Süße Rache: Roman (German Edition)
dachte Drea grimmig. Falls sie das Geld je in die Hände bekam, würde sie sich so schnell wie möglich ins Ausland absetzen, um den ewig spionierenden Augen der Regierung zu entkommen. Sobald sie sich eine neue Identität zugelegt hatte, würde sie sich einen Reisepass besorgen – einen echten – und dann in den Urlaub auf die Cayman Islands fahren, und zwar zusammen mit ihrem Geld. Sie hatte diesen Quatsch allmählich satt.
»Am sichersten könnten Sie das Geld online überweisen«, fuhr Mrs Pearson fort.
»Ich habe keinen Computer«, schränkte Drea ein. »Könnte ich dazu auch einen Computer in einem Internetcafé oder einer Bücherei verwenden?«
»Ähm, es wäre besser, wenn die IP-Adresse immer gleich bliebe. Können Sie das nicht von Ihrem Handy aus erledigen?«
»Das ist ein Billigteil. Es ist nicht internetfähig.«
»Besorgen Sie sich so eines. Dann können Sie Ihr Konto jederzeit von unterwegs abrufen. Oder besser noch, besorgen Sie sich einen Laptop, das würde ich Ihnen unbedingt empfehlen.«
»Und was mache ich dann?«
»Dann gehen Sie auf unsere Website und folgen den Anweisungen.«
»Ich brauche nichts zu unterschreiben?«
»Doch, Sie müssen eine Vereinbarung unterschreiben. Ich könnte Sie Ihnen zuschicken.«
»Ich habe keine Postadresse«, gestand Drea und hatte sofort wieder das Gefühl, mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen.
Nach kurzem Zögern sagte Mrs Pearson: »Normalerweise würde ich so etwas nicht tun, aber wenn Sie einen Laptop mit Internetzugang gekauft haben, rufen Sie mich an, dann kann ich die Vereinbarung ausdrucken und mich mit Ihnen treffen. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, Ms Butts! Wir kriegen das schon hin!«
Für einen Internetzugang würde sie sich ebenfalls irgendwo anmelden müssen, dachte Drea, aber anders kam sie nicht weiter, und sie würde hundertprozentig nicht persönlich in dieser Bank auftauchen.
»Das mache ich«, sagte sie erschöpft. »Vielen Dank. Ich
rufe wieder an, sobald ich alles besorgt habe.« Sie trennte die Verbindung und ließ den Kopf gegen die Nackenstütze sinken. Wer hätte gedacht, dass es so verdammt kompliziert wäre, zwei Millionen Dollar zu stehlen?
13
Drea fragte sich, ob sie verrückt war, während sie mit unbeirrter Entschlossenheit ihre Aufgabenliste abarbeitete, denn so entschlossen sie auch war, das verdammte Ding wurde immer länger statt kürzer.
Vor jedem Schritt, den sie unternehmen wollte, schien sie zwei weitere tun zu müssen, ohne die der erste Schritt nicht möglich war. Weil sie keine Kreditkarte besaß, musste sie den billigsten Laptop, den sie im Wal-Mart finden konnte, bar bezahlen, allmählich wurde das Bargeld knapp. Weil sie nicht riskieren wollte, persönlich in der Bank in Grissom zu erscheinen, musste sie mit dem Barscheck über fünfundachtzigtausend Dollar in der gleichen Stadt, in der auch der Wal-Mart sich befand, ein Konto eröffnen, womit die nächste Meldung an die Finanzbehörde ausgelöst wurde.
Hatte sie eine andere Wahl? Sie brauchte einen Internetzugang, um die zwei Millionen online zu überweisen. Aber bevor sie einen Internetzugang beantragte, brauchte sie einen Laptop. Und um einen Laptop zu bekommen, brauchte sie Bargeld.
Sie kam sich vor wie in einer Zwickmühle. Als sie zum Handyladen ging, um einen Internet-Stick für ihren brandneuen
Laptop zu besorgen, hatte sie die Wahl, entweder eine feste Rechnungsadresse anzugeben oder die Rechnung automatisch monatlich von ihrem Konto abbuchen zu lassen.
»Na sicher, warum auch nicht?«, murmelte sie dem dürren Latinojüngling zu, der sie bediente. Natürlich hatte sie ihre kompletten Bankunterlagen in der Handtasche dabei, schließlich hatte sie das Konto erst zwei Stunden zuvor eröffnet.
Sie agierte immer noch ausschließlich aus dem Bauch heraus. Sie war zwar sicher, dass Rafael nach ihr suchte, aber sie hatte keinen Beweis dafür, dass er jemanden angeheuert hatte, um sie aufzuspüren. Vielleicht hatte er nur Orlando auf den Job angesetzt. Das wäre der Idealfall: Orlando kannte sich zwar mit Computern aus, aber sie wusste, dass er nicht das Fachwissen besaß, um sich in die Datenbanken des IRS zu hacken.
Nicht nur das, Rafael würde das auch nicht zulassen. Denn Rafael wollte auf gar keinen Fall, dass der IRS auf ihn aufmerksam wurde und in seinen Finanzen herumstocherte. Schließlich hatte die oberste Steuerbehörde sogar Al Capone zu Fall gebracht. Die letzte Woche hatte ihr gezeigt, wie kompliziert es war, Gelder zu
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