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Süße Worte, heißes Flüstern

Süße Worte, heißes Flüstern

Titel: Süße Worte, heißes Flüstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara McCauley
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keine Antwort. Hannah stand regungslos da. Nur durch ihre Schultern ging ein leichtes Zittern. Er trat einen Schritt näher. “Hannah, was ist los?”
    Sie ließ den Brief sinken und sah ihn an. Die Erleichterung auf ihrem Gesicht war Enttäuschung gewichen. Dann stopfte sie den Brief energisch wieder in den Umschlag. “Es ist nichts”, sagte sie knapp und fuhr betont unbefangen fort: “Ich hab uns Steaks und Folienkartoffeln besorgt. Wenn Sie wollen, mache ich noch einen Salat dazu.”
    “Hannah, was ist los?”, fragte Seth eindringlich.
    “Es ist alles in Ordnung”, antwortete sie mit einem gezwungenen Lächeln. “Es war einfach nur ein bisschen viel Stress heute. Das ist alles. Und wenn Sie nichts dagegen haben, lassen Sie mich jetzt bitte ein paar Augenblicke allein.” Damit verschwand sie in die Küche und schloss die Tür hinter sich.
    Seth lauschte angespannt, konnte aber keinen Laut von dort hören. Dann gab er sich einen Ruck. “Es geht dich nichts an”, sagte er leise zu sich selbst. Er verließ das Wohnzimmer, trat auf die Veranda und blickte lange in die Sonne, die gerade am Horizont verschwand.
    Den Kopf in die Hände gestützt, stand Hannah am Küchentresen. Sie war wütend, enttäuscht und aufgebracht und gleichzeitig wie gelähmt. Vor ihr lag der Brief und obendrauf der Scheck ihres Exmannes. Die Summe darauf verschwamm ihr vor den Augen. Lächerliche einhundertfünfzig Dollar.
    Dann starrte sie darauf, als könne sie kraft ihres Blicks den Ziffern eine weitere Null hinzufügen. Das würde der Summe, die sie zu erwarten hatte, wenigstens etwas näher kommen. Das würde sie auch in den Stand versetzen, ihrer Tante den seit drei Monaten rückständigen Mietanteil zu überweisen, die Stromrechnung zu bezahlen sowie den längst fälligen Beitrag für ihre Kreditkarte.
    Aber die schäbige Summe auf dem Scheck blieb, wie sie war, genauso wie ihr Exmann Brent so schäbig blieb, wie er es immer gewesen war. Wie konnte sie einen einzigen Moment lang etwas anderes gehofft haben? Seit drei Jahren hatte er sie nur vertröstet, leere Versprechungen gemacht, sie mit lächerlichen Summen abgespeist. Als sie ihm letzte Woche damit gedroht hatte, ab jetzt gerichtliche Schritte gegen ihn zu unternehmen, hatte er versichert, dass für ihn ein großer Geschäftsabschluss untermittelbar bevorstehe und dass er dann den vollen Unterhalt für die letzten Monate, den er ihr schulde, überweisen werde.
    Und jetzt kam das: ein Scheck über sage und schreibe einhundertfünfzig Dollar.
    Hannah kniff die Augen zusammen und kämpfte gegen die Tränen an. Am liebsten würde sie diesen Wisch nehmen und in den Mülleimer werfen. Aber in ihrer Lage konnte sie auf hundertfünfzig Dollar nicht verzichten. Das wäre wenigstens schon mal die Stromrechnung.
    Sie schob den Brief zur Seite und fühlte, dass der Kloß in ihrem Hals immer dicker wurde. Von den ersten aufsteigenden Tränen schon halb blind, suchte sie die Einkäufe zusammen. Um sich abzulenken, war es am besten, das Essen vorzubereiten. Aber es ging nicht. Mit der ersten Träne, die ihr über die Wange lief, war der Damm gebrochen, und Hannah tat, was sie sich die ganzen letzten Jahre immer versagt hatte. Sie weinte hemmungslos.
    Das Gesicht in den Händen vergraben und mit zuckenden Schultern, so fand Seth Hannah vor, als er zehn Minuten später die Küche betrat. Er hatte nicht damit gerechnet, sie hier noch anzutreffen, und wollte sich gerade diskret wieder zurückziehen, als er ihr bitteres Schluchzen hörte.
    Einen Moment lang kämpfte er mit sich, ob er gehen oder bleiben sollte. Dann trat er vorsichtig an Hannah heran.
    “Hannah”, flüsterte er, “sagen Sie mir doch, was los ist.”
    Sie zog die Schultern hoch und schüttelte den Kopf. “Nichts ist”, antwortete sie mit tränenerstickter Stimme.
    Seth, der noch nie damit umgehen konnte, Frauen weinen zu sehen, und zum Trösten weder Talent noch Neigung verspürte, überwand seine Unschlüssigkeit. Er griff zu der Küchenrolle, riss zwei Blätter ab und hielt sie Hannah hin. “Hier!”
    “Danke.” Sie nahm das Papier und wischte sich die Tränen ab. “Es geht gleich wieder. Ich fang gleich mit dem Essen an.”
    “Nun lassen Sie doch dieses verdammte Essen.” Er besann sich und fuhr dann in freundlicherem Ton fort: “Ich würde Ihnen gern helfen. Vielleicht hilft es ja schon, wenn Sie erzählen, wo das Problem liegt.”
    Sie zögerte kurz. Dann schob sie ihm schweigend den Brief hin und drehte sich

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