Suesser Als Blut
Credo, und das blasse Interieur diente dazu, dies zu unterstreichen. In unseren Vasen steckten kahle Zweige und keine bunten Blumen.
Toni, unsere Büroleiterin, die hinter dem Empfangstresen saß, begrüßte mich mit einem koketten Aufschlag ihrer falschen, pink- und lilafarbenen Wimpern. Ihr Outfit passte farblich dazu: pinkfarbene Bluse unter einem mauvefarbenen Kostüm, dazu lila Lederpumps und pink, mauve und lila Strähnchen im langen, wallenden Blondhaar. Die Strähnchen erinnerten mich an das Feuerwerk, das die Trolle bei einer ihrer Neumondfeiern veranstalteten.
Ein derart auffälliger Stil liegt mir nicht – meine Sidhe -Augen sind auffällig genug -, aber ihr stand es großartig. Ich selbst bevorzuge es eher konservativ: obligatorische schwarze Leinenhose, dazu diesmal mein Lieblingsstück, ein grüner Leinenblazer. Der Blazer war dazu gedacht, meinem Selbstbewusstsein einen Schubs zu geben – und den brauchte ich, wenn ich gleich Finn gegenübertrat.
Nicht dass ich auch nur die blasseste Ahnung hatte, was ich ihm sagen sollte.
»Hey, gefällt mir, dein neuer Look, Toni.« Ich rückte die Zweige zurecht. »Der wievielte ist das dieses Jahr? Der sechste?«
»Der siebte«, antwortete sie grinsend. »Hatte keine Lust mehr auf kühle Blonde. Da verschmilzt man ja mit der Tapete.«
In Anbetracht der Tatsache, dass zu diesem Look ein beigefarbenes Seidenkleid gehört hatte, hatte sie gar nicht so Unrecht. »Was hat Stella gesagt, als sie dich sah?«
»Ach, du weißt schon.« Tonis Grinsen wurde breiter. »Sie hat gesagt, immer noch besser als der Dirndl-Look letztes Jahr.«
Ich versuchte, keine Miene zu verziehen. »Ach, tatsächlich?«
»Nee. Was sie wirklich gesagt hat, war, alles ist besser, als sich die Haut blau zu färben.«
»Aha. Dachte ich’s mir doch.« Ich begutachtete ihre Haare. Die Strähnchen glänzten wie poliertes Glas. »Goblinfriseur?«, erkundigte ich mich
»Ach, diese Madam Methania ist das reinste Wunder.« Sie zupfte eine rosa Strähne aus ihrer Frisur. »Und echt billig. Du solltest es auch mal probieren.«
»Einen Kobold an meine Haare ranlassen?« Ich schüttelte mich. »No way! Ich lasse mir doch nicht Schneckenschleim in die Haare schmieren.«
»Du bräuchtest sowieso eine Haarverlängerung. Weißt du, du solltest sie dir wirklich wachsen lassen. Du hast so tolle Haare. Das würde fabelhaft aussehen.« Sie musterte mich genauer. »Du siehst viel besser aus. Nicht mehr ganz so ausgewrungen. Und dieser grüne Blazer passt fantastisch zu deinem Teint.« Sie wedelte mein Dankeschön lässig fort und wechselte das Thema. »Hab heute schon mal versucht, dich zu erreichen, bin aber direkt bei der Mailbox gelandet.«
»Ja, mein Schutzzauber ist am Abschmieren. Ich wollte den Saft in meinem Kristall sparen.«
»Der ist doch erst drei Tage alt! Und der davor hat auch bloß
eine Woche gehalten.« Sie runzelte die Stirn. »Hast echt Probleme mit der Magie, was?«
Sie hatte Recht, wie mir jetzt klar wurde. Die Magie gebärdete sich tatsächlich ein bisschen wilder um mich herum, als ich es gewöhnt war – ein Zufall oder etwas anderes?
»Komm, gib’s her«, sagte sie gutmütig. »Ich werde mir dein Handy mal anschauen.«
»Null Problemo.« Ich gab ihr mein Handy und wünschte nicht zum ersten Mal, ich könnte es selbst wieder hinbiegen. Toni hatte versucht, mir den Zauber beizubringen, und ich hatte ihn auch verstanden, bloß mit der Umsetzung haperte es wie gewöhnlich.
Toni schob sich ein dickes Karamellbonbon in den Mund, um ihre Magie zu booten, und begutachtete den Kristall. »Jep, der ist hinüber. Verkohlt. Nichts mehr zu machen.«
Ich lehnte mich an den Tresen. »Hat Finn irgendwas über diesen neuen eBay-Kontakt zu dir gesagt?«
»Ja, er hat mir einen für dich gegeben. Umso besser!« Sie kramte in ihrem Schreibtisch, holte ein Bündel kleiner Wachspapierbeutel hervor, ein rosa Parfümfläschchen, ihre weiße Zauberschale und ein schwarzes Essstäbchen. Sie pulte den Kristall von meinem Handy und ließ ihn in einen Krug mit Salzwasser plumpsen, den sie immer unter dem Schreibtisch stehen hatte.
Ich blickte den Korridor entlang zu Finns Büro. Es wurde Zeit, mich in die Höhle des Satyrs zu wagen. »Ist er da?«
Toni schüttelte den Kopf. »Nee. Ist mit einem Auftrag unterwegs.« Ich atmete erleichtert auf.
Sie nahm das rosa Fläschchen zur Hand und gab einen Tropfen davon in ihre Schale. »Und – hast du mir was zu sagen?« Sie richtete anklagend den Finger
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