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Sumerki - Daemmerung Roman

Titel: Sumerki - Daemmerung Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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woraufhin auch die Welt zu fiebern beginnt.
    Und wenn sich seine Augen zum letzten Male schließen, wird die Welt in ewige Finsternis getaucht.
    Und wenn er im Todeskampf liegt, wird sich die ganze Welt in furchtbaren Erdstößen winden, und die Berge werden herabstürzen und die Meere aufschäumen.
    Und dann wird das Ende anbrechen.
    Dies sind die genauen Umstände meiner Expedition in die alte indianische Stadt Calakmul und meiner Erlangung jener wundersamen Schriftrolle, die ich noch heute bewahre, und zu deren Beschreibung ich diesen Bericht verfasst habe. Von allem Übrigen - meiner Rückkehr nach Maní, meiner Entlarvung der Absichten Fray de Landas sowie vom heutigen Aufenthaltsort des Buches - habe ich bereits im Ersten Kapitel berichtet und will dies hier nicht wiederholen.
    In unablässiger Erwartung des prophezeiten Tages, mit eigener Hand niedergeschrieben von Luis Casa del Lagarto, Madrid, im Juni des Jahres unseres Herrn 1592.«
     
    Das war alles?
    Der Tropensturm, der in meinem Kopf gewütet hatte, während ich den abschließenden Teil der Erzählung des Luis Casa del Lagarto las, riss mir das letzte Blatt aus den Händen. Doch ich saß noch lange da, unfähig mich zu rühren und zu glauben, dass der Konquistador nicht mehr zu sagen hatte.

    Und dann hörte ich, wie sich mit sattem Klicken die einzelnen Teile dieser unglaublichen Geschichte zu einem großen Ganzen zusammenfügten.
    Ich sah, wie die zufällige Expeditionsteilnahme jenes gewöhnlichen spanischen Offiziers, der bereit war, den Heiden zu glauben, anstatt ihre Dörfer im Namen des Heilands niederzubrennen, sich als Vorsehung der Maya-Götter erwies.
    Wie die viereinhalb Jahrhunderte andauernde Jagd gewisser Kräfte nach einer geheimnisvollen Schriftrolle und das Bestreben bestimmter anderer Kräfte, dem ohne Rücksicht auf menschliche Opfer entgegenzuwirken, plötzlich einen Sinn ergab.
    Auch meine eigene Rolle begann nun deutlicher zu werden und erwies sich keineswegs als so erbärmlich, wie ich zunächst gedacht hatte; immerhin hatte Casa del Lagartos mystischer Hilferuf aus dem cenote niemand anderem als mir gegolten. Und dann … Überraschend klar sah ich nun wieder jenen Jungen vor mir, der in der Metro zu mir gesprochen hatte. Bisher hatte ich noch nicht gewagt, seine Worte zu deuten, da ich nicht vollkommen sicher war, ob sie nicht doch meiner eschatologischen Paranoia geschuldet waren. Doch während ich die Erzählung des Konquistadoren zu Ende las, hatte ich augenblicklich die letzten Worte der Maya-Propheten erkannt.
     
    »… ihn zu finden. Denn die Not der Welt liegt darin, dass ihr Gott siech darniederliegt, und somit auch die Welt vergeht. Der Herr liegt im Fieber, und seine Schöpfung fiebert ebenso. Gott stirbt, und mit ihm stirbt alles, was er erschaffen hat. Doch es ist noch nicht zu spät …«

    Wer auch immer dieser Junge war und wer ihm diese Worte in den Mund gelegt hatte, sie ergänzten auf wundersame Weise die Beichte des Casa del Lagarto, der das Vermächtnis des Priesters befolgt und die Prophezeiung nicht ausgelegt, sondern sie nur für die Nachwelt aufbewahrt hatte.
    Konnte überhaupt noch etwas getan werden? Immerhin war mir gesagt worden: »Es ist noch nicht zu spät …« und »… ihn zu finden.« Allmächtiger Itzamná, wen zu finden? Und wie?
    Nachdenklich legte ich die Seiten des Tagebuchs zusammen, als mein Blick auf das karierte Blatt fiel, das obenauf gelegen hatte. Eine Notiz? Etwas zögerlich faltete ich das Blatt auseinander.
    Die Handschrift war dieselbe wie auf dem Zettel mit der Adresse, den der Alte fallen gelassen hatte; auch die Tinte aus dem Füllfederhalter erkannte ich wieder. Es gab keinen Zweifel: Vor dem ehemaligen Akab-Tsin -Gebäude war ich meinem Auftraggeber Auge in Auge gegenübergestanden. Er hatte mich nicht erkannt, wie sollte er auch: Wir hatten uns noch nie gesehen. Rätselhaft blieb nur, warum er die Mappe mit dem letzten Kapitel in das verlassene Büro am Arbat gebracht hatte … Ich drehte das Papier um.
     
    »Machen Sie sich keine Sorgen wegen des vorherigen Kapitels. Übersetzen Sie lieber dieses hier, und bringen Sie dann gleich beide zurück. Aber bitte beeilen Sie sich! Es ist nicht mehr viel Zeit. JuK«

EL TEMPLO DE LA MEMORIA

    A chtung Fangfrage: Wo in Moskau befindet sich die Itzamná-Straße?
    Vernünftig betrachtet haben nach Maya-Göttern benannte Straßen, Boulevards und Plätze in dieser Stadt nichts zu suchen. Doch ich hielt in meiner Hand eine Notiz mit

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