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Sumerki - Daemmerung Roman

Titel: Sumerki - Daemmerung Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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genauen Namen nicht kannte, doch die Menschen aus dem Norden, die nun diese Gegend bewachten, hießen noch immer ›Ab Canul‹, was ›Beschützer‹ bedeutet, und dass ihnen im ganzen Land der Maya an Grausamkeit und Kühnheit niemand gleichkommt.«
     
    Kümmerling hatte natürlich keine Ahnung gehabt von verbotenen Territorien, geschweige denn von irgendwelchen Kriegern, die diese Territorien seit Jahrhunderten bewachten. Doch gerade darin vertraute ich ihm mehr als Juan
Nachi Cocom. Mir war völlig klar, dass die beiden Führer ein Komplott schmiedeten, um die Spanier ins Verderben zu stürzen. Der Überfall der Indios, mochten sie nun Ab Canul oder Gott weiß wie heißen, war bereits die zweite Falle, in die der Stoßtrupp der Konquistadoren geraten war. Bei einem einzigen Kampf hatten sie neun Mann verloren; die Gruppe schmolz immer mehr zusammen, sie zählte jetzt vielleicht noch gut zwanzig Mann, und das Ziel der Reise schien keinen Schritt näher gerückt zu sein.
    Am meisten verwunderte mich, dass es trotz der schweren Verluste weder dem namenlosen Kommandeur noch seinem Kameraden Vasco de Aguilar, noch dem Franziskanermönch in den Sinn kam, den Vormarsch abzubrechen und nach Maní zurückzukehren - mit leeren Händen zwar, doch dafür mit einigen wenigen Überlebenden. Oder wenigstens mit dem Ziel, die lichten Reihen wieder zu verstärken.
    Warum sollte ein gestählter, kampferprobter Offizier blind das Leben seiner Soldaten riskieren, um einen Befehl auszuführen, dessen Sinn und Ausführung er nicht einmal richtig begriff? Wie war diese unbeugsame Entschlossenheit zu erklären?
    Möglich, dass diese Troika Fray de Landa persönlich wie auch der katholischen Kirche fanatisch ergeben war, sodass dieser für sie eine unumstößliche Autorität darstellte. Vielleicht waren die Konquistadoren ihm ja auch aus persönlichen Gründen verpflichtet, oder sie vertrauten dem künftigen Bischof so sehr, dass sie an der Richtigkeit seiner Anordnungen nicht zu zweifeln wagten. Was konnte er für sie - oder mit ihnen - getan haben? Hatte er ihnen das Leben gerettet? War er der Taufpate ihrer Kinder? Vielleicht
besaß er einfach ein außergewöhnliches Überzeugungstalent? Hatte der gerissene Abt um die kühnen Abenteurer ein feines, aber widerstandsfähiges Netz der Erpressung gewoben?
    Oder glaubten sie tatsächlich, dass dieser Auftrag von entscheidender Bedeutung war für »die Stärkung der Heiligen Kirche und die Stellung der Spanier in Yucatán« - glaubten sie so inbrünstig daran, dass sie bereit waren, dafür ihr Leben hinzugeben?
    Je tiefer ich in die Aufzeichnungen eindrang, desto mehr schien es mir, dass sämtliche Protagonisten in dieser seltsamen Geschichte etwas Wichtiges verschwiegen. Etwas, das mit einem Mal alles ins richtige Licht rücken würde. Vielleicht hatte Fray Diego de Landa über gewisse Quellen von einem geheimen Schatz erfahren? Einen mit Gold überzogenen Tempel, verborgen unter dem Laub von Sandelholz-und Mahagonibäumen in einer Senke, verloren inmitten der endlosen Selva?
    In diesem Fall bekäme die ganze Expedition einen völlig anderen Sinn: Die Manuskripte, die nach Maní zu bringen waren, wären dann nur der Vorwand für ein dreistes Schelmenstück des Guardians. Vielleicht hatten ihm treue Gefolgsleute von unschätzbaren Reichtümern berichtet, die im Süden der Halbinsel im Urwald schlummerten. Und deshalb hatte er ein paar verlässliche, goldgierige Mordgesellen ausgewählt und sie mit einer halben Hundertschaft Soldaten auf Schatzsuche geschickt.
    Wer vom Dach einer weißen Pyramide auch nur ein paar der kostbaren Goldbleche abzog, würde sich davon in der spanischen Heimat ein großes Landgut kaufen können und
hätte bis an sein Lebensende ausgesorgt. Nur im Traum würde er noch schweißverklebt durch dieses verfluchte Gestrüpp irren - er würde nach Hause zurückkehren, endlich ein Leben in Wohlstand führen, wie es sich für einen Adligen gehörte, die schmachtende, blasse Tochter eines Grafen ehelichen und nur dann und wann, bei zotigen Gesprächen mit Freunden, an die kleingewachsenen Indiofrauen und ihren scharfen Geruch zurückdenken …
    In seinem Bericht hatte der unbekannte Konquistador - noch - nichts davon erwähnt. Wahrscheinlich scheute er sich, offen von den Schätzen zu sprechen, zu deren Erlangung er bereits eine Reihe von Menschenleben geopfert hatte. Wozu sollte er sich auch unnötig Neider an den Hals schaffen?
    Und Fray de Landa? Ob auch ihm ein Anteil

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