Suesse Hoelle
doch gerade erst gefrühstückt!«
Er kniff sie ins Kinn. »Selbst in dem Weisheitsbuch Rubai hat der alte Omar Chajjam zuerst vom Essen gesprochen.«
»Ich habe geglaubt, der Wein stand an erster Stelle.«
»Das verrät uns eine ganze Menge über ihn, nicht wahr?« Er blinzelte ihr zu, dann ging er ins Schlafzimmer, um sich fertig anzuziehen, und Marlie begann, den Tisch abzuräumen. Sie fühlte sich ganz schwach. Er würde heute Abend zurückkommen.
Es interessierte sie sehr, wie er seine Affären handhabte. War er damit zufrieden, ab und zu eine Nacht mit ihr zu verbringen, oder beschränkte er sich vielleicht auf die Wochenenden? Am Ende käme er jeden Abend zu ihr, verbrächte hier einige Stunden, schliefe mit ihr und ginge dann wieder in seine Wohnung? Sie hatte keine Ahnung, worauf sie sich einstellen sollte. Er strahlte vor Zufriedenheit, was darauf hindeutete, dass er mit dem persönlichen Ergebnis dieser zwei Tage äußerst zufrieden war; doch vielleicht lag das ja auch nur an seiner sexuellen Erfüllung. Sie war nicht erfahren genug, um den Unterschied zu erkennen, falls es einen gab. Trotz seiner Freundlichkeit, seiner Zärtlichkeit, ja sogar Leidenschaft, trotz der Tatsache, dass sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt hatte, wusste sie doch, dass sie ihn eigentlich kaum kannte.
Er zog gerade sein Pistolenhalfter an, als er aus dem Schlafzimmer trat. »Ich habe leider keinerlei Jacke dabei«, meinte er und runzelte die Stirn. »Zuerst muss ich noch nach Hause, um mir eine zu holen, also eilt es mir.« Er beugte sich zu ihr und gab ihr einen Kuss »Tschüs, mein Schatz. Ich weiß nicht, wie lange es dauern wird.«
Sie legte beide Hände an seinen Oberkörper und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn ihrerseits zu küssen. »Und ich muss Lebensmittel einkaufen, wenn du wirklich etwas zu essen haben willst. Falls ich also nicht da bin, weißt du Bescheid.«
Er legte beide Arme um sie und zog sie an sich, drängte seine Hüften gegen sie. Sein Mund presste sich auf ihren, und er küsste sie so heftig und so voller Verlangen, dass ihre Knie weich wurden und ihr Bauch zu kribbeln begann. Seine Hände legten sich auf ihre Brüste, dann griff er ihr zwischen die Schenkel. Er drängte sie gegen den Schrank, hob sie mit Schwung auf die Anrichte und schob mit der Hüfte ihre Beine auseinander. Sie klammerte sich an seine breiten Schultern, unter ihrer Handfläche fühlte sie die Lederriemen seines Halfters.
Mit einem Aufstöhnen riss er sich von ihr los. »Gütiger Gott. Wir sind wohl übergeschnappt, ich habe keine Zeit mehr.«
Kleine Schweißtropfen standen auf seiner Stirn, und seine Augen blickten verschleiert und so sehnsüchtig, dass sie ihn beinahe gebeten hätte zu bleiben. Doch sie kannte mehr als alle anderen das Gebot der Pflicht, und deshalb zwang sie sich, ihn loszulassen.
»Geh«, sagte sie. »Sofort.«
Er zuckte zusammen und trat einen Schritt zurück, als er seine Kleidung richtete. »Ich komme so bald wie möglich wieder, aber es könnte einige Stunden dauern. Hast du noch einen Hausschlüssel?«
»Ja, natürlich.«
»Dann gib ihn mir.«
Zögern oder Unsicherheit scheint er nicht zu kennen, dachte Marlie, als sie von der Anrichte heruntersprang und nach ihrer Tasche suchte. Sie gab ihm den Ersatzschlüssel, und er befestigte ihn an seinem Schlüsselbund. Er streckte die Hand nach ihr aus zu einer letzten Liebkosung, doch dann zog er sie wieder zurück. »Später«, versprach er zuversichtlich und zog los.
Als er gegangen war, sank Marlie auf die Couch und versuchte, Ordnung in ihrem Herzen zu schaffen. Sie war verstört, sogar verängstigt, weil alles so schnell ging, doch nichts auf der Welt hätte sie davon abbringen können, mit Begeisterung in diese neue Erfahrung zu springen. Zum ersten Mal in ihrem Leben war sie verliebt, und die Lebenslust verlieh ihr Flügel.
Zu Danes Überraschung war der Polizeichef bei ihrem Treffen auch anwesend. Rodger Champlin, groß, weißhaarig und ein wenig gebeugt von den vielen Jahren hinter dem Schreibtisch, war dennoch ein Karrieremann, der sich von unten hochgearbeitet und über vierzig Jahre Erfahrung gesammelt hatte. Er war ein schlauer alter Hund, dem es gelungen war, in der Flut neuer Technologien für die Polizeiarbeit am Ball zu bleiben und der nicht störrisch an alten, ausgedienten Methoden klebte, die er in seiner Jugend gelernt hatte.
Bonness' überfülltes Büro war für sie alle nicht groß genug, deshalb verlegten sie die
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