Süßer Tod
nicht darum gebeten. Allerdings erklärte ich mich mit ihren Bedingungen einverstanden.« Er lachte bitter. »Wahrscheinlich war ich etwas zu großzügig, was die Zeit und den Raum anging, die ich ihr einräumte.«
»Was ist passiert?«
»Ich mietete die Hütte an und fuhr immer öfter für ein paar Tage heraus. Jay nutzte die Gunst der Stunde.« Wieder sah er kurz zu Britt hinüber, deren Lippen sich überrascht geteilt hatten. »Nicht genug, dass er jede Frau dazu bringen konnte, ihm süße Worte ins Ohr zu blasen – oder ganz andere Dinge zu blasen«, ergänzte er gehässig. »Er musste auch Hallie haben.
Er hatte sich immer wieder beschwert, sie sei die einzige Frau in Charleston, die er wirklich haben wollte und nicht haben konnte. Sie glaubte, er wollte sie nur aufziehen. Ich Trottel dachte das auch. Keine Spur. Er nutzte es schamlos aus, dass ich weit weg und sie so verletzlich war, und sie …«
Es hatte Raley tief getroffen, wie schnell und leicht Jay ihn damals in Hallies Herzen und Hallies Bett ersetzt hatte. Noch nach all den Jahren verletzte es ihn und machte ihn rasend vor Zorn. »Vielleicht war sie schon immer scharf auf ihn gewesen. Jedenfalls schickte sie den Verlobungsring per Post an meine Eltern. Ich sagte ihnen, sie könnten ihn wegwerfen, verkaufen oder dem nächstbesten Obdachlosen schenken. Mir war das egal.«
Eine Weile war im Wagen nur das Surren der Reifen auf dem Asphalt und das Ticken der Digitaluhr im Armaturenbrett zu hören. Er konnte nicht einschätzen, ob Britt Angst hatte, etwas Falsches zu sagen, ein Reizwort vielleicht, das ihn explodieren lassen würde, oder ob sie über das nachsann, was er erzählt hatte.
Vielleicht rechnete sie den zeitlichen Ablauf nach und versuchte herauszufinden, ob Jay sie damals umworben hatte, während er noch mit Hallie schlief. Jedenfalls sprach sie während der nächsten Meilen kein Wort.
Schließlich sagte er: »In fünf Minuten sind wir am Flugfeld. Sie sollten sich lieber überlegen, was Sie der Polizei erzählen wollen, und vor allem sollten Sie Ihren Anwalt anrufen, bevor Sie mit den Detectives reden.«
Sie nickte gedankenverloren. »Hat Jay Sie deshalb aus der Stadt getrieben? Falls er es wirklich getan hat, meine ich. Wollte er sichergehen, dass Sie auf seiner Party mit Suzi ins Bett gehen, damit er Hallie haben konnte? Und ist dann alles schiefgelaufen?«
Sie grübelte weiter laut nach. »Jay konnte nicht ahnen, dass Suzi eine Überdosis nehmen und in seinem Gästezimmer sterben würde. Eigentlich wollte er Sie nur mit runtergelassenen Hosen erwischen, während Hallie verreist war, und dann dafür sorgen,
dass sie davon erfährt, damit er sich an sie heranmachen konnte.«
»Jay würde sich für keine Frau solche Umstände machen. Nicht mal für Hallie.«
»Trotzdem glauben Sie, dass er alles arrangiert hat, damit Sie neben Suzi im Bett aufwachen.«
»Neben der toten Suzi.« Sie sah ihn mit ungläubig aufgerissenen Augen an. Er sah wieder nach vorn und nickte. »Ja, Britt. Jay hatte das alles geplant. Er hat Suzi eingeflüstert, was sie zu mir sagen sollte, etwa dass sie auf rote Hosenträger stehen oder dass sie meinen Beruf besonders männlich finden würde. Er wusste, dass sie mehr brauchen würde als große Titten und lange Beine, um mich ins Bett zu bekommen.«
»Also hat sie Ihnen einen Drink mit K.-o.-Tropfen serviert.«
»Den ihr Jay mitgegeben hatte. Hundertprozentig. Nachdem er mich in eine eindeutige Situation gebracht und die Kondome gesichert hatte, die meinen Fehltritt belegten, sorgte er dafür, dass sie genug Kokain schnupfte, um daran zu sterben.«
»Raley…« Sie schüttelte langsam den Kopf. »Sie bezichtigen Ihren ältesten Freund des Mordes.«
»Ja.«
»Warum sollte Jay so etwas tun? Warum?«
»Weil es nicht genügt hätte, dass ich mich betrank und mit Suzi Monroe ins Bett stieg. Damit hätte ich mir persönliche Probleme eingehandelt und wahrscheinlich Hallie verloren, aber andere Bereiche meines Lebens wären davon unberührt geblieben.
Doch dass Suzi an einer Überdosis Kokain starb, während sie mit mir im Bett lag, war schlimm genug, um mich zu ruinieren. Wenn so etwas passiert und man sich nicht einmal verteidigen kann, weil man jede Erinnerung verloren hat, kann das ein ganzes Leben zerstören. Damit kann man jemanden lahmlegen. Und damit auch alles, woran der Betreffende gearbeitet hat.«
Er bremste an einer querenden Landstraße und schaute sie an.
Nach ein paar Sekunden sah er ihre Augen
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