Suesses Gift Der Liebe
Hand hielt er ein Billardqueue. Beide Männer hatten ihre Abendjacketts abgelegt, die Krawatten gelockert und die Hemdsärmel aufgerollt.
»Was zum Teufel treibt ihr beiden hier?«, fragte Caleb. »Ich hätte gedacht, ihr wäret im Ballsaal unentbehrlich.«
»Leona und Venetia bewiesen Mitgefühl und gönnten uns eine Pause, während sie sich einigen älteren Damen widmen«, sagte Thaddeus.
»Ein Glas Port ist eine ausgezeichnete Idee.« Caleb ging auf sie zu. »Ebenso eine Partie Billard. Ich nehme an, es geht um etwas Interessantes?«
Thaddeus und Gabe wechselten undeutbare Blicke.
»Du hast mit uns seit Monaten nicht mehr Billard gespielt«, sagte Gabe.
»Ich war beschäftigt. Für Billard war keine Zeit.« Caleb legte sein Jackett ab, das er über eine Stuhllehne hängte. »Wie hoch ist der Einsatz?«
Wieder sahen Gabe und Thaddeus einander an.
»Du spielst nie um einen Einsatz«, sagte Gabe. »Das hängt wohl mit der Unabwägbarkeit zufälliger Chancen zusammen, glaube ich.«
»Billard ist kein Glücksspiel.« Caleb ging zum Ständer an der Wand und wählte ein Queue aus. »Ich habe nichts gegen einen gelegentlichen Einsatz, wenn ich die Chancen einschätzen kann.«
»Sehr gut.« Thaddeus sah Caleb über den Tisch hinweg an. »Sagen wir hundert Pfund? Schließlich ist es nur ein Freundschaftsspiel zwischen uns Vettern.«
»Sagen wir tausend«, sagte Caleb. »So wird das Spiel noch freundschaftlicher.«
Thaddeus grinste. »Du bist so siegessicher?«
»Heute Nacht kann ich nicht verlieren«, erwiderte Caleb.
Einige Zeit später stellte Caleb das Queue in den Ständer zurück. »Danke, liebe Vettern. Das war ein belebendes Zwischenspiel. Und jetzt entschuldigt mich. Ich muss Lady Milden suchen, und dann geht es nach Hause. Ich muss früh aufstehen.«
»Wegen deiner Ermittlungen?«, fragte Thaddeus.
»Nein. Wegen des Frühstücks.«
Gabe stützte sich auf den Tisch. »Seit Monaten spielst du nicht mehr Billard, und jetzt hast du jedem von uns tausend
Pfund abgeknöpft. Was machte dich so sicher, dass du gewinnen würdest?«
Caleb nahm sein Jackett von der Stuhllehne und schlüpfte hinein. »Ich hatte das Gefühl, das Glück wäre mir gewogen.« Er wollte zur Tür.
»Noch eines, ehe du gehst, Vetter«, sagte Gabe.
Caleb blieb im Eingang stehen und blickte über die Schulter. »Was ist?«
»Ehe du in den Ballsaal zurückgehst, tätest du gut daran, die getrockneten Blätter vom Rücken zu streifen«, sagte Thaddeus mit unbewegter Miene.
»Sind das zerdrückte Blumen in deinem Haar?«, setzte Gabe hinzu. »Ich bin fast sicher, dass sie in dieser Saison für Gentlemen nicht in Mode sind.«
19. KAPITEL
Mrs Shute öffnete die Tür des Stadthauses, ehe die Kutsche ganz angehalten hatte. Mit Nachthaube und Umschlagtuch angetan lief sie in einer Hand Lucindas schwarze Ledertasche haltend die Stufen hinunter. Im Schein der nahen Gaslaterne konnte Lucinda die Angst in ihrer Miene sehen.
»Ach, endlich, Miss Bromley«, sagte Mrs Shute. »Ich dachte, Sie würden viel früher nach Hause kommen. Ich hätte Ihnen Nachricht geschickt, doch es war niemand da, der sie zu so später Stunde überbracht hätte.«
»Um was geht es denn?«, fragte Lucinda rasch.
»Um meine Nichte in der Guppy Lane«, sagte Mrs Shute. »Vor einer Stunde verständigte sie mich, dass Harry, der kleine Nachbarsjunge, hohes Fieber hat und kaum Luft bekommt. Seine Mutter ist außer sich vor Angst.«
»Ich fahre sofort hin«, sagte Lucinda beruhigend. »Geben Sie mir die Tasche.«
»Danke, Ma’am.« Die sehr erleichterte Mrs Shute übergab ihr die Tasche und trat zurück. Dann hielt sie mit leichtem Stirnrunzeln inne. »Ihr Haar, Ma’am. Was ist damit passiert?«
»Ein Unfall«, sagte Lucinda spröde.
Shute ließ die Zügel schnalzen, und der Wagen schoss in die neblige Nacht. Lucinda machte Licht, öffnete die Tasche
und nahm eine rasche Bestandsaufnahme des Inhalts vor. Alle üblichen Fläschchen und Päckchen waren vorhanden, auch die Zutaten für den Dampf, den sie für Lungenstauungen bei Kindern anwendete. Wurde etwas Ausgefalleneres benötigt, konnte Shute es rasch holen.
Befriedigt, dass sie alles bei sich hatte, lehnte sie sich zurück und betrachtete die gespenstische Szenerie, die an ihr vorüberzog. Gebäude und andere Fahrzeuge tauchten kurz im Nebel auf, ehe sie wieder verschwanden. Treibende Nebelschwaden dämpften Hufgeklapper und Räderrollen.
Der Ruf aus der Guppy Lane hatte das Gefühl der Unwirklichkeit
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