Süß wie die Sünde: Roman (German Edition)
Sie.« Er klopfte auf seine Knie. Zwar hatte Marissa ein bisschen Angst vor ihrer eigenen Courage, doch sie straffte sich und ging näher zu ihm – blieb allerdings neben seiner Schulter stehen.
»Von dort aus können Sie mich unmöglich verführen, Marissa.«
Warum nicht? Jude schien sie mühelos von der anderen Seite eines Saals aus verführen zu können. Andererseits lockte sein Knie, und das wiederum hing an dem sehr einladenden Schenkel. Ja, von dort aus war es gewiss leichter, ihn zu verführen.
Ehe der Mut sie aufs Neue verließ, huschte sie um ihn herum und hockte sich auf sein Knie. Sie wusste nicht, wie es sich für ihn anfühlte, ihr jedenfalls bescherte ihr Wagemut einen wohligen Schauer. Sie saß auf dem Schoß eines Mannes und hoffte, ihn zu erregen.
Sie tippte mit den Zehen und ballte die Hände auf ihren Beinen, denn sie hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Diese Sorge nahm er ihr ab. Jude griff mit einer Hand unter ihre Hüfte und umfasste mit der anderen ihr Knie, um sie näher zu sich zu ziehen.
Sie geriet ein wenig ins Schwanken, deshalb musste sie sich an ihm festhalten. Jude legte die Arme um sie und zog sie an seine Brust. Seltsam, das fühlte sich nicht verführerisch an. Ihr Kopf war an seine Schulter geschmiegt, und er hielt sie zu fest umschlungen, als dass sie ihn küssen könnte.
»Sch«, murmelte er. »Sie müssen mich nicht verführen.«
Marissa hockte regungslos da und blickte an seinen Hals. Wie meinte er das, sie müsste ihn nicht verführen? Weil er sie mochte oder weil ihm nichts mehr an ihr lag?
»Jude …« Als sie eine Hand flach auf seine Brust legte und seine Kraft fühlte, stellte dies etwas Merkwürdiges mit ihrem Herzen an. Sie sehnte sich nach … etwas von ihm, konnte aber nicht mehr sagen, was es war.
»Ist schon gut, mon cœur .« Er streichelte ihren Rücken, und endlich entspannte sie sich. Sein Herz klopfte an ihrem Ohr. »Lesen Sie einen neuen Roman?«
Verwirrt runzelte sie die Stirn und nickte.
»Erzählen Sie mir die Geschichte.«
»Was hat die Geschichte hiermit zu tun?«
»Nichts, aber ich möchte sie hören.«
Marissa wunderte sich trotzdem, was sie indes nach einem Moment mit einem Achselzucken abtat, und begann zu erzählen. Während sie redete, streichelte Jude weiter ihren Rücken und ihren Arm. Dann legte sich seine Hand in ihren Nacken, und er rieb die Muskeln mit kleinen kreisenden Bewegungen. Er lachte an den Stellen, die sie lustig fand, lauschte aufmerksam dem Drama um sechs Paare und deren Intrigen, und die ganze Zeit berührte er sie.
Marissa wollte nicht, dass er aufhörte, deshalb redete sie weiter, als sie an die Stelle kam, bis zu der sie gelesen hatte, und erfand die Fortsetzung selbst. Sie fühlte sich sicher in Judes Armen, behütet und verstanden . Es war befremdlich, einen Mann als Freund zu betrachten, und dennoch war er ihr Freund. Das war es, was sie nicht verlieren wollte.
Schließlich ließ sie die Geschichte ausklingen, aber Jude streichelte sie weiter. In diesem Moment wünschte Marissa, sie wären verheiratet, sodass sie einfach ins Bett gehen und genau so beieinanderliegen könnten, ohne steife Kleidung zwischen ihnen. Sie wollte ihre Hand wieder auf seine nackte Brust drücken und seine Haut an ihrer Wange spüren.
»Ich habe nachgedacht«, begann er, und ihr Herz schrie auf vor Schmerz. Das war’s. Er blies alles ab. Marissa hielt den Atem an und wartete auf die schrecklichen Worte.
»Wäre es möglich, dass Ihr Cousin hinter dieser Erpressung steckt?«
Zunächst war sie vollkommen verwirrt. »Was? Welcher Cousin?«
»Harry.«
»Harry!« Sie löste sich für einen Moment von ihm. »Das ist absurd.«
Jude zog eine Braue hoch. »Ist es das? Er weiß alles über Ihre Eskapaden.«
»Doch nur, weil er immer hier ist. Er ist wie ein Bruder für uns.«
»Trotzdem ist er keiner.«
»Er verbringt jeden Sommer bei uns. Wir sind seine Familie .«
Jude zog sie wieder an seine Brust, und sie gab bereitwillig nach, weil seine Wärme ihr guttat, selbst wenn er solch beunruhigende Dinge sagte.
Er streichelte weiter ihren Nacken. »Also ist er fast wie ein Bruder, aber nicht ganz. Willkommen im Haus der Familie, das ihm nie gehören wird.«
»Ja, und?«
»Haben Sie jemals überlegt, dass es schmerzlich für ihn sein könnte? Ich habe einige Erfahrung in diesen Dingen, wie Sie wissen«, sagte Jude. Natürlich hatte er die, dachte Marissa beschämt.
»Sie haben die Familie nicht gehasst, oder
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