Sueße kleine graue Maus
verrückt, wenn Sie mit dem Bus nach Houston führen. Also, fahren Sie mit oder nicht?«
Nein, Rana wollte nicht. Dabei blieb ihr kaum eine andere Wahl. Sie ließ den Kopf hängen. »Danke, ja, ich komme mit«, murmelte sie.
Sie verabschiedeten sich von Ruby, die sie noch einmal ermahnte, vorsichtig zu fahren. In Trents Sportwagen faltete Rana den Rock auf ihrem Schoß.
»Schade.« Trent warf einen Blick darauf. »Es gibt hier nichts zum Aufhängen.«
»Das macht nichts.« Das blieb ihre ganze Unterhaltung bis kurz vor Houston. Auf einmal fragte Rana:
»Was macht Ihre Schulter?«
»Warum sind Sie heute morgen nicht mit mir gelaufen?«
»Ich hatte keine Zeit. Ich mußte mich für die Fahrt nach Houston fertig machen.«
»Konnten Sie mir das nicht sagen?«
»Wahrscheinlich war ich gerade unter der Dusche, als Sie geklopft haben. Jedenfalls habe ich nichts gehört.«
»Ich habe auch kein Wasserrauschen gehört.«
»Horchen Sie immer an meiner Tür?«
»Belügen Sie mich immer?«
Sie fielen wieder in tiefes Schweigen, das nur von Trents unterdrückten Flüchen über den dichten Verkehr in Houston unterbrochen wurde.
Nach einer Weile schämte sich Rana über ihr schnippisches, kindisches Verhalten. »Wie geht's Ihrer Schulter?« fragte sie noch einmal.
»Ich verstehe Sie nicht, Ana!« rief Trent erregt aus, als hätte er nur da gesessen, still vor sich hingewütet und auf den richtigen Moment gewartet, seinem Ärger Luft zu machen. Er riß das Steuer herum und überholte eine Gruppe von Motorradfahrern.
»Sie haben mich beschimpft, als ich bei Ihnen Annäherungsversuche gemacht habe. Nun gut, Sie haben mich in meine Schranken gewiesen, und ich habe eingesehen, daß ich es verdient habe. Dann dachte ich, wir wären Freunde. Aber Sie sind nie offen gewesen. Ich weiß nie, woran ich mit Ihnen bin. Sie sind einfach steif und unbeugsam und hochnäsig. Kein Wunder, daß Ihnen der Mann davongelaufen ist und Sie keine Freunde haben!«
Er steuerte den Wagen in einer der Zufahrtsstraßen zu dem riesigen Komplex des Einkaufszentrums.
»Sie können mich hier rauslassen«, erwiderte Rana verkniffen. Ihre Hand lag schon auf dem Türgriff.
Trent brachte den Sportwagen mit quietschenden Bremsen zum Stehen, und Rana stieg mit einem gequälten »Danke« aus.
»In zwei Stunden?«, fragte er.
»Gut«, entgegnete sie und knallte die Tür hinter sich zu.
Barry trug auch nicht dazu bei, ihre Laune zu verbessern. Im Geschäft hielten sich einige Kundinnen auf, die jedoch von seinen eifrigen Verkäuferinnen beraten wurden. Kaum hatte er Rana eintreten sehen, packte er sie am Arm und zog sie durch den Laden in sein Büro.
Anders als der gediegene und edel in Pastelltönen gestaltete Verkaufsraum war sein Büro vollgestellt und unordentlich. Es roch intensiv nach Zigarettenqualm. Barry baute sich vor Rana auf und verschränkte die Arme vor der Brust.
»Du liebe Güte, du siehst ja noch schrecklicher aus als sonst«, rief er entsetzt.
»Komm du mir nicht auch noch dumm, Barry«, erwiderte sie, hängte Mrs. Rutherfords Rock auf einen Kleiderbügel und sank auf den einzigen freien Stuhl. »Ich habe schon einen anstrengenden Vormittag hinter mir.«
»Du siehst aus wie durch die Mangel gezogen.« »Danke. So fühle ich mich auch. Was soll eigentlich das Poster von mir in deiner Wäscheabteilung? Ich möchte anonym bleiben, aber du scheinst das nicht zu begreifen. Wie konntest du das tun, Barry?«
»Ich verkaufe damit Höschen, mein Schatz. Dutzende. Glaub mir«, fuhr er fort, und dabei glitt sein Blick geringschätzig über ihre schäbige Aufmachung. »Dich wird niemand erkennen. Ich werde weiter mein Bestes tun, dich geheimzuhalten. Wenn meine Kundinnen ihr Idol >Ana R.< sähen, würden sie schreiend davonlaufen. Die meisten halten dich sowieso für eine exzentrische Künstlerin, und ich bestärke sie in dieser Annahme, aber daß du wie ein Lumpensammler aussiehst, würden sie nicht mal in ihren kühnsten Träumen vermuten.«
»Hast du ein Mineralwasser?«
»Ja.« Barry öffnete einen kleinen Kühlschrank. »Aber mach's dir nicht zu gemütlich. Wir haben jede Menge Geschäftliches zu bereden. Übrigens, der Rock ist phantastisch.« Er hatte den Plastiksack hochgezogen und betrachtete prüfend das Kleidungsstück. »Mrs. Rutherford wird ganz aus dem Häuschen sein.«
Anderthalb Stunden später erhob sich Rana, um sich zu verabschieden; mit einem neuen Vorschlag, den sie überdenken mußte, einem dicken Scheck und vier
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