Süßer Pakt der Sünde (German Edition)
die unerwartete
Wendung nach.
Gerade noch waren sie verarmte Kinder
gewesen, die praktisch vor dem Nichts standen, und jetzt plötzlich hatten sie
so etwas wie eine Familie. Tante Mimi war eine wirklich freundliche Frau, die
auch sehr mütterlich war. Sicher würde sie den jüngeren gut tun, denn die
hatten ihre Mutter kaum kennengelernt. Selbst Bella konnte sich kaum an ihre
Mutter erinnern, wie sollten dann die anderen es. Eine Mutter für sie, das wäre
herrlich.
Bella selbst war eigentlich schon zu
erwachsen für eine neue Mutterfigur, sie fand Alex und Frances aber sehr nett.
Sicher wäre es schön, Freundinnen zu haben, die ungefähr in ihrem Alter waren,
auch wenn die beiden deutlich älter als sie selbst waren, fühlte sie sich doch
von ihnen verstanden.
Mrs. Forbes war ihr einfach nur ein
Rätsel. Sie war so still und doch leuchteten ihre Augen intelligent. Mit Mimi,
Alex und Frances schien sie sich wortlos zu verständigen. Und obwohl sie diese
kleinen Geräusche machte, schien sie absolut nicht bösartig zu sein. Als
Frances sie begrüßte hatten ihre Augen vor Liebe und Stolz nur so geleuchtet.
Sie fragte sich, ob Edward gewusst
hatte, wohin er sie schickte. Nicht, dass hier etwas schieflief, aber ein wenig
seltsam war dieser Haushalt schon. Die Herrschaften speisten mit dem Personal
und alles war unerwartet familiär. So richtig zum Wohlfühlen, aber doch so
anders als sie es von einem sogenannten ehrbaren Haus erwartet hatte. Selbst
die stumme Mrs. Forbes strahlte mehr Wärme aus als die angeblich frommen Schwestern
im Stift.
Sie wünschte sich, Edward wäre auch
hier. Sie hatte ihren Bruder schon ewig nicht mehr gesehen, sie hatte ihn als
stürmischen Halbwüchsigen in Erinnerung. Ein großer Bruder, zu dem man gern
aufschaute. Sie hoffte bloß, dass er so geblieben war und nicht ihrem Vater
nachgeraten war. Sie zuckte zusammen. Es war Sünde, schlecht über Tote zu reden
oder zu denken, besonders wenn es der eigene Vater war. Aber wenn sie ehrlich
war, hatte sie schon sehr früh erkannt, dass ihr Vater in Geschäftsdingen
schlicht unfähig gewesen war. Die einfachste Zinsrechnung überstieg seinen
Horizont. Und anstatt sie ihm helfen zu lassen, hatte er sie in diesen
schrecklichen Konvent geschickt. Als Mädchen waren sie in seinen Augen zu
Nichts nütze.
Nein, hoffentlich war Edward der
Junge geblieben, den sie als Kind gekannt hatte.
Mitten in der Nacht dann ging
plötzlich die Tür und Bella fuhr panisch auf. Bitte kein Nachtgebet, flehte sie
stumm.
Doch es war nur Henrietta, die in
einem viel zu langen Nachthemd, ihre Decke wie einen Umhang über der Schulter
und ihr Kissen unter dem Arm, zu ihr kam. Bella atmete erleichtert aus. Dass
Henrietta ein wenig verängstigt war, in einem fremden Zimmer aufzuwachen und
allein noch dazu, konnte sie verstehen.
„Bella?“, wisperte das Mädchen und
Bella rutschte Wortlos ein Stück zur Seite, um ihr Platz zu machen. Rasch war
Henrietta auf das Bett geklettert und machte es sich bequem.
Bella dachte ironisch, dass das nicht
gegangen wäre, wenn das Bett nicht so unverschämt groß wäre. Das erste Mal seit
langem schliefen sie überhaupt in einem richtigen Bett und nicht auf einer
Pritsche. Sie hatte ein eigenes Zimmer, Kleider, die nicht kratzten, sie war
sauber und satt. Es war fast schon zu viel, zu schön.
„Sie ist nett“, erklang Henrietta
neben ihr.
„Wer?“
„Na Tante Mimi. Sie schimpft nicht
mit mir und lacht viel.“
„Ja, ich finde sie auch nett“,
stimmte Bella zu. Sie betete inbrünstig , dass dieser
Eindruck nicht täuschte.
„Und Miss Alex ist auch nett.“
„Ich denke schon.“ Auch wenn sie aus der
Frau nicht wirklich schlau wurde.
„Und Mrs. Forbes… Alex sagt, du musst
auf ihre Augen hören.“
Bella schmunzelte.
„Aber Frances, die ist wirklich frech.“
„Das ist sie. Schlaf jetzt, Kleines.“
„Ich bin nicht klein“, murrte Henrietta,
war aber schon fast im selben Moment wieder eingeschlafen.
Bella
starrte noch lange an die finstere Decke.
Kapitel
6
Juni
Edward wusste kaum, wo er anfangen
sollte.
Nachdem er im ganzen Haus die Bücher
zusammen gesammelt hatte, hatte er versucht, durch die Zahlenkolonnen zu
steigen, aber er wurde einfach nicht schlau daraus. Endlose Reihen von Zahlen,
die einfach keinen Sinn ergeben wollten, verschwammen vor seinen Augen. Am
liebsten hätte er einen Buchhalter angeheuert, verwarf den Gedanken aber
wieder.
Er vertraute nicht darauf, dass ein
Buchhalter
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