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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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gedämpften Knall und dann einen Aufschrei.
    In ihren Ohren dröhnte es, als sie sich aufsetzte. Piejacks Gesicht war mit Sand und Blattfetzen bedeckt, die durch den Schuss emporgeschleudert worden waren. Er stöhnte schmerzlich und presste die Knie zusammen; der heftige Rückstoß hatte seinen Intimjuckreiz durch eine saftige Prellung ersetzt.
    Honey konnte es nicht fassen, dass der Mann noch bei Bewusstsein war. Torkelnd kam Piejack auf die Beine und hob die rauchende Flinte auf, die aussah, als sei sie dazu benutzt worden, ein Grab zu schaufeln.
    »Keine Scheißbewegung!«, krächzte er Honey an.
    Sie gehorchte. Ihr Unterkiefer pochte wieder, und ein scharfer Schmerz im Bauch ließ sie zusammenzucken – einer von Louis’ schleimigen Kaktusdornen ragte aus ihrem Hemd. Honey fragte sich, ob irgendeine Infektion schlimmer sein konnte als seine Gesellschaft.
    Niedergeschlagen fragte sie: »Und was jetzt, Louis?«
    Er beugte sich vor. »Lauter!«
    »Ich hab gesagt, was jetzt?«
    Frustriert kreischte er: »Findest du das vielleicht komisch? Hä, Dreckstück?«
    Honey begriff, dass seine Ohren mit Dreck verstopft waren. Probehalber sagte sie: »Louis, Sie sind nichts weiter als ein Eimer voll vergammeltem Müll.«
    Er blinzelte fragend, zeigte jedoch durch nichts an, dass die Beleidigung angekommen wäre.
    Na toll, dachte Honey. Jetzt darf ich auch noch mit einem Sex-freak Pantomime spielen. Sie zupfte an ihren Ohrläppchen und schüttelte den Kopf.
    »Hörst du auch nichts?«, fragte Piejack laut.
    Honey machte Ruderbewegungen und brüllte: »Wo ist Ihr Boot, Louis? Gehen wir Ihr Boot suchen!«
    »Das Boot?«
    »Bravo!« Sie klatschte in die Hände.
    Piejack lächelte schief.
    »Mom! Dad!« Eine Stimme aus dem Wald.
    Honey wurde kalkweiß – es hörte sich an wie Fry, doch das war unmöglich. Fry war weit weg, in Sicherheit, zu Hause bei seinem Vater, und keiner von beiden konnte wissen, wo sie zu finden war. Honey redete sich ein, dass sie sich das Gehörte nur eingebildet hatte, dass sie unter dem Stress allmählich durchdrehte.
    »Hey, Mom?«
    Die Stimme war jetzt näher – zu nahe. Honey antwortete nicht. Von ganzem Herzen wollte sie zurückrufen, doch dazu war sie zu klug. Wenn es wirklich Fry war, würde er angerannt kommen. Egal, was sie ihm zu tun befahl, er würde angerannt kommen, um sie zu retten.
    Und er konnte sie nicht retten, nicht ganz allein. Er war zwölf-einhalb, um Himmels willen.
    »Mom, Dad, ich bin’s!«
    Lauf weg, Kleiner, dachte sie. Bitte, lieber Gott, mach, dass er in die andere Richtung geht.
    Noch bestand Hoffnung, weil Piejack ihn nicht hören konnte.
    »Wo seid ihr?«, schrie der Junge.
    Er war jetzt gefährlich nahe. Tragisch nahe.
    Honey konnte nicht anders. »Fry, lauf weg!«, stieß sie hervor. »Geh und hol Hilfe!«
    Piejack war gerade abgelenkt; er patschte nach einer Reihe Feuerameisen, die sich gierig über seinen Hals hergemacht hatten.
    »Fry, tu, was ich sage!«, rief Honey. »Lauf weg …«
    Doch da war er, sprintete aus den Bäumen hervor, so schnell er konnte, also wirklich sehr schnell … und er trug ausgerechnet einen Footballhelm.
    Honey streckte die Arme aus und blinzelte heiße Tränen weg. Fry stürzte sich auf sie und riss sie fast um.
    »Alles okay?«, fragte er atemlos. »Mein Gott, was ist denn mit deinem Gesicht passiert?«
    »Es ist alles in Ordnung. Alles okay.«
    Der Junge starrte Louis Piejack und die stummelkurze Schrotflinte an.
    »Er ist fast taub«, erklärte Honey.
    Piejack funkelte die beiden wütend an. »Verpiss dich, Bengel!«
    »Ich hab die Knarre losgehen hören und ich wär beinahe aus-geflippt«, flüsterte Fry seiner Mutter zu. »Hast du Dad gesehen?«
    »Wovon redest du eigentlich?«
    »Dad sucht nach dir. Wir sind zusammen hier rausgekommen.«
    Ich erschlage den Mann, dachte Honey.
    »Ich hab gesagt, du sollst abhauen!«, röhrte Piejack Fry an.
    »Immer mit der Ruhe, Louis«, beschwichtigte Honey.
    »Nur du und ich, Engelchen, das war der Deal. Du und ich, für immer und ewig.« Eiskalt richtete Piejack die Schrotflinte auf Fry. »Ich werd niemandes Stiefdaddy. Und jetzt komm in die Hufe, Bengel. Geh nach Hause zu deinem Alten.«
    Mit festem Griff drehte Honey ihren Sohn herum. »Du hast ihn gehört. Verschwinde.«
    »Ich geh nicht. Ich denk nicht dran.«
    »Was hast du gesagt?« Piejack legte den Kopf schräg. »Ich versteh verdammt noch mal kein Wort. Du musst lauter reden.«
    Fry riss sich von seiner Mutter los und trat an Louis

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