Sumerki - Daemmerung Roman
ihn dachte, stellte ich mir jedes Mal unwillkürlich mich selbst vor, jedoch braungebrannt und sehnig. Ich benahm mich wie ein Kind bei der Lektüre der Abenteuer von Wildtöter oder Chingachgook. Als ich mich bei diesem Gedanken ertappte, hatte ich ein gemischtes Gefühl: irgendwo zwischen leichter Scham und spitzbübischer
Dreistigkeit, als hätte ich heimlich mit Spielsachen gespielt, die meinem Alter zwar nicht mehr anstanden, mir aber immer noch eine helle Freude bereiteten.
Ich dippte die letzten Reste der Käsesahnesoße in der Pfanne mit einem Stück Brot auf und schob es in den Mund. Nun hätte ich eigentlich das Geschirr spülen müssen, doch welch Unglück - das Horn blies bereits zum Sammeln, und ich durfte keinesfalls den Anschluss an die Expedition verlieren.
»Dass unsere Abteilung nach drei Wochen nicht weniger als dreißig Leguas zurückgelegt hatte. Dass die letzte indianische Siedlung jenes Dorf mit Namen Hochob gewesen war, in dem wir Fladen und Mehl eingetauscht hatten, und wir danach erneut die Selva betraten und ein sehr schwieriger Marsch begann.
Dass uns die Verpflegung immer schwerer fiel und die Soldaten erneut zu murren begannen. Dass einige von ihnen meinten, die Wegführer wollten uns nur immer tiefer in den Wald locken und dort warte ein Hinterhalt auf uns, und dann würden uns unsere Pferde nicht mehr helfen, den Kampf gegen die Indios zu gewinnen. Dass sie an ihre verschollenen Kameraden dachten, und einige Soldaten behaupteten, jene seien nicht nach Maní zurückgekehrt, sondern durch ebenso einen Hinterhalt getötet worden. Dass von den Spaniern nur Señor Vasco de Aguilar, Fray Joaquín Guerrero und ich wussten: Nicht die Wegführer hatten uns verraten, sondern es war etwas anderes vorgefallen, und wir waren nicht imstande, es zu begreifen, und der Satan hatte seine Hand darin.
Dass ich viel über das Vorgefallene nachdachte und eine Erklärung dafür suchte und sogar meine Freunde Vasco de Aguilar und Fray Joaquín Guerrero fragte, wie dies alles zu erklären sei. Dass ich bereits
wusste, dass die Indios in Yucatán und in anderen Teilen dieses Landes Menschen als Opfer darbringen, ihnen die Brust aufschneiden und das Herz herausreißen, und einmal in einem der Dörfer selbst Zeuge dessen gewesen war; auch in der Stadt Chichenizá, in die ich einige Male gesandt worden war, hatte ich die Opfersteine in einigen ihrer Tempel gesehen.
Dass ich jedoch darüber nachsann, wohin all die Leute, die wir mit Gerónimo Núñez de Balboa zurückgelassen hatten, verschwunden waren, wenn es tatsächlich einen Hinterhalt der Indios gegeben hatte, und warum wir nur die Leiche des Wegführers Gaspar Xiu vorgefunden hatten, jedoch keinen einzigen toten Soldaten, kein totes Pferd und keines der Fuhrwerke. Ob die Soldaten, vom Wahnsinn ergriffen, Gaspar Xiu den Götzen geopfert hatten, wie es die Indios tun, und daraufhin geflohen waren, und der Regen hatte ihre Spuren verwischt?
Dass ich an diesem Tage und am nächsten und noch einige Tage später gemeinsam mit Fray Joaquín für die Rettung ihrer Seelen betete, und dies weiter, bis sich neue Ereignisse zutrugen, so dass ich ihr Schicksal und einiges mehr vergaß.
Dass ich und Señor Vasco de Aguilar bald darauf die Geduld verloren und Juan Nachi Cocom sowie Hernán González fragten, ob der Weg noch weit sei, und warum jene Tempelstadt, von der Fray Diego de Landa gesprochen hatte, in so tiefer Wildnis liege, weit entfernt von all den alten Hauptstädten, die sich bekanntlich nordöstlich und nordwestlich von Maní befinden.
Dass Juan Nachi Cocom zu Beginn nicht darüber sprechen wollte, aber später doch von einem verbotenen Territorium der Maya berichtete, welches einige Leguas weiter südlich von unserem Rastplatz beginne. Dass sich dort angeblich jene verlassenen Tempelstädte befänden, die wir aufsuchen müssten. Dass es für einen Indio schon ein
Frevel sei, dieses Gebiet aus unlauteren Beweggründen zu betreten, und derjenige ein heldenmutiges Herz habe, der sich nicht vor der Rache der Indiogötter fürchte. Dass aber er selbst, Juan Nachi Cocom, getauft sei und an Jesus Christus und die Heilige Jungfrau Maria glaube und für diese Tat den Segen seines geistigen Vaters Diego de Landa erhalten habe; dass er uns deshalb bis zum Ende begleiten werde, was auch immer geschehe. Dass er, während er dies sagte, wie im Fieber zitterte und weinte wie ein Kind.«
Ein seriöses Nachschlagewerk über die Geschichte der Maya besaß ich
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