Süßer Pakt der Sünde (German Edition)
praktisch nur die
Bibel gelesen“, fiel Mary-Jo ein und errötete verlegen.
„Ah ja.“ Alex zog die Beine unter das
Kleid und setzte sich in den Schneidersitz. „Macht das bloß nicht vor Tante
Mimi. Oder schlimmer noch vor Mrs. Forbes“, warnte sie sie.
Dann holte sie ein kleines Notizbuch
hervor.
„Also Homer, Byron, und die ganze
Palette.“ Sie notierte eine schier endlose Reihe von Namen. „Ich hoffe, ihr
lest schnell. Oder einer kann vorlesen und der Rest hört zu.“
Nach einer Ewigkeit blickte sie wieder
auf.
„Sticken, Nähen, Stopfen?“
Nicken.
„Tanzen?“
Kopfschütteln.
„Haushaltsführung?“
Wieder Kopfschütteln.
„Benimm-Unterricht?“
Wieder Kopfschütteln.
„Reiten?“
Sie notierte jedes weggeschüttelte
Wort. „Oh, das wird mehr Arbeit als erwartet. Hast du es gut, Henrietta, du
hast wesentlich mehr Zeit als die anderen.“
Dann klappte sie das Notizbuch
zusammen.
„Also gut, fangen wir gleich morgen
an. Wenn morgen die Schneiderin kommt, überlasst ihr am besten alles Frances. Ihre Talente machen ihr großes Mundwerk
wieder wett. Dann werden wir“, sie blickte bedeutungsvoll zu Annabelle. „Eine
Gouvernante aussuchen, es sind drei in der näheren Auswahl, ich möchte, dass du
sie mit aussuchst, schließlich kennst du deine Schwestern am besten.
Jetzt möchte ich erst mal eure
Tischmanieren sehen, es ist aufgetragen.“
Sie stand auf und auch die Mädchen
erhoben sich.
Gemessenen Schrittes gingen sie durch
die Galerie zur Treppe, doch während die Mädchen mit Frances schon
hinabstiegen, hielt Annabelle Alex auf.
„Miss Alex, das ist alles ganz
phantastisch, aber erlauben Sie mir eine Frage.“
Alex bedeutete ihr, fortzufahren.
„Wer bezahlt das alles? Ich weiß,
dass Edward sich das nicht leisten kann.“
Alex zog sie am Arm wieder die
Galerie hinauf. „Haben Sie das ihren Schwestern erzählt?“
„Himmel, nein!“
„Gut. Wir sollten sie nicht unnötig
beunruhigen.“ Alex schwieg eine Weile. „Ihr Bruder… sagen wir, ich trage eine
Schuld ab.“
Annabelle sah ihr leichtes Erröten.
Wie interessant.
„Nun, aber was passiert, wenn ihre
Schuld abgetragen ist? Kleider, Unterricht, das alles verschlingt doch
Unsummen!“
„Oh, machen Sie sich keine Sorgen um
das Geld. Dank ihrem Bruder bin ich nach wie vor unabhängig und ich verdiene
verdammt viel Geld. Für mich ist das eine gewaltige Schuld. Diese ‚Unsummen‘
sind halb so wild. Mimi wird ihren Spaß haben, euch zu unterrichten.“
„Wie verdienen Sie denn Ihr Geld?“,
fragte Annabelle neugierig.
„Oh, Aktien, Stahlindustrie, einige
speziellere Projekte. Sagen Sie, haben Sie einen Kopf für Zahlen?“
Annabelle nickte.
„Wenn es recht ist, werde ich Ihnen
Mr. Pierce vorstellen. Er wird Sie sicher eher fordern als der Hauslehrer der
Mädchen.“
„Hauslehrer?“
„Nun, Sie und Ihre Schwestern müssen
noch einiges aufholen. In einem Institut wären sie völlig hinterher, was
ungeeignet wäre und außerdem äußerst schädlich für Ihren Ruf. Nein, ein
Hauslehrer kann euch besser beibringen, was ihr wirklich wissen müsst.
Wenn er euch nicht zusagt, suchen wir
einen neuen. Aber wenn Sie ein Talent für Zahlen haben, sehe ich keinen Grund
das an einfache Dinge zu verschwenden.“
„Nun gut. Ich muss gestehen, das ist
alles zu schön um wahr zu sein, also werden wir es – vorerst – genießen.“
„Fein.“ Alex drehte um und sie gingen
wieder auf die Treppe zu.
„Noch was.“
„Sagen Sie’s einfach.“
„Ich nehme an, die Saison dient dem
Zweck Ehemänner für uns zu finden.“
„Oh, nun ja, ich denke schon.“
„Und wenn wir nicht den richtigen
finden?“, fragte Bella ängstlich.
Alex verstand auf Anhieb und grinste.
„Oh, dann könnt ihr hier bleiben und für mich arbeiten. Ich denke, Thornhill
hat durchaus verstanden, dass wir keine Kupplerinnen sind.“
Annabelle atmete erleichtert aus.
„Und das hier ist Ihr Zuhause?“
Alex runzelte die Stirn. „Mehr oder
weniger“, sagte sie dann.
Annabelle hob die Augenbrauen.
„Nun, meine Eltern leben nicht mehr
und nach ihrem Tod habe ich mich bei Mimi immer am wohlsten gefühlt. Aber einen
Großteil meiner Zeit bin ich mit Mr. Pierce unterwegs. Frances bleibt dann
meist bei Mimi, da sie das Reisen nicht so gut verträgt und solange ich nur
geschäftlich unterwegs bin, brauche ich sie eigentlich nicht.“
„Sie reisen mit einem Mann, ohne
Begleitung?“, fragte Annabelle entsetzt.
„Nun, ja“, gab Alex zu.
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