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Suesse Versuchung

Suesse Versuchung

Titel: Suesse Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mona Vera
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in den Obstgarten geflüchtet, um –
    versteckt zwischen einigen Sträuchern und unter einem Apfelbaum – nachdenken zu
    können und ein bisschen Atem zu holen.
    Es gab zwei Orte in Südengland, die sie gerne aufsuchte. Der eine waren die Klippen
    mit ihren weich dahinrollenden Wiesen und Weiden, den Ginsterfeldern und dem
    unfassbar schönen Blick über Meer und Himmel, und der zweite Ort war dieser
    Obstgarten. Hier war es friedlich und ruhig. Tante Elisabeths Haus lag zwar in der
    Stadt, aber hier am Rande hatte sie noch einen Garten, hinter dem unmittelbar die
    Felder begannen. Noch war hier nichts zu pflücken, die Sommeräpfel waren noch zu
    klein, aber in wenigen Wochen konnte man gewiss schon ernten.
    Sophie breitete die Decke im Gras aus, ließ sich darauf sinken und rekelte sich
    wohlig. So konnte man es aushalten. Hier, wo keine Dienstboten herumschlichen,
    nicht plötzlich Bekannte von Tante Elisabeth vor der Tür standen, um eine Tasse Tee
    zu trinken und den allerneuesten Klatsch auszutauschen, und Augusta nicht an ihr
    rummäkelte.
    Sie beobachtete, während ihre Gedanken um die Ereignisse der vergangenen Tage
    kreisten, durch die Blätter des Baumes hindurch die Wolken. Wolken auf
    himmelblauem Hintergrund. Lord Edward hatte violette Augen mit blauen und grauen
    Wolkenschleiern.
    Edward Harrington. Natürlich kam sie immer wieder auf ihn. Aber es war auch kein
    Wunder, denn die Sache mit der nackten Schwarzhaarigen ließ ihr keine Ruhe. Diese
    Angelegenheit beschäftigte Sophie sogar am meisten. Was mochte da geschehen sein?
    Warum war die Frau nackt gewesen? Was war vorher passiert, dass sie überhaupt
    nackt geworden war? Hatte sie sich selbst ausgezogen? Hatte Captain Hendricks sie
    ausgezogen? Und warum war Lord Edward ihr nachgeritten? Ob er sie wirklich nur
    beobachtet hatte und retten wollte? Wäre sie hinabgestürzt? Sophie hatte sekundenlang
    den Ausdruck im Gesicht der Frau gesehen, als sie gerannt war. Sie hatte geglaubt,
    dass sie aus Angst lief, aber wenn sie jetzt darüber nachdachte, dann hatte ihre Miene
    keine Furcht gezeigt. Nur eine Art … verzweifelter Sehnsucht. Sophies Herz krampfte
    sich plötzlich vor Mitleid zusammen. Die Frau wäre gesprungen. Aber weshalb nur?
    Was war so Schreckliches passiert, das sie in diesem Moment in den Abgrund
    getrieben hätte?
    Und was hatte die Frau gesagt? War es nicht eine Warnung gewesen? „Sie sind ein
    süßer Junge, aber Sie haben ja keine Ahnung …“ Dann waren sie von der Ankunft von
    Jonathan Hendricks unterbrochen worden.
    Sophie grübelte, blinzelte durch die Blätter. Die Schwarzhaarige kannte Lord Edward
    sehr gut. Soviel war klar. Sophie gähnte. Hier war es so friedlich. Die Sonne schien
    warm herab, die Bienen summten. Sie versuchte sich wieder auf dieses Rätsel zu
    konzentrieren, aber die Augen fielen ihr zu.
    Sie war wohl ein wenig eingenickt, als eine harsche Stimme sie aus ihren Träumen
    riss.
    „Sind Sie sicher, dass wir hier unbeobachtet sind?“

    „Völlig. Hier ist niemals jemand.“
    Das war ihr Vetter Henry. Sophie setzte sich auf und sah sich um, konnte jedoch
    nicht entdecken, wo Henry stand. Sie wollte ihn rufen, ihn auf sich aufmerksam
    machen, als sie die Stimme des zweiten Mannes erkannte. Es war Captain Hendricks.
    „Was für eine Dummheit, mich hierher zu bestellen wie einen Laufburschen. Lassen
    Sie sich das nicht mehr einfallen.“
    „Aber ich musste Sie sprechen. Ich …“
    „Was? Stottern Sie nicht herum, Mann.“
    Captain Hendricks sprach drohend, während Henry leise, hastig, gepresst redete.
    Instinktiv beschloss Sophie, sich möglichst ruhig zu verhalten. Die beiden Männer
    wähnten sich ungestört – sich jetzt noch zu melden, wäre nicht nur peinlich, sondern
    würde sie auch um die Möglichkeit bringen, mehr zu erfahren. Ein dunkles Gefühl
    sagte ihr, dass das Gespräch unter Umständen aufschlussreich werden konnte. Henry
    hatte bisher nicht den Eindruck gemacht, als zählte er zum engeren Bekanntenkreis
    von Jonathan Hendricks. Und Hendricks hatte nicht zuletzt wegen des Vorfalls auf den
    Klippen Sophies Interesse geweckt.
    „Ich mache nicht mehr mit. Ich will nicht mehr.“ Henrys Stimme klang ein wenig
    schrill.
    „Sie wollen aussteigen?“ Hendricks lachte spöttisch. „Nur Tote verlassen die Bande,
    merken Sie sich das.“
    Sophie hielt den Atem an. Bande? Was hatte Henry mit Leuten zu schaffen, die
    andere offenbar unter Todesdrohungen zwangen, bei irgendwelchen Tätigkeiten
    mitzumachen?
    Sie blieb

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