Suesse Versuchung
sie bitte. Edward
musste an der Tür stehen. Seine Stimme klang ruhig, aber es schwang so viel kalte
Autorität und Entschlossenheit darin mit, dass Sophie in sich zusammenkroch. Diesen
Ton würde sie von ihrem Mann niemals hören wollen. Das war ein Edward, der ihr
Angst machte.
William fand noch Einwände, die von Edward mit eisigem Schweigen beantwortet
wurden, und dann endlich trollte er sich. Man hörte ihn die Treppe hinunter poltern.
Sophie atmete auf.
Edward, alter Junge, das hast du großartig gemacht. Ich wusste ja, dass ich mich auf
dich verlassen kann. Kann ich diesen Zettel mal sehen? Jonathan versuchte offenbar,
die Situation zu entschärfen, aber es war ein schlechter Ansatz.
Nein. Sophie, komm heraus. Und zwar sofort.
Das war genau der Tonfall, den Sophie fürchtete. Sie schob ihre Nasenspitze unter
der Decke hervor. Edward hatte seine linke Hand zur Faust geballt und ein Muskel in
seiner Wange zuckte.
Sophie, lass mich nicht erst hinüberkommen und dich herausholen, sonst kann ich
für nichts garantieren.
Es ist nicht so, wie du denkst, sondern
Jonathan hatte sich aufgesetzt.
Ich weiß, dass es nicht so ist. Andernfalls wärst du jetzt schon längst tot. Edwards
Stimme war so klirrend kalt, dass nicht einmal mehr Platz darin für den triefenden
Sarkasmus war, den er sonst hören ließ. Sophie? Wie lange muss ich noch warten?
Sophie kroch schlotternd aus dem Bett. Sie war froh, es verlassen zu können. Der
Geruch von Liebe und verschwitzten Leibern lag darin und ließ eine unangenehme
Übelkeit in ihr aufsteigen. Sie hatte gemeint, Edward kennengelernt zu haben, hatte
geglaubt, hinter der oft kühlen, überlegenen und ironischen Fassade einen zärtlichen,
sanften Mann verborgen zu finden, aber der hier, der mit Todesdrohungen um sich
warf, war einschüchternd.
Edward, ich wollte doch nur
Sei still. Wir sprechen daheim darüber. Edward maß sie von oben bis unten von
ihrem zerstrubbelten Haar über die Männerjacke, den verdrückten Rock bis zu den
Stiefeln. Dann winkte er ihr nur mit der Hand, ohne seine Position an der Tür
aufzugeben oder auch nur einen Schritt weiter ins Zimmer zu machen. Sie stolperte zu
ihm hinüber, er schob sie aus der Tür und wandte sich noch einmal nach Jonathan um.
Ich hatte dich gewarnt, Hendricks.
Die Tür krachte hinter ihm zu. Dann hörte Jonathan noch seine scharfe Stimme,
Sophies helles Aufbegehren, stürmische Schritte, und dann fiel auch die Haustür in
Schloss.
Jonathan grinste. Er würde ihr nichts tun. Edward war nicht der Mann, der eine Frau
misshandelte. Und schon gar nicht diese kleine Wilde aus Schottland, nach der er so
verrückt war, dass er sie sogar geheiratet hatte. Er sah, immer noch feixend, zum
Fenster hin, an dem das ängstliche Gesicht seiner Geliebten hinter dem Vorhang
erschien.
Melinda war tiefblass. Mein Gott. Auch das noch. Ich dachte, ich werde
ohnmächtig, als zuerst William und dann Edward hier auftauchten.
Jonathan sah sie sekundenlang ausdruckslos an, dann ließ er sich ins Bett
zurückfallen und brüllte vor Lachen.
Jonathan! Das ist nicht lustig! Oh du liebe Zeit! Wie kannst du nur lachen!
Du hättest, keuchte Jonathan atemlos, Edwards Gesicht sehen sollen, als er seine
Frau unter der Decke fand!
* * *
Verdammt, Sophie! Was ist dir nur wieder dabei eingefallen! Edward hatte die
ganze Fahrt in der Kutsche über geschwiegen, hatte sie nur von Zeit zu Zeit mit
drohenden Blicken gemessen, aber kaum war er mit ihr im Haus und im
Arbeitszimmer, als er ihr auch schon wütende Vorhaltungen machte.
Hör auf, mich anzuschreien, schrie sie zurück Du weißt ja nicht einmal, weshalb
ich überhaupt dort war!
Aus Dummheit, Hirnlosigkeit, Abenteuerlust, Rücksichtslosigkeit, zählte er auf.
Habe ich noch etwas vergessen?
Um deine Schwester zu warnen!, rief sie aufgebracht. Als ich hörte, dass dieser
brutale Mensch sie suchen wollte, bin ich hingeritten!
Ach ja? Und dann bist du vor Begeisterung gleich zu Jonathan Hendricks ins Bett
gesprungen?
Sophie versuchte seinem anmaßenden Ton mit Würde zu begegnen.
Selbstverständlich nicht. Captain Hendricks hat mich einfach ins Bett gestoßen und
die Decke über mich gezogen, damit sie Melinda nicht erst suchen. Und dann wart ihr
auch schon da!
Edwards Lippen pressten sich zusammen. Das heißt, Melinda war also da. War sie
die ganze Zeit
Weitere Kostenlose Bücher