Suendiger Hauch
Luft in seine Lungen. Wenn ich sie irgendwie öffnen könnte ... Ich weiß nicht, ob es funktioniert, aber ...«
»Dann tu es!«, befahl Lucien. Er griff in seinen Reitstiefel und zog das schlanke silberne Messer heraus, das er seit dem Angriff hinter der Taverne bei sich trug. »Tu es, Kathryn! Wenn es auch nur die geringste Chance gibt, ihn zu retten, dann müssen wir das Risiko eingehen!«
Kathryn befeuchtete ihre Lippen und griff nach dem Messer, das er ihr entgegenstreckte. Obwohl sie innerlich zitterte wie Espenlaub, waren ihre Hände völlig ruhig. »Hol meine Medizintasche«, wies sie Bennie ruhig an, der zu dem kleinen Vorratsraum rannte, in dem ihre Sachen nach dem Ausräumen des Cottages verstaut worden waren. Ohne Luciens scharfem Blick Beachtung zu schenken, sprach sie ein leises Gebet, bevor sie ihre Finger über Michaels Hals gleiten ließ, um seine Luftröhre zu finden. Sie dachte an ihre letzten Studien und versuchte, sich zu erinnern, an welcher Stelle sie neben den großen Blutgefäßen, die links und rechts davon verliefen, lag.
Sie konzentrierte sich und fand den Punkt, den sie für geeignet hielt. Dann ließ sie die Klinge vorsichtig in das Fleisch gleiten, wobei sie versuchte, so zu schneiden, dass die Wunde klein blieb und Michael dennoch ermöglichen würde, ausreichend Luft zu holen. Von einer Sekunde zur nächsten begann sich die schmale Brust des Jungen wieder in einem normaleren Rhythmus zu heben und zu senken, und Kathryn sprach ein kurzes Dankgebet, dass sie ihn zumindest bis zu diesem Augenblick nicht getötet hatte.
»Ich brauche etwas, um das Blut aufzufangen.«
Einer der anderen Jungen stob davon, während Lucien den Rock von seinen Schultern riss und sich sein langärmeliges Hemd über den Kopf zog. Er zerriss den dünnen Baumwollstoff und legte ihn zu dicken Polstern zusammen, die er ihr mit zitternden Händen reichte.
»Er atmet«, sagte Lucien, »aber das Bonbon steckt noch immer in seinem Hals.«
»Wir brauchen etwas Rundes, Hohles, durch das die Luft hindurchströmen kann, während wir das Bonbon herausziehen. Ein Stück Schilf oder Federkiel oder etwas Derartiges.«
»Ich hole etwas!« Dieses Mal sauste Joey los. Nach einer kurzen Weile kamen alle drei Jungen nahezu gleichzeitig zurück und brachten die notwendigen Gegenstände mit. Während Kathryn sich um die Blutung kümmerte, riss Lucien die Federn aus dem Kiel, den Joey mitgebracht hatte, dann brach er die beiden Enden ab und schob ihn in die Öffnung, die Kathryn geschnitten hatte.
»Seine Atmung hört sich besser an«, sagte Lucien. »Wenn wir nur das Bonbon aus seinem Hals holen könnten -«
»Ich mache das.« Kathryn zog eine schmale Zange aus der Tasche, die Bennie mitgebracht hatte. »Die ist ausgesprochen hilfreich in vielen Situationen.« Sie wischte sich ihre blutigen Hände am Rock ab, bevor sie vorsichtig die Zange in Michaels Kehle gleiten ließ und nach dem Bonbon griff, das darin steckte. Zweimal entglitt es ihr wieder. Dicke Schweißperlen standen auf ihrer Stirn, die sie mit dem Handrücken wegwischte, sodass sich schließlich eine rote Spur über ihre Stirn zog.
»Ich habe es.« Triumphierend hob sie das beinahe tödliche Bonbon hoch, bevor sie es wegwarf und sich wieder an der Wunde zu schaffen machte. Sie fädelte den Faden ein und begann mit sorgfältigen Stichen, die Öffnung in der Luftröhre zu schließen.
Michael war die ganze Zeit über bewusstlos gewesen, und Kathryn war froh, dass er das Bewusstsein noch immer nicht wiedererlangt hatte. Sobald er aufwachte - lieber Gott, sie betete, dass er es tatsächlich tat -, würde er unter fürchterlichen Schmerzen leiden.
»Wir müssen ihn ins Haus bringen«, wies Kathryn an. Lu-cien nickte und hob ihn sanft auf seine Arme. Sie trugen ihn in das Zimmer, das unmittelbar neben Kathryns Zimmer lag, wo der Marquis ihn vorsichtig aufs Bett legte.
»Sobald er aufwacht, gebe ich ihm etwas gegen die Schmerzen.«
»Glaubst du, er wacht wieder auf?«, wollte Lucien wissen, während er ihr tief in die Augen sah.
In seinen Augen lag so große Verzweiflung, dass Kathryn seinem Blick nicht standhalten konnte. »Ich weiß es nicht.«
»Und was ist mit der Wundfäule?«, fragte er.
Kathryn schluckte. Die Wundfäule war ihre größte Sorge, zumal sie mit großer Wahrscheinlichkeit einsetzen würde. »Wenn er erst einmal wach ist, wird das unser größtes Problem sein. Ich tue alles, um das zu verhindern, aber es gibt keine Garantie.«
Lucien gab keine
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