Sukkubus - 03 - Kopfüber ins Fegefeuer
Wangen wehtaten. »Großartig.«
Sie lachte. »Ich muss zugeben, ich hätte dich nicht als Klassik-Fan eingestuft.«
»Ach«, sagte ich beiläufig, »ich hatte irgendwie schon immer eine Schwäche für Mozart.«
Kapitel 14
Amadé
Den Haag, November 1765
Bereits der Geruch verriet mir, dass dies sein Zimmer war: Es roch nach Blut und Krankheit, nach Schweiß und Scheiße. Und nach dem Jungen selbst, gehüllt in die klebrige Süße des Deliriums, vermischt mit dem orangigen Duft der Angst.
Ich huschte durch die Eichentür. Er lag da, in seinem Himmelbett, beinah verloren unter der dicken Steppdecke. Der tanzende Schein einer einsamen Kerze, die in ihrem kupfernen Kerzenhalter auf einer Kommode aus Mahagoni stand, beleuchtete sein rundes Gesicht, die Höhlen unter seinen Augen, den Umriss seiner großen Nase. Das Fieber verzehrte ihn, versengte ihn von innen, während sein eigener Schweiß ihn durchnässte und auskühlte.
»Meister Wolfgang.«
Er wälzte sich hin und her, warf seinen Kopf gegen das Daunenkissen. Mit einem Stöhnen schlug er die Augen auf und sah mich an.
Ich kniete mich an seine Seite und schlug die Decke bis zur Hüfte zurück. Sein weißes Nachthemd klebte in feuchten Flecken an seinem siechenden Körper. »Eine solche Hitze braucht keine zusätzliche Unterstützung, mein Kind.«
»Ich muss das Fieber ausschwitzen«, sagte er. Seine Stimme klang höher als die anderer Kinder seines Alters. Aber in ihr lag der Zauber der Musik, der seine Worte in Licht und Schönheit erstrahlen ließ und seine Stimme in ein Lied verwandelte.
»Nein, mein Kleiner. Es sei denn, du möchtest jetzt schon vor deinen Schöpfer treten.« Sanft zupfte ich ihm das weite Hemd von seinem klebrigen Körper, um es über seiner Brust glatt zu streichen, dann schüttelte ich sein Kissen auf.
Er betrachtete mich mit fiebrig glänzenden Augen. »Seid Ihr ein Engel, der mich zu Gott bringen will?«
Ich lächelte und streichelte seine schweißnasse Stirn. »Das ist nicht meine Bestimmung, Wolferl.«
»Ihr kennt mich, Herr?«
»Vor zwei Monaten war ich beim Prinzen von Oranien und hörte dich am Hofe spielen.«
»Mit Nannerl.« Er lächelte glückselig. »Sie ist endlich wieder gelaufen, wisst Ihr? Quer durch ihr Schlafgemach, ganz allein. Erst heute. Sie ist erst vor einer Woche aus dem Bett aufgestanden.«
»Ich habe davon gehört.«
»Ich bin so froh, dass es ihr besser geht. Sie hat so gelitten. Sie haben sie zur Ader gelassen. Haben ihr die Sterbesakramente erteilt.«
»In diesem Punkt war man wohl etwas zu vorschnell«, sagte ich. »Du liebst deine Schwester.«
»Ja.« Er nahm einen pfeifenden Atemzug, der seine zarte Gestalt erzittern ließ. »Wo ist Papa?«
»Er und der Doktor sind draußen, um ein wenig Nachtluft zu atmen. Sie reden über Gottes große Gnade und darüber, welchen Segen er der Welt gespendet hat, als er ihr zwei solche Wunderkinder schenkte. Und über ein paar andere Dinge vermutlich.«
»Papa sagt die Unwahrheit«, flüsterte er mit einem ruhigen Lächeln. »Über mein Alter. Er behauptet, ich sei noch nicht mal acht.«
»Das liegt daran, mein Kind, dass die Menschen in ihrer Bewunderung launisch sind.« Ich schnaubte verächtlich. »Was sie im Alter von sieben noch amüsant und unterhaltsam finden, ist im Alter von neun bereits alt und fad. So reden die Narren am Hofe.«
Der Junge versuchte mit den Schultern zu zucken, aber sein Körper weigerte sich. Ein leichtes Flattern seiner rechten Schulter war alles, was er zuwege brachte. Ich bewunderte seine Anstrengung. »Papa sagt, die Menschen selbst seien launisch.«
Ich legte meine Hand an seine heiße Wange. »Sie sind Narren, Wolferl. Alle miteinander. Schenke ihnen keine Beachtung. Du bist für weitaus Größeres bestimmt, als sie es sich in ihrer beengten Sicht ausmalen könnten.«
»Ihr seid sehr freundlich, Herr.« Die Augen fielen ihm zu. »Es tut mir leid, aber ich bin so müde.«
»Das verstehe ich. Es ist die Krankheit, mein junger Meister. Sie zerfrisst dich. Die große Tournee deines Vaters wird womöglich hier, in Holland, ein jähes Ende finden.«
Er seufzte. »Papa wird so traurig sein …«
»Oh, und ob.«
»Ihr klingt so, als wolltet Ihr Euch lustig machen.«
»Ich? Warum sollte ich mich über deinen Papa lustig machen?«
»Das weiß ich wirklich nicht.« Ein leichtes Zucken seiner Lippen, die Andeutung eines Lächelns. »Papa liebt mich.«
»Oh ja, ich kann sehen, welche Taten ihm seine Liebe befiehlt. Ihr seid zu
Weitere Kostenlose Bücher