Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sueße Prophezeiung

Sueße Prophezeiung

Titel: Sueße Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abe
Vom Netzwerk:
einen Augenblick auf die Erde herabstieg – gerade lang genug, um die Schätze des Paradieses unter den Sterblichen zu verteilen.
    Avalon blieb vor ihm stehen und hielt seinem Blick stand, ohne ihre Niederlage einzugestehen. »Hier ist noch mehr«, sagte sie und warf ihm das Kleid und den Umhang vor die Füße. Dann legte sie den Dolch obendrauf.
    Nicht genug!, lachte die Chimäre.
    Marcus’ Lächeln wurde noch breiter, als hätte er die Worte der Chimäre gehört – genau wie sie.
    »Ein schöner Anfang«, meinte er, »von unserer Braut!«
    In der Wirtschaftskammer war niemand. Avalon nahm an, dass sie immer noch verblüfft im Hof standen, Loblieder auf ihre absurde Legende sangen, während Marcus, der Laird, einfach nur unter der Last der goldenen Reichtümer und ihren bewundernden Blicken dastand.
    Lass ihn doch ihr Retter sein, dachte Avalon bitter. Er hing demselben Aberglauben an, war davon wie alle anderen durchdrungen und kaum vernünftiger als das einfache Volk.
    Sie fand eine Ecke Käse und einen Kanten Brot. Das reichte für den Augenblick. Avalon steckte die Lebensmittel ein und begab sich zu der Ruine, die einst wohl das Torhaus gewesen war. Doch jetzt überwucherten sie Disteln und Gras, und Schwärme von kleinen Vögeln nisteten in den Überresten des Daches. Sie begrüßten sie mit trillernden Rufen.
    Ein rechteckig geschnittener Stein, der schon vor langer Zeit heruntergefallen war, gab einen bequemen Platz ab, als sie sich setzte und anfing zu essen.
    Ihre Schulter schmerzte täglich weniger. Trotz der heutigen Übungen war sie kaum noch steif, und ihre Rippen brauchte sie auch nicht mehr mit einem Verband zu versehen. Bald schon würde sie wieder ganz gesund sein, und wenn die Gesandten zurückkehrten, hätte sie keinen Vorwand mehr, noch länger zu bleiben.
    Was sollte sie bloß tun? Avalon seufzte. Ihr Leben, das einst so seltsam, doch klar vorgezeichnet schien, wirkte nun verschwommen wie ein Nebel. Es gab kein Richtig oder Falsch mehr, und das störte sie sehr. Außerdem war jetzt noch die wachsende Anziehungskraft hinzugekommen, die der Laird der Kincardines auf sie ausübte. Und was zuvor nur verschwommen gewesen war, wurde nun undurchdringlich.
    Anziehungskraft bedeutete gar nichts, schimpfte Avalon mit sich selbst. Anziehungskraft war nur eine listenreiche Ablenkung, und wenn sie es zuließ, würde sie für den Rest ihres Lebens in dieser Falle verbringen. Und das war es doch nicht, was sie wollte, oder?
    Natürlich nicht! Wenn sie hier bliebe, würden ihrer Freiheit bis in alle Ewigkeit Fesseln auferlegt sein, und der Aberglauben würde sie vollständig vereinnahmen. Aus der Hölle würde Hanochs Lachen zu vernehmen sein, bis zu dem Tag, an dem sie sich, vom Wust der Legende erstickt, zu ihm gesellte. Das wäre das Ende, das er für sie vorgesehen hatte – ein Wesen ohne Identität außer der, die ihr eine lächerliche Fabel zugestand. Ihre gesamte Existenz würde sich in ein krankes Zerrbild verwandeln.
    Und wenn sie blieb, hätte sie vielleicht auch nie mehr die Gelegenheit, Bryce für das, was er auf dem Gewissen hatte – ein sehr reales Verbrechen, keine Ausgeburt der Fantasie –, bezahlen zu lassen. Wenn Marcus herausfand, dass Bryce die Pikten gekauft hatte, würde er ihr nicht erlauben, Rache zu nehmen. Er würde es zu seiner eigenen Sache machen. Doch dies war ihre Mission, nicht seine!
    Sie musste fort. Dann würde sie allerdings Marcus Kincardine nie wieder sehen. Aus irgendeinem verborgenen Grund erfüllte sie der bloße Gedanke mit Verzweiflung.
    Einer der Vögel kam mit kurzen, nervösen Hüpfern näher. Er neigte den Kopf zur Seite, hatte ein kurzes gelbes Schwänzchen und schaute sie aus schwarzen Äuglein an.
    Avalon brach ein Stück von ihrem Brot ab und warf es dem Vogel zu. Ängstlich hüpfte er weg, hielt dann inne und machte plötzlich wieder einen Satz nach vorn.
    »Ich tue dir nichts«, erklärte sie dem Piepmatz, während sie sich ganz still verhielt. »Na, mach schon, der Krümel gehört dir.«
    Der Vogel hüpfte vor und pickte den Krümel auf, um dann davonzuflattern.
    »Aha, die Leute reichen Euch also nicht, Mylady. Ihr denkt sogar daran, die Tiere auf Sauveur zu füttern!«
    Als ob ihn das Bild von ihm in ihrem Kopf herbeigerufen hätte, stand Marcus plötzlich da. Er füllte den Eingang zu dem runden Raum und warf einen riesigen Schatten über die Disteln, Steine und das Gras bis in ihren Schoß. Die Vögel verstummten, um dann in einem Schwarm gen

Weitere Kostenlose Bücher