Süße Fesseln der Liebe
zu zweit sein müssten, wenn wir Sie fahren, obwohl ich es seit Jahren zur allseitigen Zufriedenheit gemacht habe.«
Die Anweisung muss zu dem schützenden Netz gehören, das er über mich gespannt hat, dachte Aurelia und lächelte Jemmy müde zu. »Ich bin überzeugt, dass Sir Greville nicht die Absicht hatte, deine Fähigkeiten infrage zu stellen, Jemmy. Bestimmt war er nur überzeugt, dass zwei Kutscher für seine Frau notwendig sind. Ehemänner denken recht häufig so. Es liegt in der Natur der Sache.«
»Kann sein«, erwiderte Jemmy zweifelnd, »der neue Kerl macht nicht viele Worte, so viel ist sicher.« Er schlug die Tür zu, umrundete das Gefährt, um auf den hinteren Tritt zu springen, und klammerte sich am Lederriemen fest, als der Kutscher die Pferde antrieb und der Wagen mit einem Ruck anfuhr.
Aurelia war überrascht darüber, wie erschöpft sie sich fühlte. Es kam ihr vor, als hätte sie einen stundenlangen Drahtseilakt hinter sich gebracht. Sie lehnte sich in dem Polster zurück, schloss die Augen und fragte sich, warum Greville noch hatte bleiben wollen und warum er einen solchen Aufstand um ihren Aufbruch veranstaltet hatte.
Sie war beinahe eingeschlafen, als der Wagen vor ihrem Haus vorfuhr. Jemmy ließ das Treppchen herunter, öffnete die Tür und starrte ins dunkle Innere des Gefährts. »Wir sind zu Hause, Ma'am.«
»Oh, du liebe Güte, Sie haben recht, Jemmy. Ich wäre fast eingeschlafen.« Aurelia riss sich zusammen und trat hinaus auf die Straße. Durch die Nachtluft wehte ein warmer Hauch, endlich ein echter Frühlingsbote, und der schwache Duft der Blumen, die schon Anfang Mai blühten, hüllte die Bäume am Grosvenor Square ein.
Sie ließ sich selbst in das stille, hell erleuchtete Haus ein und ging in die Bibliothek, entschlossen, auf Grevilles Rückkehr zu warten. Lange würde die Soiree nicht mehr dauern, wenn man bedachte, wie wenig anregend die Unterhaltung war. Es konnte allerdings sein, dass Greville anschließend woanders hinfuhr, wenn es ihm in den Kram passte. Aurelia beschloss, eine Stunde lang zu warten, streifte sich die Satinhausschuhe von den Füßen und schmiegte sich mit einem kleinen Glas Cognac in die Ecke des Sofas, wo sie gründlich über die Ereignisse des Abends nachdachte, besonders über Don Antonio Vasquez.
Der Mann jagt mir Angst ein, stellte Aurelia nach ein paar Minuten fest. Er ist wie eine große Katze, die ihr Opfer niemals aus den Augen lässt - auch wenn es von seinem Unglück noch nicht die geringste Ahnung hat. Und das Opfer bin ich …
Eine Stunde später schloss Greville leise die Tür seines Hauses auf und trat ein. Die Lampen waren immer noch angezündet, und er bemerkte, dass die Tür zur Bibliothek offen stand. Leise ging er zur Tür und schaute ins Zimmer. Aurelia schlief tief und fest in der Sofaecke, hatte sich mit dem Paisley-Tuch zugedeckt. Das Feuer im Kamin war beinahe heruntergebrannt. Die Kerzen auf dem Kaminsims flackerten, die Lampen waren auf kleine Flamme gedreht. Er eilte zum Sofa und schüttelte sie sanft an der Schulter.
»Aurelia, meine Liebe, wach auf. Es ist spät, du musst ins Bett gehen.« Mit der Fingerspitze strich er über ihre Wange, bis ihre Lider flatterten und sie ihn mit verschlafenem Blick anschaute.
»Greville?«
»Ja, ich bin es, leibhaftig.« Er küsste sie auf den Mund. »Lass mich dir helfen, dich ins Bett zu bringen«, bot er an, schlang einen Arm um ihre Schulter und hob sie halb vom Sofa hoch. »Soll ich dich tragen?«
»Nein«, erwiderte sie ein wenig empört, »selbstverständlich nicht. Ich bin recht gut in der Lage, auf meinen zwei Beinen zu stehen und zu gehen … was man von dir heute Abend nicht unbedingt angenommen hat.«
Er lachte. »Du hast es bemerkt?«
»Es war kaum zu übersehen.« Sie schlang sich das Tuch fester um die Schultern, achtete nicht weiter auf ihre Hausschuhe und machte sich entschlossen auf den Weg zur Tür.
»Ah. Dabei hatte ich angenommen, dass ich unschlagbar darin bin, einen Betrunkenen zu spielen, der vorgibt, nüchtern zu sein.«
Aurelia lachte. »Bestimmt hast du alle an der Nase herumgeführt, nur mich nicht.«
»Das hoffe ich sehr.« Er ergriff ihren Arm und begleitete sie zur Tür.
»Warum wolltest du Don Antonio glauben machen, du seist betrunken?«, fragte sie über die Schulter, während er sie die Treppe hinaufdrängte.
Greville lachte kurz. »Ein Mann, der seinen Drink nicht halten kann, wird kaum ernst genommen. Es schadet niemals, dafür zu sorgen,
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