Suesse Versuchung
gezogen durch ihn hinaufkletterte.
Es waren nur noch einige Zentimeter, die sie vom sicheren Boden trennten, als ihr
Blick auf eine Gestalt fiel, die wenige Schritte hinter Edward entfernt auf dem Boden
lag. Es war einer der Schmuggler. Er bewegte sich, hatte plötzlich eine Pistole in der
Hand. Sophie wusste nicht, ob sie geladen war, sie dachte nicht lange nach, stieß einen
warnenden Schrei aus, während sich ihre Finger gleichzeitig tief ins Gras gruben, ein
Büschel samt dem Erdballen herauszogen, und sie es dem Mann ins Gesicht warf. Sie
streifte nur seinen Kopf, er hob die Hand, zielte. Edward zerrte sie verzweifelt hoch,
versuchte dabei zwischen ihr und die Waffe zu kommen, um sie zu decken. Er konnte
Sophie nicht loslassen, sonst fiel sie, sondern musste versuchen, gleichzeitig die Kugel
abzufangen und wenn möglich sogar zu überleben, und Sophie dabei hinauf und in
Sicherheit zu zerren. Sie war gleich bei ihm. Nur noch wenige
Der Schuss ging los. Sophie spürte, wie Edward sie mit beiden Händen gleichzeitig
ergriff. Sie schrie auf, voller Angst, Edward könnte getroffen worden sein. Das letzte
Stück schleuderte er sie mehr hinauf, als dass er sie zog, sprang auch schon auf und
wollte sich auf den Schmuggler stürzen, als er stehen blieb.
Sophie war von seinem Schwung noch weitergerollt und auf dem Bauch liegen
geblieben. Sie hob den Kopf und sah zwischen Edwards Beinen hindurch auf einen
Mann, der nur einige Schritte vor ihnen stand, eine rauchende Pistole in der Hand, die
er nun seelenruhig erneut lud. Jonathan Hendricks. Ihr Blick glitt weiter zu dem
Schmuggler. Er lag leblos auf dem Boden, und auf seinem Rücken breitete sich ein
dunkler Fleck aus.
Edward beachtete ihn nicht weiter, sondern wandte sich zu Sophie um und zog sie
noch weiter vom Abgrund fort auf die sichere Ebene. Dann kniete er sich vor sie hin
und packte sie an den Schultern.
Du gottverlassener Bengel! Hatte ich gesagt loslassen? Festhalten hatte ich
gesagt! F e s t h a l t e n ! Fast wärst du dort abgerutscht!
Zu seiner größten Bestürzung verzog sie den Mund und Tränen traten in ihre Augen.
Aber Sophie, ich habe es doch nicht böse gemeint. Er umfasste ihr Gesicht mit den
Händen, wischte mit den Daumen die Tränen von den Wangen, und als ihm dies zu
wenig war, küsste er sie fort. Schließlich nahm er sie in die Arme, presste sie an sich
und streichelte beruhigend ihren Rücken. Es ist alles gut, mein Bengelchen. Hab
keine Sorge, ich schwöre dir, dass dies kein zweites Mal vorkommen wird. Von nun
an bleibe ich bei dir, um auf dich aufzupassen. Und wenn du mir noch einmal
davonläufst, gibt es nicht zwanzig, sondern fünfzig Hiebe.
... bin kein Bengel ..., schluchzte sie an seiner Schulter. Weitaus schlimmer als dort
über dem Abgrund zu hängen, Edwards Hand sicher um ihr Handgelenk, war die
Angst um ihn gewesen, als der Mann auf ihn gezielt hatte. Er hätte ihn erschießen
können! Oder ihn verletzen und dann über den Abgrund werfen. Sophie wäre ihm
nachgesprungen, aber das hätte ihnen beiden wohl nicht viel genutzt.
Nein, mein Liebling, bist du nicht. Edward lächelte leicht. Es tat unendlich wohl,
sie im Arm zu halten, ihren weichen Körper zu spüren, das Gesicht in ihrem Haar zu
vergraben.
Rührend.
Sophie schniefte auf, wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht und warf Captain
Hendricks einen bitteren Blick zu.
Der grinste nur zurück. Scheint, als würde ich immer gerade rechtzeitig kommen,
um dir das Fell zu retten, Edward.
Ein Wiehern ließ Sophie an ihm vorbeischauen. Hinter ihm standen zwei Männer mit
Pferden, und einer davon hielt ein zweites Pferd am Zügel. Eine braune Stute, die
nervös tänzelte.
Jonathan deutete mit dem Kopf auf das Tier. Die ist uns auf dem Weg hierher
entgegengelaufen. Sie muss sich losgerissen haben. Es war nicht leicht sie
einzufangen, aber da sie mir bekannt vorkam, dachte ich, Sie würden sie vielleicht
gerne wiederhaben.
Und da passierte etwas, das Sophie Harrington, geborene McIntosh, noch bis vor
Kurzem als völlig absurd abgetan hätte: Sie entschied, Jonathan Hendricks von nun an
in ihr Nachtgebet einzuschließen.
21. K APITEL
Edward befand sich in seinem Schlafzimmer. Er ruhte in einem Lehnsessel und hatte
die Füße auf einem Hocker liegen, der ihm von Sophie fürsorglich hingeschoben
worden war. Unter dem verletzten linken Arm lag ein Pölsterchen, und über
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