Suendiger Hauch
fühlst.«
»Sie ist wesentlich mehr als nur anziehend«, räumte Lucien seufzend ein.
»Darf ich dich daran erinnern, dass das Mädchen, das du bald heiraten wirst, erst neunzehn ist?«
»Allison ist anders. Ich habe kein ...«
»Was? Kein Verlangen nach ihr wie nach Lady Kathryn?« Jason grinste. »Du willst sie in deinem Bett haben, doch sie ist noch unschuldig, deshalb musst du dich wohl oder übel zusammenreißen, nicht wahr?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob sie noch so unschuldig ist wie vor zehn Monaten. Nur Gott allein weiß, was sie ihr an diesem furchtbaren Ort angetan haben. Doch es ist eine Tatsache, dass sie eine Lady und für mich unerreichbar ist. Davon abge-sehen, bin ich mit Allison verlobt und werde bald mit ihr verheiratet sein.«
»Das hat dich doch auch nicht davon abgehalten, dich mit der hübschen Witwe aus dem Dorf einzulassen, oder?«
»Ein Mann hat seine Bedürfnisse, und im Augenblick bin ich noch immer unverheiratet. Außerdem treffe ich mich seit kurzem nicht mehr mit ihr«, knurrte Lucien.
»Du meinst, seit Lady Kathryn hier aufgetaucht ist.«
Obwohl er es nur widerstrebend zugab, war dieser Zusammenhang nicht zu leugnen. In Wahrheit hatte er in dem Augenblick, als Kathryn Grayson auf Castle Running aufgetaucht war, jegliches Interesse an der Witwe Carter verloren. »Sie tut mir Leid. Ich kann es nicht ändern. Ich war ein einziges Mal in Bedlam, und was ich damals sah, glich einer Szene aus der Hölle«, nahm er das Thema wieder auf.
»Ich weiß. Man kann sich sogar im Rahmen einer Stadtführung dorthin bringen lassen. Nicht zu glauben, dass es Menschen gibt, die sogar noch dafür bezahlen, um Zeuge derartigen Leids werden zu dürfen.«
»Du hast Recht. Ebenso wenig kann ich mir kaum die Angst vorstellen, in der dieses Mädchen tagtäglich gelebt haben muss. Sie hat sich solche Sorgen gemacht, dass man sie wieder dorthin zurückschicken würde.«
»Was willst du tun?«
»Alles, was notwendig ist. Zuerst müssen wir uns so viele Informationen wie möglich besorgen.«
»Vielleicht kann Velvet uns helfen.« Jason hatte sich Hals über Kopf in dieses kleine Energiebündel mit dem kastanienbraunen Haar verliebt. Sie war seine Frau und die Liebe seines Lebens, die ihn fast um den Verstand gebracht hätte, was Lucien in seiner Ansicht noch bestärkte, dass er sich selbst nie verlieben wollte.
»Velvet hat einen Freund«, fuhr Jason fort. »Genauer gesagt ist er ein alter Freund ihres Großvaters, und er ist der Vorsitzende des Londoner Ärztekollegs. Vielleicht kann er uns bei der Beschaffung von Kathryns Krankenakte aus St. Barts behilflich sein.«
»Ist Velvet sich sicher, dass sie ihm vertrauen kann? Wenn irgendetwas über Kathryns Aufenthaltsort bekannt wird, bevor wir bereit sind, können wir sie wahrscheinlich nicht davon abhalten, sie wieder dorthin zurückzubringen.«
»Velvet kennt Nolan seit ihren Kindertagen. Er ist ein alter Freund der Familie.«
»Gut, lass uns damit anfangen. In der Zwischenzeit lasse ich meinen Rechtsberater prüfen, was wir unternehmen müssen, um Kathryns Vormundschaft zu ändern.«
»Gute Idee. Wo ist denn besagte Lady? Ich würde sie gerne kennen lernen.«
Lucien nickte. »Das dachte ich mir. Sie ist im Salon mit Tante Winnie. Wir trinken Tee mit ihnen, obwohl sich für uns beide bestimmt etwas Stärkeres als Tee findet.«
»Worauf warten wir dann noch?«, grinste Jason.
Sie gingen durch die Halle zum Grünen Salon, dem Lieblingszimmer von Luciens Tante, wo sie auf die beiden in eine angeregte Unterhaltung vertieften Frauen trafen. Inzwischen kannte Winnie Kathryns wahre Geschichte, was einen noch stärkeren Beschützerinstinkt in ihr wachgerufen hatte als in Lucien.
Die beiden Frauen sahen auf, als sie den Salon betraten. Jason blieb einen Moment lang im Türrahmen stehen, während er Kathryn eingehend aus seinen strahlend blauen Augen musterte.
Er musste Lucien zustimmen, sie war tatsächlich eine außergewöhnliche Schönheit. Obwohl sie ein geborgtes rosarotes Seidenkleid trug, dessen Oberteil sie aufgrund Winnies üppigerer Oberweite nicht vollständig ausfüllte, entging Lu-cien die elegante, delikate Rundung nicht, die ihrer Anziehungskraft keinesfalls abträglich war. Ganz im Gegenteil. Offensichtlich waren Jason Kathryns körperliche Vorzüge ebenfalls nicht entgangen.
Angesichts dieser Tatsache runzelte Lucien verstimmt die Stirn. Er ging auf die beiden Frauen zu und blieb unmittelbar vor Kathryn stehen, die Jason
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