Sukkubus 02 - One Way Ticket in die Hoelle
ich wachte über die Menschen und ließ das göttliche Licht auf sie niederstrahlen.«
»Ich habe sie alle geliebt«, sagte ich, während ich mich an durchwühlte Laken, verschwitzte Körper und hungrige Küsse erinnerte.
»Ganz gleich, wer sie waren«, stimmte mir der Engel zu. »Ganz gleich, was sie einst gewesen waren.«
»Ich gab ihnen das Gefühl, geliebt zu werden, und dann führte ich sie in die Hölle.«
»Ich half ihnen, das wahre Licht zu erkennen und den Pfad der Rechtschaffenheit zu wählen, der in den Himmel führt.«
»Und dann veränderte sich alles.«
Sie nickte traurig. »Alles.«
»Vorher ergab alles einen Sinn«, sagte ich erneut, die Hand zur Faust geballt. »Das Einzige, was ich noch mit Sicherheit weiß, ist, dass ich Paul liebe, dass ich ihn wirklich hebe. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als mein Leben mit ihm zu teilen.«
»Das ist ein guter Wunsch.«
»Und nun haben sie meine Freundin und wollen, dass ich wieder zu etwas werde, das ich nicht sein kann. Warum können sie mich nicht einfach in Ruhe lassen?« Meine eigenen Worte dröhnten mir in den Ohren, als ich schrie: »Warum gibt mich die Hölle nicht frei?«
Falls der Engel die Antwort kannte, behielt er sie für sich.
»Vielleicht sollte ich wirklich zurückgehen«, sagte ich matt. »Ich bin sowieso gerade dabei, die Sache mit Paul gründlich zu ve r geigen. Vielleicht sollte ich ihn verlassen, bevor es noch schlimmer wird.«
»Wieso vergeigst du es denn?«
»Er will, dass ich mit dem Tanzen aufhöre.« Ich öffnete meine Faust und ließ meine Hand schlaff’ herabhängen, besiegt. »Schlimmer noch. Er will, dass ich jemand bin, der ich nicht sein kann.«
»Hat er das gesagt?«
Ich biss mir auf die Lippe. »Er hat gesagt, er will, dass ich mit dem Tanzen aufhöre.«
»Und?«
Ich sah Paul vor mir, seine grünen Augen aufgewühlt, seine verführerischen Lippen zu einer schmalen Linie zusammeng e presst … »Und dass ich tun soll, was ich tun muss.«
»Und?«
… Paul, der seine Hand nach mir ausstreckt, als er mir sagt, dass ich zu ihm nach Hause kommen soll … »Und dass er mich liebt.«
»Er liebt dich, Jesse Harris. Er sorgt sich um dich. Verblasst dagegen nicht alles andere? Hält die Aussicht, diese Liebe mi t einander zu teilen, nicht endlose Möglichkeiten bereit?«
Ich seufzte. »Mal abgesehen von dieser Sache mit dem nicht mehr tanzen …«
»Jemanden zu lieben bedeutet, einen Teil seiner selbst zu o p fern.«
Ein kalter Wind schlug gegen mein Herz. »Du willst mir also sagen, ich soll aufhören zu tanzen?« Aufhören, mich im Scheinwerferlicht zu sonnen, aufhören, mir im Rhythmus der Musik die Kleidung vom Körper zu schälen, während sie meine Haut liebkost?
Aufhören, ich selbst zu sein?
»Wenn Liebe einfach wäre«, sagte der Engel, »dann würde niemand hassen.«
Mist.
Mein Kopf hämmerte einen Rhythmus, der meine Zähne erzi t tern ließ.
Selbstmitleid kombiniert mit Kater.
Doppelmist.
»Na komm schon.« Der Engel zupfte mich am Ärmel. »Wir b e sorgen dir ein Taxi.«
»Du musstest mich echt nicht nach Hause bringen.«
Während ich in meiner Handtasche nach meinem Haustü r schlüssel kramte, zuckte der Engel nur mit den Schultern. »Ich wollte, dass du sicher zu Hause ankommst. Du warst ziemlich stark alkoholisiert.«
Ich warf ihr einen bösen Blick zu. »Ich habe meine gesamte Alkoholisierung auf den Gehweg der Park Avenue South g e kotzt.«
»Du schienst mir nicht gerade in allerbester Verfassung zu sein.«
»Naja, aber jetzt bin ich ja zu Hause. Und du kannst abzockeln und dich dahin begeben, wo du für gewöhnlich deinen Heil i genschein aufhängst.« Scheiße, wo steckte nur dieser verdammte Schlüssel?
»Weißt du, ich hab gar keinen.«
Ich warf ihr einen Blick zu und fragte mich, ob sie von einem Schlüssel redete. »Was?«
»Einen Heiligenschein. Diese Ehre gebührt allein den Ser a phim.«
Interessant – im Sinne von: Wen interessiert’s? »Und ich dachte immer, das wäre so eine Art Modestatement.«
»Engel bekommen einen Heiligenschein verliehen, sobald sie sich das Anrecht auf einen Namen verdient haben.« Ihre blauen Augen funkelten mit einer Leidenschaft, die man sonst nur von Fernsehpredigern und Bibelfanatikern kennt, und ihre blasse Haut schien zu leuchten. Vielleicht lag das aber auch nur an dem grellen Neonlicht hier im Hausflur. »An jenem gelobten Tag werden sie in den Stand der Seraphim erhoben, und die Himmel werden frohlocken.«
»Warte mal. Du hast
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