Suendiger Hauch
allein reden wollte, bin ich froh, dass Velvet nicht mitgekommen ist.«
Lucien hob eine seiner schwarzen Augenbrauen. »Seit wann hast du denn Geheimnisse vor deiner Frau?«
»Seit ich beschlossen habe, dir vorzuschlagen, dass wir etwas höchst Ungesetzliches tun.«
»Ungesetzlich? Wovon, zum Teufel, sprichst du?«
»Ich spreche davon, ins St. Bart’s einzudringen und deine Lady zu retten.«
Lucien stieß ein missbilligendes Knurren aus. »Sie ist nicht meine Lady, außerdem ist es eine völlig absurde Idee, dort einzubrechen.«
»Dann gibst du dich also geschlagen und lässt Kathryn im Stich?«
»Ich hatte gerade darüber nachgedacht, Dunstan einen Besuch abzustatten. Ich habe mir überlegt, wenn ich ihn mit einer Pistole bedrohen würde -«
»Das ist absurd, findest du nicht?«
Lucien lächelte. »Ich weiß, aber meine Verzweiflung wird jeden Tag größer.«
»Ist sie schon so groß, dass du dich mit dem einäugigen Jack Kincaid einlassen würdest? Wenn ich mich recht entsinne, gibt es doch eine abgelegene Jagdhütte im Wald in der Nähe des Schlosses. Sie wäre ein perfekter Ort, um Kathryn zu verstecken, bis wir eine Möglichkeit gefunden haben, sie Dunstans Griff zu entziehen.«
Luciens schwarze Augenbrauen zogen sich zusammen. »Du meinst es ernst, wie ich sehe.«
»So ernst, wie die Nacht dunkel ist.«
Lucien betrachte ihn mit wachsendem Interesse. »Glaubst du wirklich, wir könnten so etwas tun?«
»Es wird wahrscheinlich weniger schlimm werden, als du dir vorstellst. Bestimmt kommt es nicht allzu häufig vor, dass jemand versucht, ins St. Bart’s hinein zugelangen, deshalb werden sie darauf auch nicht gefasst sein. Alles, was wir tun müssen, ist, herauszufinden, wo Kathryn ist, und sie zu holen.«
»Sie ist wahrscheinlich eingesperrt. Wir müssen versuchen, einen Schlüssel zu besorgen.«
»Wir müssen uns gut vorbereiten. Es mag vielleicht ein paar Tage dauern, bis wir die notwendigen Informationen beisammen haben, doch wenn es Dunstan gelingt, für ein paar Kröten willige Mitstreiter zu finden, dann schaffen wir das auch. Wir müssen die ganze Sache sorgfältig planen. Wir werden Pferde benutzen, um hineinzugelangen, doch später brauchen wir eine Kutsche, die außerhalb der Stadt auf uns wartet.« Er grinste. »Vertrau mir, mein Freund. Dank dir und Velvet spiele ich vielleicht heute wieder die Rolle eines Gentleman, doch ein Mann vergisst nie, was das Leben ihn einst gezwungen hat zu lernen, und auf diesem Gebiet verfüge ich, weiß Gott, über ausreichend Kenntnisse.«
In Luciens dunklen Augen war ein Schimmern getreten. »Gut. Ich bin bereit, wenn du es bist.« Mit diesen einfachen
Worten schien sich seine dumpfe Resignation aufzulösen und machte einem Ausdruck wilder Entschlossenheit Platz.
»Ich würde es vorziehen, wenn meine Frau nichts davon weiß«, fügte Jason hinzu. »Ich möchte nicht, dass sie in diese Sache hineingezogen wird. Wir wissen beide, dass es gefährlich werden kann.«
Lucien nickte zustimmend. »Wir werden ihr nichts sagen, ebenso wenig wie meiner Tante, und zwar um ihrer und unserer selbst willen.«
»Gut. Dann lass uns an die Arbeit gehen.« Jason warf seinem Freund einen letzten Seitenblick zu, der mit einem Mal wieder ganz der Alte zu sein schien, ein selbstbewusster, willensstarker und beeindruckender Mann. Was auch immer Luciens Gefühle für Kathryn Grayson sein mochten, er war ein Mann, der stets Wort hielt und entschlossen war, dass auch diese Situation keine Ausnahme bilden sollte.
Jason grinste in sich hinein, während er sich fragte, wohin das Engagement seines Freundes ihn führen mochte. Gleichzeitig war er sich jedoch sicherer denn je zuvor, dass er das Richtige tat.
Kathryn wandte den Kopf ab, und einige Tropfen der dunklen, bitteren Flüssigkeit tropften über ihr Kinn und liefen an ihrem Hals entlang. »Nein ... ich will... nicht!«
»Halt die Klappe und trink das, wie ich’s dir gesagt hab.« Die Aufseherin kniff sie grob in den Arm, packte ihr Kinn und drückte es zusammen, bis Kathryn den Mund öffnete. Das bittere Gebräu lief über ihre Zunge und hinab in ihren Hals, sodass sie gezwungen war, zu schlucken. Sie hasste den widerlich fauligen Geschmack, doch in Wahrheit mochte sie inzwischen das Gefühl, das es in ihr hervorrief, so voller Trägheit und Wärme, und gänzlich ohne die schmerzhafte Klarheit.
Die Aufseherin wischte ihr die Reste von Gesicht und Hals. »Gut so, so soll’s sein. Endlich lernste mal dich zu
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