Suesser Als Blut
bevor man stirbt?« Sie stieß den Atem aus. »Echte Angst oder Panik sind in diesen überzivilisierten Zeiten eine so seltene, so kostbare Ware.« Sie grinste gerissen. »Und wie jede Ware« – sie breitete die Arme aus, den ganzen Saal einschließend – »kann sie gekauft und verkauft werden.«
»Ach nee. Und jedem geht dabei einer ab«, bemerkte ich verächtlich.
»Genau.« Sie streckte erneut die Hand nach mir aus. »Willst du dich uns nicht anschließen?«
»Danke, ich passe.« Ich wandte mich zum Gehen. Hier kam ich nicht weiter, es gab andere Orte, wo ich mehr erfahren konnte. Ich wollte die Tür aufstemmen, aber anstatt auf Holz zu drücken, drückte ich auf nackte Haut. Rio hatte sich so schnell bewegt, dass ich es mit dem bloßen Auge nicht hatte sehen können. Sie stand mit ausgebreiteten Armen zwischen mir und dem Ausgang, die Hände rechts und links am Türstock abgestützt.
»Bleib bei mir, kleine Sidhe«, flüsterte sie.
Ich starrte meine Hand an, deren Handfläche auf dem V-Ausschnitt ihrer Bluse lag. Meine honigfarbene Haut wirkte bleich im Kontrast zu ihrer dunkleren Haut. Ich fühlte ihr Herz pochen. Jeder Schlag sandte eine winzige Schockwelle durch meinen Körper.
Mesmer.
Ich wollte meine Hand zurückziehen, konnte aber nicht. Die Vibrationen waren einfach zu köstlich.
Mein Hals war auf einmal wie zugeschnürt. Rio war weit stärker, als ich gedacht hatte.
Sie drängte sich näher an mich heran. Alles in mir wollte zurückweichen, aber ich widerstand dem Drang und ließ mich stattdessen an sie sinken, hob den Kopf und blickte in ihre Augen. Das Weiß darin war ebenso blau wie ihre Haare. Ihr Duft, Moschus, Minze und Lakritz, stieg mir betörend in die Nase. Ich schlang einen Arm um ihren Nacken.
»Was für eine Überraschung, kleine Sidhe«, schnurrte sie, und senkte den Kopf, die Lippen erwartungsvoll geöffnet. »Wer hätte das gedacht?«
Unser Lippen begegneten sich, behutsam zunächst, dann presste ich die meinen leidenschaftlich auf die ihren, vertiefte den Kuss. Ich spürte, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann, und fuhr mit meiner Zunge über ihre Lippen. Ihre Zunge schnellte gierig vor, sie schmeckte nach Kupfer, vermischt mit bitterem Pfefferminz. Ich löste meine Lippen von den ihren, die Hand noch immer auf ihrer Brust.
»Ist es das, was du willst, Rio?«, hauchte ich.
Sie ließ sich ein wenig nach vorn sinken, ohne jedoch dabei den Türstock loszulassen.
Meine Hand wanderte tiefer, berührte ihren zuckenden Bauch. »Bist du deshalb nach draußen gelaufen, um mich zu begrüßen?«
Sie stieß einen erstickten Laut aus.
Ich fuhr mit den Fingerspitzen in den Bund ihrer Hotpants. »Willst du mich deshalb nicht gehen lassen?«
Sie erschauderte, stieß keuchend den Atem aus.
Ich machte einen jähen Schritt zur Seite und streckte die Fußspitze vor, dann zerrte ich hart an ihrem Hosenbund. Sie geriet ins Stolpern, riss ihre Augen auf und taumelte mit rudernden
Armen nach vorn. Ich versetzte ihr einen kräftigen Hieb zwischen die Schulterblätter, und sie landete, das Gesicht voraus, auf dem Boden, schlug hörbar mit dem Kinn auf. Ich sprang auf ihren Rücken, packte sie bei den Oberarmen und presste sie mit meinem ganzen Gewicht auf den Boden.
»Oder wolltest du mir vielleicht was sagen?«, wisperte ich ihr ins Ohr.
Da begann das Geschrei.
Rüschenhemd hatte das mollige, kurvenreiche Mädchen erwischt und hielt sie von hinten umklammert. Das Publikum war wie gebannt, hingerissen von ihrer Angst. Ihre Gegenwehr erlahmte, und dicke Tränen rannen über ihre Wangen. Er wischte ihre Tränen sanft fort, dann hob er ihr Kinn, entblößte ihre heftig pochende Halsschlagader.
Rio lachte.
Er riss den Rachen auf, warf den Kopf zurück.
Shit! Es war Rio, die ihn kontrollierte.
»Er soll aufhören«, brüllte ich ihr ins Ohr.
Rüschenhemd erstarrte mit gefletschten Fangzähnen.
Rio wandte den Kopf, sodass unsere Gesichter sich fast berührten. »Psst, kleine Sidhe«, schnurrte sie, »du willst doch sicher nicht, dass er ihr wehtut, oder? Eine kleine Fehlkalkulation seinerseits und es gäbe einen tragischen Unfall. Aber sie hat natürlich die Verzichtserklärung unterschrieben, aus eigenem freiem Willen, das tun alle unsere Spezialgäste … dafür bürgt der Monitor-Goblin.«
Bluffte sie?
Als könne sie meine Gedanken lesen, flüsterte sie: »Unser pummeliges kleines Starlet steht bedauerlicherweise nicht unter dem Schutz des Earls – wie manch andere -, hat auch
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