Suesse Hoelle
bedrängte sie recht häufig mit seinen Annäherungsversuchen, doch sie hatten überhaupt nichts Unerträgliches.
Sie war stärker geworden. Ihre Fähigkeiten hatten sich geändert. Jetzt konnte sie sich die schicke, elegante, manchmal auch ausgesprochen frivole Kleidung kaufen, die sie schon immer bewundert hatte.
»Woran denkst du ?« fragte Dane ein wenig unsicher. »Du starrst mich an, als sei ich Vögelchen Tweetie und du die hungrige Katze.«
Sie senkte den Blick und fuhr absichtlich mit der Zungenspitze über die Lippen.
Sofort änderte sich sein Gesichtsausdruck. Er stieß sich von der Anrichte ab, sein kraftvoller Körper schnellte vor. Dann streckte er die Hand aus und stellte den Herd ab. Marlie zog die Augenbrauen hoch. »Das könnte eine Zeit dauern«, erklärte er, und seine Blicke senkten sich, als er sie an sich zog.
An diesem Wochenende geschah nichts, auch wenn es Marlie nicht gelang, das Gefühl der Unsicherheit abzuschütteln. Sie glaubte schon, dass dieses Unbehagen sie nicht mehr verlassen würde, bis der Mann gefasst wäre. Aber es gelang ihr, mit der Anspannung besser umzugehen als am vergangenen Wochenende, vielleicht wegen ihrer neu erworbenen Erkenntnis. Sie entschied sich zu einer Probe aufs Exempel, als sie sich am Samstag eine Weile mit Lou unterhielt. Absichtlich öffnete sie sich und war sofort in der Lage, die Gefühle ihrer Nachbarin zu lesen; als sie dann aufhören wollte, stoppte die Flut der Gefühle sofort. Es war beinahe so, als hätte sie eine Tür geöffnet und gleich wieder geschlossen. Welch eine Erlösung!
Sie war ungemein erleichtert über diese Kraft; doch dadurch kam heraus, dass Lou die neue Situation im Nachbarhaus außerordentlich missbilligte, auch wenn dieser Neuzugang Polizeibeamter war. Lou fand, dass sie ein schlechtes Beispiel abgab. Marlie fragte sich, für wen sie wohl als Jüngste in der ganzen Nachbarschaft ein schlechtes Beispiel war. Die meisten ihrer Nachbarn führten ein Rentnerdasein.
Es half auch nicht, dass Dane gerade diesen Augenblick wählte, um in nicht unbedingt ansprechenden Jeans die Veranda zu betreten. Weil sie sich einem faulen Tag zu Hause hingaben, hatte er sich auch nicht rasiert. Er sah gewaltig aus und ein wenig gefährlich, sehr männlich mit seinem nackten Oberkörper. »Hi, Lou«, hatte er geschmettert. »Tut mir leid, euch beide zu unterbrechen. Schatz, weißt du, wo ich das Öl für meine Pistole hingeräumt habe?«
»Du hast es nicht weggeräumt«, berichtigte sie, »sondern einfach stehenlassen. Ich habe es in der Küche in die zweite Schublade von rechts gestellt.«
Er strahlte sie an. »Entschuldigung.« Dann verschwand er wieder im Haus.
Lous Gesicht war ausdruckslos, mit großen Augen starrte sie auf die Stelle, an der Dane soeben gestanden hatte. Marlie trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Dies war ein Moment, wo sie wirklich gern die Tür zu Lous Gedankenwelt durchschritten hätte.
Die Nachbarin stieß einen beachtlichen Seufzer aus. »Gütiger Himmel«, sagte sie. Ihre Wangen waren ein wenig gerötet, und sie warf Marlie einen verlegenen Blick zu. »Ich mag ja einigermaßen altmodisch sein«, gab sie zu. »Aber blind bin ich deshalb nicht.«
Als Marlie ein paar Minuten später in die Küche kam, war Dane gerade dabei, seine Pistole wieder zusammenzubauen. Auf keinen Fall hätte er die Waffe in so kurzer Zeit reinigen können. »Das hast du absichtlich gemacht«, warf sie ihm vor und bemühte sich, ihrer Stimme nichts anmerken zu lassen. Lou war mit unsicheren Schritten davon getrippelt.
Er grinste, ohne in seiner Arbeit innezuhalten. »Es gefällt mir, sie ein wenig aus der Fassung zu bringen«, gab er zu. »Ich habe schon überlegt, ob ich meine Jeans nicht aufmachen soll, aber dann habe ich mich doch dagegen entschieden.«
»Das war auch besser so. Denn sonst hättest du es vielleicht nicht mehr unbeschadet bis ins Haus geschafft.«
»War sie wirklich so aufgebracht?«
«Nicht ganz.«
Er blickte auf und sah sie fragend an. Marlie bedachte ihn mit einem süßen Lächeln. »Lou hat deine männlichen Formen erblickt und sich in Lust aufgelöst, du großer Junge.«
Nach einem kurzen erstaunten Schweigen begann er zu lachen. Er war viel zu schwer, als dass Marlie seinen Stuhl hätte zur Seite schieben können, deshalb schob sie den Tisch weg, legte beide Hände auf seine Schultern und setzte sich dann rittlings auf seinen Schoß. Er hörte sofort auf zu lachen, das wohlbekannte Feuer blitzte aus
Weitere Kostenlose Bücher