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Süß wie die Sünde: Roman (German Edition)

Süß wie die Sünde: Roman (German Edition)

Titel: Süß wie die Sünde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Dahl
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möchte ich in Ruhe gelassen werden.«
    Marissa bot all ihre Willenskraft auf, um ihre Tränen zurückzudrängen. »Ich hatte um nichts von alldem gebeten. Ich habe nicht von Ihnen verlangt, mich zu begehren, geschweige denn, mir einen Antrag zu machen. Sie haben kein Recht, meine Gefühle an den Pranger zu stellen und über mich zu urteilen. Was Sie von mir wollen oder nicht wollen, ist Ihre Bürde, nicht meine.«
    Für eine winzige Sekunde schimmerte etwas in seinem eisigen Blick auf. Es war so wild und rau, dass Marissa instinktiv zu ihren gefalteten, zitternden Händen sah.
    »Natürlich haben Sie recht«, raunte er. »Ich entschuldige mich dafür, dass ich versuchte, Ihnen eine Last aufzubürden, die Sie nicht wollten. Wie selbstsüchtig von mir.«
    Seine Worte machten es nicht besser. Vielmehr versetzten sie Marissa einen tiefen Stich, der sie an einer verborgenen Stelle in ihrem Innern traf.
    Sie hatte noch nie zur Selbstbetrachtung geneigt, was indes nicht bedeutete, dass sie bestimmte Dinge über sich nicht wüsste. Sie begriff sehr wohl, dass sie nicht ganz so wie die anderen jungen Damen in ihrem Alter war. Sie empfand nicht so tief, wie sie anscheinend empfanden. Zwar hatte sie einst behauptet, in Charles verliebt zu sein, aber in Wahrheit war da nichts als Anziehung gewesen. Und anziehend hatten schon viele auf sie gewirkt.
    Auch konnten ihr die Worte oder Meinungen anderer gemeinhin nicht viel anhaben. Allerdings konnte sie nicht länger leugnen, dass sie solch tiefer und wahrer Gefühle ebenso fähig war wie jeder andere, denn der Schmerz, den Jude ihr zufügte, breitete sich in ihr aus wie eine Blutlache in ihrem Busen.
    Warum? Weil er wirklich ihr Freund war? Oder war da mehr?
    Sie hatte gesagt, dass sie weder ihn verstand noch den Reiz, den er auf andere Damen ausübte, aber womöglich drückte sie sich schlicht falsch aus. Was sie in Wahrheit nicht verstand, könnten ihre eigenen Gefühle für ihn sein.
    Jude schaute wieder aus dem Fenster in die vorbeiziehende Nacht. Marissa beobachtete ihn. Sie hatte keine Angst, dass er sie ertappen könnte, wie sie ihn anstarrte. Sein Gesicht war ihr unglücklich – und, ja, hässlich – vorgekommen, als sie ihn kennen lernte. Jetzt jedoch sah er einfach nur wie Jude aus. Seine Wut verlieh den harten Zügen etwas Bedrohliches, ohne dass er angsteinflößend wirkte. Der Mund war zu breit und hatte dennoch die ideale Größe für Küsse, die Marissas sämtliche Gedanken verschlangen. Seine strengen Brauen und die dunklen Augen hatten überhaupt nichts Sanftes, und doch schienen sie wie gemacht dafür, Marissa wohlige Schauer über den Körper zu jagen.
    Er war kein schöner Mann, aber etwas an ihm weckte in ihr den Wunsch nach mehr als hübschem Aussehen – mehr als eleganten Beinen und charmantem Geplänkel.
    Und mehr für sie.
    »Jude …«
    »Lassen Sie es gut sein, Marissa. Bitte .«
    »Aber nach heute Abend … falls wir heiraten müssen …«
    Er schüttelte den Kopf. Was sollte das heißen?
    Marissa verstummte. Die Worte, die ihr auf der Zunge lagen, trieben davon wie Ascheflocken auf einem Bach. Er wollte nicht einmal mit ihr reden, nichts, und das ausgerechnet jetzt, da sie so viel mehr wollte.
    Sie sagte sich, dass alles wieder gut würde. Und sollte sie ruiniert sein und Jude sich weigern, sie zu heiraten … wäre es bloß das, was sie verdiente. Zum Glück hatte sie keine Schwestern, die sie mit ins Verderben riss. Wenigstens ging es nur um sie allein.

Kapitel 19
    D ie bunt gekleideten Menschen wirbelten vor Jude umher – wie ein Schwarm aufgeregter Vögel. Finster schaute er sich im Ballsaal um, gänzlich ungerührt von dem munteren Treiben.
    Er war viel zu tief in Gedanken versunken, als dass er die Schönheit wahrnahm. Nach wie vor beschäftigte ihn seine unausgesprochene Sorge, dass Harry hinter der Erpressung stecken könnte. Falls sich diese Vermutung bewahrheiten sollte, würde es Marissa das Herz brechen.
    Vor allem aber trieben ihn Gedanken an seine Vergangenheit um, und die lasteten ihm schwer auf der Seele.
    Als er in den herzöglichen Haushalt seines Vaters zog, hatte Jude erwartet, sich wie ein Außenseiter zu fühlen – bestenfalls geduldet, schlimmstenfalls gehasst. Entsprechend war er angenehm überrascht gewesen über die Art, wie man ihn dort aufnahm. Die Herzogin behandelte ihn zwar nicht wie ein eigenes Kind, doch sie verachtete ihn auch nicht. Und seine beiden Halbbrüder erwiesen sich als kleine Jungen, die zu der großen,

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