Sukkubus 02 - One Way Ticket in die Hoelle
Fell vom Wasser befreit. »Verschont mich. Egal, auf welcher Realitätsebene man sich auch befindet, ihr Frauen seid doch alle gleich. Es geht immer nur um Klamotten. Wenigstens hast du nicht gefragt, ob die Gestalt dich fett macht.«
Ich riss die Augen auf. »Du findest, ich sehe fett aus?«
»Du siehst saftig aus«, sagte Angel.
Argh. »Saftig im Sinne von zum Anbeißen oder saftig wie in: Heilige Scheiße, bei der wäre aber dringend mal eine mehrta u sendjährige Entsaftungskur angesagt?«
Dauns Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. »Saftig im Sinne von: Lass uns Körpersäfte austauschen.«
Ich strahlte. Daun fand einfach immer die richtigen Worte.
»Na komm, Baby. Die Party kann beginnen.«
Ich warf einen letzten Blick auf die Äußerlichkeiten meines bisherigen Lebens. Vor mir am Boden lag mein nackter, abg e streifter Körper. Leer. Das goldene Armband funkelte am Handgelenk meiner Leiche und verlieh ihr die Illusion von L e ben. Lieber Himmel, mein menschlicher Körper sah so ze r brechlich aus wie eine Sexpuppe aus Porzellan. Menschen konnten so leicht sterben – an einem Genickbruch, einer ze r schmetterten Wirbelsäule, Krankheiten. An gebrochenem He r zen. War das der Grund, weshalb ihre Körper so intensive Lust empfinden konnten? Sozusagen zum Ausgleich dafür, dass sie so zerbrechlich waren, dass sie so mir nichts, dir nichts ausgelöscht werden konnten?
Angel hatte eine Hand auf die Stirn meines Körpers gelegt; ihre andere Hand ruhte auf Pauls Brust. Ich ging zu ihm hin, kniete mich an seine Seite. Als ich versuchte, ihm das Haar aus den Augen zu streichen, glitt meine Hand durch seine Stirn hindurch. Mist. Das einzige Wesen, was ich jetzt noch berühren konnte, war Daun, weil er mit meiner Seele verbunden war. Für jeden und alles andere war ich nicht mehr als ein Hauch, eine Ande u tung. Nicht der Rede wert.
Merke: Ein Geist zu sein war echt zum Engelsfedem raufen.
Ich beugte mich hinunter und gab Paul einen Kuss, indem ich so tat, als würde ich seine Lippen unter den meinen spüren. Ich werde dich retten, Liebling. Ich verspreche es.
Dann richtete ich mich auf und schlang meine Arme um den Engel, in einer Pseudoumarmung. Während sie mir alles Gute wünschte und einen (autsch!) Segen aussprach, flüsterte ich ihr ins Ohr (besser gesagt, flüsterte ich in ihrem Ohr, denn ich schoss übers Ziel hinaus und steckte mit meinem Mund halb in ihrem Kopf): »Wenn wir weg sind, dann nimm mir das Armband ab und leg es Paul um.«
Sie öffnete den Mund, vielleicht um mir zu widersprechen, vielleicht um mir beizupflichten, aber ich versiegelte ihre Lippen mit einem luftigen Kuss. Als ich mich entfernte, meinte ich, e i nen Hauch von Pfefferminz und Gold auf den Lippen zu schmecken.
»Lebe wohl«, sagte sie in dem enthusiastischen Tonfall eines Arztes, der gerade den Tod eines Patienten feststellt.
Sieh mal an, sie wollte mich wohl aufmuntern. Ich lächelte sie strahlend an. »Bis bald, Angel.«
Mit einem letzten Blick zurück – auf Paul, auf meinen Körper, auf die realen Erinnerungsstücke meines Lebens – wandte ich mich Daun zu. »Na schön, Süßer, dann lass uns mal zur Hölle fahren.«
»Baby«, erwiderte er, während er mir über die Wange strich, »das ist Musik in meinen Ohren.«
Sich zwischen verschiedenen Ebenen hin und her zu bewegen fühlt sich ein bisschen so an, wie in ein Schwimmbecken voll Gleitgel zu springen – es tut nicht weh, aber einen Moment lang fühlt es sich furchtbar glibberig an, wenn sich die eigene Gestalt zwischen zwei Dimensionen befindet. Man ist über und über mit der schlabberigen Masse widerstreitender Realitäten bedeckt, und man stinkt nach Sex. (Naja, Letzteres trifft vermutli ch nur auf Verführer zu. Aber egal.)
»Auf geht’s, Baby.« Daun nahm mich bei der Hand und half mir in die Hölle einzutreten, und plötzlich schlug mir eine ungeheure Hitze ins Gesicht. Selbst an einem kühlen Tag brachte es die Hölle auf rund eintausendsiebenhundert Grad. Die empfindl i chen Härchen in meiner Nase kringelten sich und fielen ab; die feinen Härchen auf meinem Gesicht, meinen Armen und meinem Bauch kräuselten sich. Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn und auf meinen Brüsten, nur um nächsten Moment zu verdampfen. Schlimmer noch als die Hitze war der nicht zu leugnende Gestank: ein tränentreibendes Geruchsgemisch aus brennender Kloake und verrottendem Fleisch überlagerte die Gerüche von Unrat und Fäulnis.
Ich grinste. Verdammt, wie
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