Sumerki - Daemmerung Roman
Verkrampfung der Erde löste: Teller und Gläser klapperten immer leiser, die Möbel, die eben noch zu eigenartigem Leben erwacht waren, erstarrten wieder. Dennoch wagte ich nicht aufzustehen, aus Furcht, die Ruhe könne nur vorübergehend sein. Und da passierte etwas Seltsames: Vielleicht war es die furchtbare Müdigkeit, die sich in den letzten Tagen angestaut hatte, vielleicht auch nur die soeben erlebte Erschütterung - jedenfalls wurde mir dunkel vor Augen, und ich fiel in einen Zustand, der mehr einer Ohnmacht glich als einem Schlaf.
Eigentlich hatte ich fest damit gerechnet, dass die erzürnten Götter der Maya mir wieder eine ihrer schauderhaften, schwülen Visionen schicken würden, doch in diesem Traum erschien mir auf einmal wieder mein Hund. Ich erinnere mich, wie unsäglich froh ich war, ihn wiederzusehen: Alpträume erlebte ich in der Wirklichkeit mehr als genug, und es waren die Stunden des Schlafs, die mir Augenblicke seelischer Ruhe verschafften. Doch es dauerte nicht lange, bis alles erneut aus dem Gleichgewicht geriet. Wie gewohnt wollte ich mit ihm einen Spaziergang im Park machen,
damit der Arme sich die Pfoten vertreten konnte, die in all den Wochen der Trennung sicher furchtbar angeschwollen waren. Doch diesmal weigerte er sich standhaft, mir auf die Treppe zu folgen. Ich konnte ihm noch so sanft zureden, ihn zur Tür locken - er blieb auf seinem Teppich in der Küche liegen, drückte sich flach auf den Boden und winselte ängstlich. Als ich versuchte, ihn mit Gewalt mit mir zu ziehen, begann er dumpf zu knurren und zeigte mir die Zähne.
Bestürzt über seine Widerspenstigkeit ging ich mehrmals zur Wohnungstür und blickte durch den Spion. Im Treppenhaus war alles ruhig. Merkwürdig war das und höchst ungewöhnlich, denn zu Lebzeiten hatte mein Hund nie die Gelegenheit verpasst, nach draußen zu gehen, selbst wenn wir bereits einen langen Spaziergang hinter uns hatten. Sogar in den letzten Wochen seiner Krankheit, vor der ich ihn unverantwortlicherweise zu impfen vergessen hatte, quittierte er das Wort »Gassi« noch mit einem schwachen Klopfen seines Schwanzes auf den Teppich, obwohl er längst zu schwach war, sich auf seine unsicheren Pfoten zu hieven. Und in meinen Träumen hatte er eine solche Einladung bisher kein einziges Mal ausgeschlagen.
Ein Jäger, den ich kannte, hatte mir einmal das Fell eines Luchses geschenkt, den er irgendwo im Osten erlegt hatte. Bei seinem Anblick - oder war es sein Geruch? - bekam mein Hund einen heftigen Anfall von Panik. Eigentlich war er immer ein ausgeglichener, friedlicher Typ gewesen, doch an diesem Tag blieb er stocksteif auf der Schwelle des Zimmers stehen, wo ich die Trophäe abgelegt hatte, und begann wie wild zu bellen. Zwei Stunden lang schwieg er nicht eine
Sekunde lang, bis er völlig heiser war, und dabei zitterte er am ganzen Leib, als stünde er unter Strom. Wie gesagt: Ein Setter ist nun mal ein Jagdhund. Auch wenn ich die Stadt mit ihm nie lange verlassen hatte und er wilde Tiere nicht kannte, hatte doch sein instinktives Gedächtnis, das ihm Tausende von Hundegenerationen vererbt hatten, den Luchs augenblicklich gewittert. Nach zwei Stunden hatte ich nicht das Herz, mein Tier noch länger zu quälen, und ich schaffte das Fell aus der Wohnung und gab es dem Jäger mit einer Entschuldigung zurück. Aber es dauerte einige Zeit, bis sich die Beziehung zu meinem Tier wieder normalisierte: Nach dieser Nummer misstraute er mir eine ganze Weile, was durchaus verständlich war.
Ich erzähle dies alles, weil das Bild, das sich mir eröffnete, als ich von der Wohnungstür in die Küche zurückkehrte, dem damaligen Ereignis glich: Mein Hund hatte sich stocksteif in eine Ecke gedrückt, das Fell im Nacken sträubte sich, die Pfoten zitterten, und sein Maul öffnete und schloss sich, doch diesmal war nur ein kaum hörbares Winseln zu vernehmen. Sein Blick starrte in den leeren Raum nicht weit von der Stelle, an der ich mich befand. Offenbar sah er etwas, das meine Augen nicht erfassen konnten - ein Raubtier, das noch furchteinflößender war als ein sibirischer Luchs, etwas, das ihm sogar noch nach seinem Tod Angst einjagte … Erst als ich mich meinem Hund zuwandte, glaubte ich im Augenwinkel einen undeutlichen, halb durchsichtigen Schatten zu erkennen, der sich langsam auf mich zubewegte. Doch in diesem Augenblick bellte mein Hund endlich los, und das Trugbild löste sich auf, wie wenn Nebelklumpen von einer Bö zerfetzt werden.
Ich
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