Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Sonnenstrahlen.
Wir meldeten uns bei der Sheriffdienststelle und bekamen einen älteren Detective namens John Nash als Eskorte zu Harpo Scruggs Ranch zugeteilt. Er saß auf dem Rücksitz unseres Mietwagens, einen Stetson in keckem Winkel auf dem Kopf, einen freundlichen Ausdruck im Gesicht, während er die vorübergleitende Landschaft betrachtete.
»Scruggs hat wohl nie eure Aufmerksamkeit erregt, was?« sagte ich.
»Kann man so sagen«, erwiderte er.
»Ein ganz unauffälliges Mitglied der Gemeinde, schätze ich?«
»Wenn er das ist, was Sie behaupten, hätten wir besser auf ihn aufpassen müssen.« Sein Gesicht war sonnengebräunt, die Augen blau wie eine Butangasflamme, in den Winkeln von einem feinen Faltennetz umgeben, wenn er lächelte. Er sah durch die Heckscheibe zurück.
»Wennʼs ein gottverlassenes Fleckchen Erde gibt, dann ist es das hier«, sagte Helen mit einem Seitenblick auf mich. Sie bog von der Durchgangsstraße ab und auf eine unbefestigte Fahrspur ein, die sich durch ein felsiges Trockental wand.
»Was habt ihr mit dem Burschen vor?« erkundigte sich John Nash.
»Gabʼs hier in letzter Zeit mal ne Schießerei?« fragte Helen.
John Nash lächelte in sich hinein, starrte aus dem Fenster und sagte: »Da unten ist es, am Fuß des Abhangs. Ein wirklich hübsches Fleckchen. Keine Menschenseele weit und breit. Ein mexikanischer Drogenschmuggler hat mir unten an dem Bach mal die Pistole unter die Nase gehalten. Habe ihn mehr als mausetot geschossen.«
Helen und ich drehten uns beide um und starrten John Nash an, als sähen wir ihn zum ersten Mal.
Harpo Scruggs Ranch war von einem Weidezaun umgeben. Das Land war von Salbei überwuchert und wurde an der Rückseite von niedrigen Hügelketten und einem Bach begrenzt, an dessen Ufer Zitterpappeln wuchsen. Das Haus selbst war ein lebkuchenbrauner spätviktorianischer Bau mit Giebeln, an allen vier Seiten von einer Holzveranda umgeben. An einem Holzklotz neben einer Scheune stand ein hochgewachsener Mann und hackte Brennholz. Die Räder unseres Wagens dröhnten über eine Viehsperre. John Nash legte die Hände auf meine Rückenlehne und beugte sich vor.
»Mr. Robicheaux, Sie hoffen doch nicht etwa, daß unser Freund dort hinten was Unbedachtes tut, oder?« fragte er.
»Sie sind ein interessanter Mann, Mr. Nash« sagte ich.
»Das höre ich oft«, erwiderte er.
Wir hielten am Rand des Hofs an und stiegen aus. Die Luft roch nach feuchtem Salbei, Holzfeuer, Pferdemist und Pferden, deren bereiftes Fell in der Sonne dampfte. Scruggs hielt in seiner Tätigkeit inne und starrte uns unter dem Rand seines Schlapphuts an. Dann stellte er einen weiteren Holzscheit auf den Holzklotz und spaltete ihn in zwei Teile.
Wir gingen an der Seite des Hauses entlang auf ihn zu. Kaffeedosen voller Veilchen und Stiefmütterchen säumten in gleichmäßigem Abstand die Veranda. Aus einem unerfindlichen Grund trennte sich John Nash von uns, stieg auf die Veranda, stützte die Hände aufs Geländer und beobachtete uns wie ein unbeteiligter Zaungast.
»Hübsches Anwesen«, sagte ich zu Scruggs.
»Wer ist der Kerl oben auf meiner Veranda?« fragte er.
»Mein Boß hat das FBI eingeschaltet, Scruggs. Überschreiten von Staatsgrenzen. War n Riesenfehler.«
»Und das ist nich alles. Ricky Scar ist stinksauer, weil ein popeliger weißer Hinterwäldler sein Geld genommen und dann halb Louisiana mit Scheiße überzogen hat«, sagte Helen.
»Davon abgesehen haben sie einen Mord imitiert, der vor vierzig Jahren begangen wurde«, sagte ich.
»Was mir wirklich schleierhaft ist«, fuhr Helen fort, »ist, warum der Mob einen abgetakelten alten Furz engagiert, der sich einbildet, Nutten aufs Kreuz zu legen könnte verhindern, daß er seinen undichten Schniedel dreimal pro Woche aufs Klo führen muß. Diese mexikanische Puffbude, die Sie in Houston besucht haben ... Sie erinnern sich? Das Mädel hat gesagt, sie hätte sich hinterher am liebsten mit Klorix durchgespült.« Als Scruggs sie nur anstarrte, nickte sie bekräftigend, die Miene dramatisch ernst.
Scruggs lehnte seine Axt gegen den Hackklotz, biß ein Stück Kautabak ab, die Schultern und der breite Rücken straff und aufrecht unter dem verblichenen Hemd. Er wandte das Gesicht ab, spie in den Staub und rieb sich die Nase mit dem Handrücken.
»Sind Sie in New Iberia geboren, Robicheaux?« fragte er.
»So ist es.«
»Glauben Sie wirklich, daß ich mit meinem Wissen über die Vergangenheit, über die Leichen unter einem Damm
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