Sueße Prophezeiung
Sauveur. Mehrere Hunde liefen in der Ferne bellend um sie herum und trieben die Herde vorwärts.
Es gab Stoppelfelder, so weit das Auge reichte. Das Getreide war bereits für den bevorstehenden Winter eingebracht. Auf einer Weide standen sogar ein paar Kühe, wertvolles Vieh, das Milch und Käse und irgendwann Rindfleisch lieferte, beim natürlichen Verenden. Sie konnten es sich nicht leisten, die Kühe zu schlachten.
Avalon hatte ihm ihren ganzen Besitz angeboten – nicht nur einmal, sondern zweimal. Sogar nur ein Bruchteil ihres Reichtums würde wie ein erfüllter Zauberwunsch sein. Der Clan könnte sich aus einer ärmlichen Existenz in einen Zustand erheben, der fast an Überfluss grenzte. Sauveur täten ein paar seit langem notwendige Reparaturen dringend Not. Man könnte die Stallungen modernisieren und vergrößern. Sie würden auf allen Märkten Tauschhandel treiben und so die zusätzlichen Webstühle kaufen, die sie brauchten, um den Wollhandel einträglich zu machen. Auch größere Rinderherden kämen in Betracht. Jeden Abend Fleisch! Sie würden alle Nachbarclans an Reichtum übertreffen.
Doch er hatte ihr erklärt, dass das nicht genug sei.
Unter der Kiefer, vom Regen durchweicht und auf den Knien, hatte sie ihm ihren Hass entgegengeschleudert.
Marcus hoffte, dass es der Schmerz gewesen war, der ihr diese Worte eingegeben hatte. Es durfte einfach nicht wahr sein. Denn das, was er für sie empfand, hatte nichts mit Hass zu tun – im Gegenteil. Es war Bewunderung. Respekt. Verlangen.
Ah, ja, Verlangen! Verlangen hatte aus ihm gesprochen, als er ihr Angebot zurückwies. Er könnte vorgeben, es seien praktische Erwägungen gewesen: nämlich, dass er nur an das Wohlergehen des Clans gedacht hätte und daran, dass sie am Verlust der Braut zerbrechen würden, nach dem Warten auf sie ein ganzes Jahrhundert lang. Aber das entsprach nicht der Wahrheit. Marcus hatte ihre Bitte abgelehnt, weil er – und nur er – nicht in der Lage war, sie gehen zu lassen. Nicht ohne sie erobert zu haben. Und er würde erst mit ihr das Lager teilen, wenn er mit ihr verheiratet war. Das gebot ihm seine Ehre.
Zur Hölle mit der Legende! Er wollte Lady Avalon, die Frau – und nicht den Mythos. Er würde sie bekommen, oder über seinen Bemühungen zu Grunde gehen.
»Ich spüre, dass sich ein Sturm zusammenbraut«, verkündete Balthazar, während er seinen Blick über die Gipfel und Täler schweifen ließ.
»Was, bist du blöd?« Das kam von Ronald, der vorbeiging und die Bemerkung aufgeschnappt hatte. »Der Himmel ist völlig klar, Mann!«
»Ich spreche von einer anderen Art von Sturm, mein Freund«, erwiderte Bal mit einem bedeutsamen Blick auf Marcus, der zustimmend nickte, bevor er auf dem Absatz kehrtmachte.
Er war wieder auf dem Weg zu dem Zimmer, das er ihr zugewiesen hatte. Den Wächter, den er zur Beobachtung der Tür abgestellt hatte, grüßte er freundlich.
»Es ist schrecklich ruhig da drin«, sagte der Wächter, auf die Tür deutend. »Vielleicht schläft sie.«
»Kann sein«, sagte Marcus und nahm den Messingschlüssel vom Bund an seiner Taille, um das Schloss zu öffnen.
Sie saß im Schneidersitz vor dem Feuer, welches eine angenehme Wärme in die steinerne Kammer sandte. Ihr Rücken war steif und gerade, die Hände ruhten auf ihren Knien. Sie starrte in die Flammen und schaute auch nicht auf, als er eintrat.
Behutsam machte Marcus die Tür zu und stand dann einfach nur still da. Er wusste nicht, warum er zurückgekommen war. Es gab andere Dinge, die er gerade jetzt zu erledigen hatte. Endlose Einzelheiten, die mit der Verwaltung der Burg und der Ländereien einhergingen. Zu lange war er fort gewesen. Er musste sich erst wieder mit der täglichen Routine vertraut machen. Und dann war da ja auch noch die Hochzeit zu planen. Es galt zu überlegen, wie schnell sie sich bewerkstelligen ließe. Wie lange es dauern würde, bis sie ihren Widerstand gegen die Verbindung nicht mehr vor allen versammelten Leuten verkündete ...
Er merkte, dass er das Heben und Senken ihrer Seiten, den Rhythmus ihrer Atmung beobachtete. Ihre Atemzüge waren langsam, fast träge. Sie war wieder mit dem Tartan bekleidet, und der verbarg viel von ihren Bewegungen. Ihr Haar fiel in einem dicken Zopf weit hinunter und ringelte sich auf dem Boden. Ein hellorangefarbener Streifen über ihrem Rücken zeigte ihm, dass sie die Schlinge trug, die Bal für ihren Arm angefertigt hatte.
»Bittet mich um eine andere Gunst, Mylady«, sprach er in
Weitere Kostenlose Bücher