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Suna

Suna

Titel: Suna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ziefle Pia
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was er konnte. Sein Zeichentalent war gefragt, seine Ruhe, seine Geduld und sein präzises Auge.
    Es gab nicht viele Interessenten auf eine ausgeschriebene Assistentenstelle, mit Kartographie konnte man auf dem Campus keinen Staat machen. Genau das Richtige für Johannes. Er zog sich für die nächsten beiden Jahre in ein dunkles Zimmer zurück, beugte sich über den Leuchttisch und restaurierte für einen hocheloquenten, ständig wegen Vorträgen verreisten Professor seltene historische Karten.
    Die Semesterferien über wohnte er bei Thea und Irma, die er meist nur zum Frühstück sah. Seine Tage verbrachte er mit Claudia. Er war jedoch nicht der Einzige, dem sie aufgefallen war. Ein Nähmaschinenhändler hatte an den Haushalt ihrer Eltern eine moderne elektrische Maschine verkauft und kam nun ungewöhnlich häufig vorbei, um nach dem Rechten zu sehen.
    Johannes erfuhr dies wohl, wusste aber weder das Verhalten des anderen einzuordnen noch ihm irgendetwas entgegenzusetzen. Außerdem sah er keinen Grund, an Claudias Gefühlen für ihn zu zweifeln.
    So verpasste er es nachzufragen, woher die plötzliche Kühle kam, die selbst Claudias Vater ihm bei einem Besuch zu ihrem Geburtstag kurz vor seinem Examen mit einem Mal entgegenbrachte. Er wunderte sich nicht darüber, dass Claudia nur wenige Tage vor seinen letzten Prüfungen für ein paar Wochen an die Nordsee gereist war, ohne ein Abschiedswort. Nein, er hakte nicht nach, als man ihm die Reise dubios mit einer gerade noch rechtzeitig diagnostizierten Lungenschwäche begründete. Er fragte lediglich nach der Adresse ihres Sanatoriums, aber man verwehrte ihm die Auskunft. Claudia müsse sich schonen und dürfe keinesfalls aufgeregt werden durch Dinge aus der Heimat.
    Als sie zurückkam, war Johannes notgedrungen für seine Prüfungen wieder in Mainz und erfuhr aus einem Brief seiner Mutter von Claudias Verlobung mit dem »pfiffigen Unternehmer«. Claudia selbst schrieb ihm schließlich, dass der doch recht charmante und hartnäckige Nähmaschinenhändler nicht zuletzt das Herz ihrer Mutter gewonnen habe, indem er beeindruckend gute Bilanzen vorgelegt hatte. So hätten sich schließlich beide Eltern, deren Wort nicht übergangen werden dürfe, für denjenigen Kandidaten ausgesprochen, der so offensichtlich eine gute Partie war. Ihr Vater habe zwar ein gutes Wort für Johannes eingelegt, aber ihrer Mutter sei der blasse Student schon immer eine zweifelhafte Wahl gewesen.
    Claudias Hoffnungen, ihn durch ihre Offenheit zu einer leidenschaftlichen Reaktion zu bringen, zerschlugen sich völlig. Johannes versetzte die Nachricht in eine Schockstarre. Er hätte ein anderer sein müssen, um den nächsten Zug zu nehmen und Claudia persönlich zu begegnen, sie möglicherweise sogar dazu zu überreden, die Verlobung zu lösen und ihn zu heiraten – denn selbst ihn überzeugten die Argumente des Rivalen. Hatte er nicht stets ein bisschen zusammengezuckt, wenn sie von Familie gesprochen hatte? Von Kindern? Und war ihm die Vorstellung, bis zu seinem Tod mit einem anderen Menschen zusammenzu­leben, nicht immer fremd geblieben?
    So entschied er sich nach einem langen Spaziergang am Main für einen sachlichen und dennoch freundschaft­lichen Brief an Claudia, gratulierte ihr sogar umständlich zu ihrer Wahl und schickte ihn mit einer Mischung aus Trauer und Erleichterung noch mit der Abendpost.
    Sein Examen bestand Johannes mit Bestnote. Während er seine wenigen Habseligkeiten packte, um Mainz zu verlassen und für den obligatorischen Sommeraufenthalt nach Hause zu fahren, bemerkte er, wie wenig er sich auf die »Weiberwirtschaft« freute, deren strahlender Mittelpunkt er abermals werden sollte für immerhin acht Wochen.
    Mindestens acht Wochen.
    Denn zu seinem Unbehagen hatte sich sein Onkel Meinrad, inzwischen Ministerialrat, für ihn eingesetzt und ihm eine Doktorandenstelle am geodätischen Institut ganz in der Nähe seiner Heimatstadt in Aussicht gestellt. Die Zusage wurde für die kommenden Tage erwartet.
    »Wie überaus praktisch«, hatte Irma ihm geschrieben, »dann kannst du wieder bei uns wohnen!«
    Sie wusste ihre Fangarme noch immer geschickt nach ihm auszustrecken. Unausgesprochenes hätte er ignorieren können, aber so konkret an ihn Herangetragenes konnte er ohne handfeste Alternative nicht ablehnen, und so redete er sich selbst auf das Praktische an dieser Idee heraus.
    Bei seiner Heimkehr erreichte ihn die Nachricht vom Tod seiner Omama (er hatte das eilends nach

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