meinem Magen zwickte und zog es schrecklich, und meine Hände wurden immer kälter. Ich unterstellte Hansen, dass er wie alle Führungskräfte ein psychologisches Training absolviert hatte, das ihn Versager an der Temperatur ihrer Hände erkennen ließ. Wenn dem wirklich so war, hatte ich gleich ganz schlechte Karten.
Schließlich machte der Fahrstuhl halt, und die Türen öffneten sich. Mir fiel wieder der Werbespot ein, in dem eine Frau in einer ähnlichen Situation wie ich gerade war, aber dann tauchte ihr Traummann vor ihr auf und brachte sie dazu, gleich wieder mit ihm nach unten zu fahren. Allerdings nicht, ohne ihm zwischendurch um den Hals zu fallen und ihn wild zu küssen. Ich wusste nicht einmal mehr, ob es Parfümwerbung oder ein Spot für Halsbonbons war.
Als sich die Tür meines Fahrstuhls vollständig geöffnet hatte, wusste ich eines ganz genau: Solche Situationen gab es wahrscheinlich nur in der Werbung oder in Filmen. Der Korridor, der sich vor mir ausbreitete, war jedenfalls leer.
An einigen unbeschrifteten Türen vorbei gelangte ich schließlich zu einer, an der ein kleines Messingschild hing.
Vorzimmer Herr Hansen
, stand in geschwungenen Lettern darauf.
Aha, der Vorzimmerdrache hatte also seine eigene Tür. Wahrscheinlich würde es nicht schaden, wenn ich erst einmal hier um Einlass bat.
Mein Klopfen hallte überlaut durch den Korridor, und es hätte mich nicht gewundert, wenn jemand aus einer anderen Tür den Kopf rausgestreckt hätte. Doch alles blieb stumm. Auch hinter der Tür der Sekretärin.
Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es zehn vor drei war. Vielleicht hatte die Sekretärin Anweisung, mich nicht eher als um drei vorzulassen. Hatte die Empfangsdame mit ihr telefoniert, während ich den Fahrstuhl hochgefahren war?
Ein spitzes Geräusch ließ mich aufhören. Schrie da etwa jemand?
Mit angehaltenem Atem lauschte ich.
Die Geräusche ertönten wieder, diesmal mehrere Male hintereinander, und nun gesellte sich auch eine Männerstimme hinzu. Damit war mir klar, was hinter der Tür getrieben wurde. Offenbar hatte Hasi die Maniküre ausfallen lassen.
Kein Wunder, dass ich nicht stören sollte.
Nachdem ich zunächst unaufgefordert ins Vorzimmer stürmen wollte, überlegte ich es mir anders und schritt die benachbarten Türen ab. Vielleicht würde ich ja herausbekommen, mit wem der gute Herr Hansen gerade die Besprechung abhielt.
Während mir dämmerte, dass das spöttische Lächeln nicht unbedingt auf mich gemünzt gewesen
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