SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
zu Tony um und kauerte zu ihm runter.
«Hey Mann! Diese gottverdammten Hurensöhne! Tut mir leid. Der dritte Scheißkerl ist mit deiner Brieftasche entwischt. Alles noch dran? Bin dir gefolgt. Musste sichergehen dass du nicht von irgendwem zu dem Besuch bei mir gezwungen worden bist oder zur falschen Seite gehörst. Hörst du mich? Tony? Deine Lippe ist aufgeplatzt.»
Er nahm Tony den Rucksack ab, wühlte darin und reichte ihm das zweite Shirt, welches Tony als Reserve eingepackt hatte.
Tony konnte immer noch nicht glauben, was gerade geschehen war. «Ugh …, geht schon, geht schon.»
Mich hat hier eine verfluchte Dampfwalze überfahren, und der schwafelt was von «sichergehen»? Was ist das bloß für eine Welt …
Vince war die Situation sichtbar unangenehm. «Sorry! War halt nötig. Hast ein Bier gut bei mir. Komm, ich bring dich zu deiner Bleibe.»
Vince half Tony, aufzustehen. Der Bursche war fast so groß wie Tony mit seinen Einsneunundachtzig, und um Einiges kräftiger.
Tony spürte beim Aufstehen einen schweren Gegenstand unter Vince’s linker Achselhöhle.
Er hat eine verdammte Kanone dabei! Wo bin ich hier hineingeraten?
Bald traf der Zug ein, und nach einer kurzen Fahrt und anschließender Schlepperei über die Stufen der letzten Métro-Station rauf auf die Straße kamen sie bei der Pension an.
Kann ich diesem Vince-Typen trauen? Mein Bauchgefühl sagt «ja». Aber ich kann ich nichts davon überprüfen, was er mir erzählt hat. Was soll’s! Bleibt mir nicht viel anderes übrig als zu hoffen, dass ich mich nicht täusche.
Vor dem Eingang rappelte sich Tony auf und ging ohne die Unterstützung von Vince an der Rezeption vorbei, wo ein verblüffter Lemain den Kopf für einen Moment aus der Lektüre seiner Zeitung hob. Seine Kinnlade klappte nach unten, als er den zweiten Mann erblickte.
«Messieurs!»
Vince blickte grimmig zu ihm herüber, hob beim Vorbeigehen den Zeigefinger an den Mund und ging weiter. Lemain versteckte sich wieder hinter seiner LeMonde.
Im Zimmer angekommen, setzte sich Tony auf das breite Bett.
«Steht dein Angebot noch?» Vince ging langsam zur Ablage hinüber und goss sich einen Wodka ein. Die Flasche war zu zwei Dritteln leer.
«Hattest wohl ordentlich Durst gestern? Haha! Na ja, Hauptsache, es ist was übrig. Auch einen?»
«Da kannst du Gift drauf nehmen.»
«Tu ich ja.» Vince lachte herzhaft.
Zumindest ist er kein Miesepeter. Wenn ich mit jemandem nach Carl suchen soll, kann ich keinen Motzkübel gebrauchen.
Vince reichte ihm das Glas mit dem Wodka und zwei frischen Eiswürfeln aus der Minibar.
«Was schlägst du vor?»
Planung gehörte offensichtlich nicht unbedingt zu den Stärken des Ex-Söldners.
«Meine Brieftasche ist weg. Zumindest haben wir den Rucksack und die Sachen darin noch, auch mein Pass ist noch da. Verdammt! Was habe ich mir nur dabei gedacht, das alles mitzunehmen?»
«Konntest ja nicht wissen, auf was du dich einlässt. Hauptsache es is’ sonst noch alles da. Was ist drinne?»
Tony zeigte Vince den Aston, den Chip und das Buch mit der Schablone, und erklärte ihm was es damit auf sich hatte. Zumindest soviel wie er bisher in Erfahrung gebracht hatte. Er berichtet ihm auch vom Streit und der langen Stille zwischen ihm und seinem Bruder.
«Kann ich dir trauen?»
«200 %. Ich habe auch eine Schuld zu begleichen. Carl ist einer von den Guten, er hat mir den Arsch gerettet. Und ich habe ihn in die Scheisse geritten. Hätte ihm sagen sollen, ich kann ihm nicht helfen, damals. Wegen der Geschichte hab ich aufgehört, zu saufen, oder zumindest hab ich es einigermaßen im Griff jetzt. Zumindest etwas Gutes hatte das Ganze. Aber eines merk dir: Wenn du einen Söldner bezahlst, tut er seinen Dienst. Und ehrenhafte Söldner lassen sich auch nicht einfach so auskaufen.»
«Danke. Und wegen deiner Beihilfe für Carl: Mach dir keinen Kopf! Wenn Carl was wollte, hat er es auch durchgesetzt. Du warst nur Mittel zum Zweck.»
«Nett von dir, dass du das sagst! Aber egal. Zum geschäftlichen Teil: Was springt dabei für mich raus?»
«Mein Vorschlag lautet: Du hilfst mir bei den Nachforschungen nach Carls Verbleib und arbeitest als mein Leibwächter. Ich komme für die Spesen auf. Ferner für Kleidung, Reisen und Unterkunft. Zusätzlich kriegst du 2’000 Dollar Cash auf die Hand pro Woche. Was sagst du?»
«Wow! Das klingt nach einem verdammt guten Deal, Boss.»
«Nenn mich nicht Boss, wir sind Partner.
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