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Sueße kleine graue Maus

Titel: Sueße kleine graue Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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Wenn sie sich bloß nicht so vermummt hätte! Der Trainingsanzug war viel zu unförmig, aber ihr Körper unter der grauen Hülle wirkte geschmeidig und elastisch.
    »Sind wir jetzt Freunde?« fragte er während einiger tiefer Kniebeugen.
    Rana vermied es, auf seinen muskulösen Körper zu sehen. »Hätten Sie das gern?«
    Er spreizte weit die Beine und beugte sich tief hinunter. »Ja.« Als er wieder hochkam, war sein Gesicht gerötet, und Rana wußte nicht, ob vor Anstrengung oder aus Verlegenheit.
    »Gut, dann sind wir also Freunde.« Sie lächelte.
    Trent nickte. »Vielleicht sollten Sie vorher noch was wissen.«
    »Und was?«
    »Ich war noch nie mit einer Frau befreundet.«
    Für eine lange Weile blickten sie sich an. Um diese frühe Morgenstunde war der Strand leer. Die jungen Mütter mit den Kindern hatten noch nicht ihren Haushalt verlassen, die Teenager-Cliquen mit den plärrenden Radios waren noch nicht erschienen und auch nicht die Ausflügler mit den Picknickkörben.
    Trent und Rana waren ganz allein. Um sie herum war Stille bis auf das Kreischen der Möwen, die in den Wellen hinabstießen und nach kleinen Fischen jagten, und dem Geräusch der Brandung.
    »Niemals?« fragte Rana mit schwacher Stimme.
    Trent blinzelte in die aufgehende Sonne. »Nie. Als ich noch mit Rhonda Sue Nickerson, dem Mädchen von nebenan gespielt habe, wollte ich immer Familie spielen. Ich war dann der Vater und konnte ihr einen Abschiedskuß geben, bevor ich zur Arbeit mußte.«
    »Wie alt waren Sie da?«
    »Sechs oder sieben. Als ich acht war, habe ich ihr vorgeschlagen, von nun an lieber >Doktor< zu spielen.«
    »Also schon damals haben Sie kleine Mädchen verführt.«
    Er sah sie gekränkt an, doch dann nickte er. »Sieht so aus«, gab er zu. »Ich habe Frauen eigentlich nie als neutrale Wesen gesehen.«
    »Gut, dann bedeutet unsere Freundschaft für Sie eben eine neue Erfahrung.«
    »Richtig!« Er hob die Arme und dehnte sich aus der Hüfte heraus. Doch auf einmal hielt er inne und sah Rana verwirrt an. »Wie macht man das eigentlich?«
    »Was?«
    »Mit Frauen befreundet sein?«
    Sie lachte. »So wie man eben Freundschaft schließt.«
    »Sicher?«
    »Sicher.« »Wer ist zuerst am Pier?!« Trent hatte noch nicht richtig ausgesprochen, da rannte er schon los. Rana war so überrascht, daß sie noch einen Moment stehenblieb, bevor auch sie sich in Bewegung setzte und ihm in schnellem Tempo folgte.
    »Gewonnen!« rief er aus, als er den ersten Pfahl erreicht hatte. Er war kaum außer Atem.
    »Sie haben gemogelt.«
    »Das mache ich immer so bei meinen Freunden.«
    »Sie nutzen unsere neue Freundschaft jetzt schon ganz schön aus!« Rana warf den Kopf zurück und lachte.
    »Wissen Sie was, Ana?«
    »Was?« Sie zog einen Schuh aus und schüttelte den Sand heraus.
    »Ich mag Sie.«
    Barfuß balancierte sie auf dem Sandstrand. »Das hört sich an, als wären Sie überrascht darüber.«
    Er lachte. »Bin ich auch.«
    »Weil ich eine Frau bin und Sie versucht haben, auch einmal hinter die nicht so attraktive Fassade zu sehen.«
    »Es ist eine Schande, daß den Leuten das Aussehen so wichtig ist, finden Sie nicht auch?«
    Sie bückte sich und schnürte den Schuh zu. »Ja«, murmelte sie kaum hörbar. Wahrscheinlich glaubte er, daß Ana Ramsey wegen ihrer Unscheinbarkeit bis jetzt noch nicht das große Glück gefunden hatte. Wie wenig wußte er doch darüber, daß auch Schönheit einen Menschen unglücklich machen konnte.
    »Haben Sie mich extra gewinnen lassen?« fragte er argwöhnisch.
    »Aber klar.«
    »Das ist auch nicht fair.«
    »Unsere Freundschaft ist noch so neu. Ich wollte sie nicht jetzt schon aufs Spiel setzen.« Rana legte den Kopf schräg und lächelte. Bei jeder anderen Frau hätte Trent geschworen, daß sie mit ihm flirtete.
    »Wollen wir ein längeres Stück laufen?«
    Sie nickte.
    Er setzte sich in Bewegung, und sie trabte neben ihm her. Schon nach kurzer Zeit merkte sie, wie wenig Kondition sie hatte. Atemlos winkte sie ab. »Laufen Sie weiter, ich warte hier«, keuchte sie und ließ sich in den Sand fallen.
    Trent kehrte erst nach einer halben Stunde zurück. Sein Tempo immer mehr verringernd, zog er kleine Kreise um Rana und ließ sich schließlich neben sie fallen. »Ihnen fehlt nur noch eine Lilie in der Hand, dann sehen Sie aus wie eine Leiche in einem Comic«, scherzte er. Rana lag flach auf dem Rücken, die Füße gekreuzt und die Hände auf dem Bauch gefaltet.
    »Still! Ich mache ein Nickerchen.«
    »Gute Idee!«

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