Süsse Sehnsucht Tod
glühenden Pfeil in mein Herz. So ähnlich mußte sich wohl ein Vampir fühlen, wenn er gepfählt wurde.
Hier wurde niemand getötet, noch nicht. Hier wollte sich jemand töten.
Vom Dach eines Hochhauses in die Tiefe stürzen.
Süße Sehnsucht Tod eben!
***
Die Peitsche bewegte sich nicht!
Ausgebreitet standen die drei Riemen über dem alten Radio, als wären sie von einer Sekunde zur anderen schockgefroren worden.
Suko begriff die Welt nicht mehr. So etwas hatte er noch nicht erlebt.
Und er vergaß den Mann in seinem Rücken. Er starrte auf die drei Riemen, als könnte er es nicht glauben.
Noch etwas war passiert.
Aus dem Radio hatte sich etwas gelöst. Blitze, die sofort zur Seite fächerten, um ein Netz zu bauen, das grün und blau schimmerte. Es hatte den Schutzmantel um das Radio gelegt.
Suko schaute sich die Riemen an. Noch wurden sie angehalten, aber er befürchtete schon, daß die andere Kraft so stark war, um sie letztendlich verbrennen zu können. Deshalb mußte er seine Peitsche in Sicherheit bringen.
Er zerrte sie zurück.
Es klappte, und Suko fiel der berühmte Stein vom Herzen. Er selbst trat weg von diesem Radio, stieß die Luft aus und ahnte, wie bleich er geworden war.
Dann drehte er sich wieder, weil er Pattersons Flüsterstimme vernommen hatte. Der Mann stand noch immer auf demselben Fleck.
Jetzt aber schüttelte er den Kopf, und die Lippen formulierten immer wieder dieselben Worte. »Sterben, alle werden sterben. – Bald ist es dunkel, das ist die Zeit des Todes.«
Suko blickte kurz zum Fenster hin. Noch war es nicht finster, aber der Abend war bereits angebrochen, und viel Zeit blieb leider nicht.
Patterson nahm ihn wieder wahr, als er vor ihm stand. Der Bärtige konnte sogar grinsen. »Hast du es gesehen? Sie sind stärker als wir. Wir können es nicht schaffen.«
»Und ob wir es schaffen«, erklärte Suko, der mit einer glatten Bewegung die Beretta zog.
Patterson schüttelte verständnislos den Kopf. Er starrte die Pistole an.
»Was willst du damit? Mich erschießen?«
»Nein, aber das Radio.«
Suko legte an. Sein Finger berührte bereits den Abzug, aber er feuerte noch nicht, denn wie vom bösen Wind geflüstert, war wieder die Stimme aus dem Jenseits da. »Na, hast du es versucht?«
»Habe ich.«
»Aber ich bin besser. Eddy ist immer besser, verstehst du? Man hat mich einmal töten können. Haaaa, ich habe gebraten. Ich bin entflammt, aber ich scheiße auf meinen verkohlten Körper. Die Seele ist wichtig, und die ist dort, wo sie hingehört.«
»Wo gehört sie denn hin?« fragte Suko.
»In die Hölle!«
Er hätte jetzt fragen können, ob sie dort nicht auch brannte, aber das stimmte nicht. Die Hölle war kein Feuer, das nie verlosch, das hatten sich die Menschen ausgedacht, um einen Vergleich oder ein Bildnis zu haben. Sie konnte ein Feuer werden, und das befand sich überall. Oben, unten, rechts und links. Sichtbar und unsichtbar.
»Dann bist du in der Hölle!«
»Für mich ist es das Paradies.«
»Das keine Grenzen hat.«
»Nein, ich überwinde sie. Man hat mir die Kraft gegeben. Die Hölle ernährt sich von Seelen. Es macht das Böse stark, und ich will, daß es so bleibt. Ich, Eddy Greene, der Massenmörder, habe einen besonderen Platz gefunden, kann alles sehen und fühlen. Was am wichtigsten für mich ist, will ich dir auch noch sagen. Für mich sind die Menschen offen. Ich komme nicht nur an sie heran, ich gelange auch in sie hinein und kann sie manipulieren. Ist das nicht großartig?«
»Durch das Radio?«
»Ja, durch Wellen, durch Schwingungen, durch die wundersame Aura meiner Welt. Alles schwingt. Alles befindet sich in Bewegung, nur ist manches nicht zu messen, weil es in einem Bereich liegt, den die Menschen noch nicht erforscht haben. Ich aber befinde mich auf der anderen Seite, wo so etwas kein Problem darstellt. Ich weiß Bescheid, ich kann alles zu meinen Gunsten nutzen.«
Das hatte Suko anhand der Peitsche gesehen, die plötzlich manipuliert worden war. Leider mußte er zugeben, daß die andere Kraft verdammt groß war, sie hatte auch Zeit gehabt, sich zu sammeln, und sie schlug nun geballt zurück.
Er zielte noch immer auf das Radio, und auch Eddys Geist hatte sich darum nicht gekümmert, was Suko zu der Folgerung veranlaßte, daß er möglicherweise nicht in die normale Welt hineinschauen konnte und sie einfach nur fühlte.
Bisher hatte es Eddys Geist oder Kraft noch nicht geschafft, ihn unter seine Kontrolle zu bekommen, und das sollte
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