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Süßer König Jesus (German Edition)

Süßer König Jesus (German Edition)

Titel: Süßer König Jesus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Miller
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Brust. Ich hatte vergessen, meinen BH wieder anzuziehen. Der Typ platzierte seinen Stoß, die Kugeln schossen in die Löcher.
    Alle hatten uns offensichtlich wahrgenommen, nur der Barmann ließ sich nichts anmerken. Irgendetwas unterhalb des Tresens beschäftigte ihn, Gläser spülen oder abtrocknen, ich konnte es nicht sehen. Schließlich nahm er meine Mutter zur Kenntnis, sie wechselten ein paar Worte, und dann kam sie zurück und stellte sich neben mich.
    »Sie war hier, aber sie ist weggegangen«, sagte sie.
    »Wohin?«
    »Mit jemandem mitgegangen. Er kennt ihn nicht.«
    »Wetten, dass er ihn kennt«, sagte ich. »Wetten, dass die sich alle kennen.«
    »Vielleicht ist er nur auf der Durchreise.«
    Wir gingen hinaus auf die Straße, schauten uns suchend um. Meine Mutter tat mir leid. Wahrscheinlich wäre sie viel lieber wieder katholisch, dann müsste sie nicht andauernd auf Gebetsteppichen knien und vom Ende der Welt reden.
    Ich setzte mich auf den Bordstein und streckte die Beine aus. Seit wir aus Montgomery abgefahren waren, hatte ich mich nicht mehr rasiert, und meine Beine waren haarig, vor allem an den Stellen, die man leicht übersah, um die Knie und die Knöchel herum.
    »Die Barhocker waren Klos«, sagte sie.
    »Klos?«
    »Auf kleine Podeste montiert.«
    »Ist mir gar nicht aufgefallen.«
    Die Tür ging auf. Das Pärchen, das Billard gespielt hatte, stellte sich zu uns. Plötzlich waren mir meine Brüste wieder bewusst. Für meinen Körperbau hatte ich große Brüste, und dafür schämte ich mich, weil die Jungs in meiner Klasse beschlossen hatten, dass große Brüste nicht attraktiv seien, Schellen eben, dass es scheppert . Der Mann zündete zwei Zigaretten an, gab eine der Frau. Sie hatte furchtbare Haut, und ihr Haar war zu einem traurigen Pferdeschwanz gebunden.
    »Wir suchen meine Tochter«, sagte meine Mutter und trat auf ihn zu.
    »Ist sie hübsch?«, sagte er, aber dann schien es ihm peinlich zu sein.
    »Sie ist ungefähr eins siebzig groß. Ich glaube, sie trägt einen Pferdeschwanz. Stimmt doch, oder?«, fragte sie mich.
    »Sie hat die Haare offen. Sie trägt ein ärmelloses Hemd mit Zuckerstangen drauf«, sagte ich und dachte daran, wie hübsch sie aussah in den knappen Shorts und dem knappen Hemd, ihre langen Arme und Beine.
    »War da«, sagte er.
    »Wissen Sie, wo sie hin ist?«, fragte meine Mutter.
    »Sie ist mit Jimmy weg.«
    »Wer ist Jimmy?«, fragte ich.
    Es entstand eine Pause, und dann sagte die Frau: »Was wollen Sie denn wissen über ihn?«
    »Sie sollten jede Minute zurück sein«, sagte der Mann.
    Ich betrachtete seine mit Tätowierungen übersäten Arme – lauter kleine, einzelne Zeichnungen, als hätte sie jemand an den Rand eines Notizbuchs gekritzelt. Ich hätte mich gern zu ihm gesetzt und sie mir, eine nach der andern, erklären lassen. Ich war sicher, dass jede einzelne etwas bedeutete. Trashige Leute haben Tattoos mit Bedeutung.
    »Der Barmann wollte sie nicht bedienen«, sagte die Frau.
    »Warum haben sie nicht dort drüben Bier geholt?«, fragte ich und zeigte auf die Tankstelle. Die Frau zuckte die Schultern. Ich bemühte mich zu gähnen, hoffte, es würde sie anstecken. Aber es brachte nichts. Am besten funktioniert es, wenn man in dem Moment gähnt, in dem man an jemandem vorbeiläuft, wenn die Person einen kaum bemerkt. Mir gefiel die Vorstellung, dass ich es an andere weitergab, die es dann an wieder andere weitergaben, so ginge mein Gähnen auf Reisen, über Staatsgrenzen hinweg.
    Meine Mutter begann heftig zu atmen, als würde sie gleich hyperventilieren, und ich dachte, ich sollte meinen Vater holen, er wüsste bestimmt, was zu tun sei, aber er hatte auch keine Ahnung. Er hatte sich einfach ins Bett gelegt und sich aus allem ausgeklinkt. Meine Mutter erregte sich immer heftiger, und der Mann versuchte, sie zu beruhigen, nannte sie »Ma-am«, versicherte, dass Elise jeden Moment zurückkäme. Er sagte, er kenne Jimmy, und Jimmy sei prima, ein feiner Kerl, der nichts tun würde, was sie in Gefahr brächte.
    »Setz dich hin, Mama«, sagte ich und nahm ihre Hand. Sie setzte sich so dicht neben mich, dass unsere Arme und Beine sich berührten. Sie war nicht zufrieden mit uns, und ich wollte alles, was ich konnte, tun, damit sie hier blieb, ich wollte sie halten. Irgendein Teil von mir hatte schon immer befürchtet, sie könnte gehen. Wenn ich mich danebenbenahm, wenn ich nicht lieb genug war, würde sie vielleicht zu dem Schluss kommen, wir wären die Mühe nicht

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