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Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman

Titel: Süßes Gift und bittere Orangen: Historischer Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Rudschies
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Ihr es getan, Baumeister?«
    Überreiter zögerte nicht.
    »Ja, war doch abgemacht, oder?«
    Langhahn pfiff leise durch die Zähne und verschwand so schnell, wie er erschienen war.

12

    Der neue Dürnitz hatte schon lange keine so ausgelassene Feier mehr gesehen. Verantwortlich dafür waren nicht nur Ecks Kehlheimer Claret aus dem Einweihungsfass, die Gaukler und die Musik, sondern auch ein sogenannter Götterwein von Claudio Soldani. Der schwere rote Burgunder, in dem Apfel- und Zedratzitronenscheiben schwammen, schmeckte wahrhaft himmlisch nach Honig, Nelken und Orangenblütenwasser. Herzog Ludwig ließ sich das Geheimnis der herben, warmen Note unter dem blumigen Geschmack verraten: Rautenblätter für den freien Magen und Moschus. Ein ekstatisches Raunen lief über die Tische. Mit diesem Duft aus den Drüsen eines asiatischen Hirsches oder einer äthiopischen Schleichkatze tranken die Anwesenden Becher purer Liebesglut. Umso gieriger verschlangen sie die inzwischen heiß begehrten Speisen des Signor Soldani, die Artischocken an erster Stelle. Wegen der Fastentage hatte er auf die sonst so geliebten Rindermarkscheiben verzichtet und seine Distelherzen einfach in Baumöl und Weißwein mit Rosinen, Zitronenscheiben und Muskatblüten gekocht. Der für gewöhnlich eher verschmähte Fenchel – er wuchs ganz bescheiden am Rand der Weingärten, die die Trausnitz umgaben – paarte sich mit fein gewürfelten Zedratzitronen und Apfelsinen, von leuchtendem Baumöl gesegnet: wie die Ehe eines Bauernmädchens mit einem Prinzen. Ein Pasta asciutta-Gericht – dieses Mal, auch wegen der Fastenzeit, Maccheroni nach Art der Dominikanerklöster – füllte gleichzeitig angenehm die leer gespülten Mägen. Seine Soße aus braunen Pilzen, der Farbe der Bettlerorden, Petersilie, Knoblauch und Sardellen bildete die Brücke zu den folgenden Gängen. Bei der Jerusalemspeise, einer goldenen Pastete gefüllt mit Forellen und Äpfeln in Mandelmilchreiscreme, bekreuzigte sich die Festgesellschaft abermals.
    Der Hofkaplan Johannes Landsberger sprach mit bebender Stimme ein Dankgebet, während Sabina vergeblich versuchte, drei völlig betrunkene Hofzwerge zu einem Moment der Stille zu zwingen. Nach dem Gebet wurde eine Weile mit etwas mehr Andacht gegessen. Dazu verleiteten die Gäste die Fischspeisen, nämlich die falschen Rehbraten, die kalten Karpfen mit Mandeln und Weinbeeren sowie die Schildkröten in Kräutersoße.
    »Die ganze Mühe hat sich gelohnt, nicht wahr, Kind?«, meinte Sabina zufrieden zu Anna Lucretia. »Dein Vater war seit Monaten nicht frischer und fröhlicher. Er stopft sich nicht voll mit all dem, was auf den Teller kommt. Das Fräulein von Weichs zieht keine saure Miene. Der Baumeister sitzt dort lustig und satt, auch dein Verlobter macht einen glücklichen Eindruck. Allen schmeckt es, alle haben reichlich zu essen. Wären da nicht diese betrunken grölenden Zwerge und die Sorge um meinen Sohn, so könnte ich mich endlich ruhiger fühlen. Schau! Sogar der Langhahn, dieser kalte Fisch, sieht beinah zufrieden aus.«
    Anna Lucretia lächelte. Es gehörte zu den Pflichten des Soßenkochs, bei einem Festmahl seine Schöpfungen selbst zu servieren. Den Tischgenossen des Herzogs gefiel die Soße nach alter Art derart gut, dass sich der keuchende Rothaarige vor Komplimenten kaum retten konnte. Der Hofmeister von Praitenpach, ein passionierter Jäger wie Ludwig auch, interessierte sich besonders für den falschen Rehbraten.
    »Wie habt Ihr das bloß angestellt, Meister Sebastian, dass Eure Schwarzpfeffersoße fast wie eine Wildsoße schmeckt?«
    »Ich habe in der Karpfenbrühe die Haut von einem Räucheraal mitkochen lassen. Das gibt das Speckaroma. In der Brühe habe ich geröstetes Roggenbrot eingeweicht. Da wird sie noch ein Stück kräftiger als mit den Semmeln. Dann kommen Rotwein und Rotweinessig dazu, viel schwarzer Pfeffer, versteht sich, Kümmel und Ingwer, ganz am Ende noch Tannenhonig.«
    Praitenpach nickte anerkennend mit seinem breiten, roten Kopf.
    »Bemerkenswert. Mir kommt es vor wie ein Wildpfeffer.«
    »Das wollten wir auch, Hofmeister«, mischte sich die Herzogin ein, während Langhahn weiteren Personen auftischte. »Es wird Euren Leuten bestimmt gut bekommen.«
    »Gewiss, Ihro Durchlaucht.« Praitenpach deutete eine Verbeugung vor Sabina an. »Habt Dank. Dieses Wunder ist auch Euer Werk.«
    Die üppige Weißenfelderin nahm diese Gelegenheit wahr, um die Herzogin wieder gnädig für sich zu stimmen.
    »Der

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