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Suna

Suna

Titel: Suna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ziefle Pia
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Klinik.
    Julka kommt ungekämmt und nicht geduscht, mit einer löchrigen Strickjacke, die Schicht war eben zu Ende, nachher geht noch der Bus zu Tanjas Kinderheim.
    »Wir müssen für Marina eine Lösung finden.«
    Julka kennt das schon. Wenn Deutsche »eine Lösung finden« wollen, dann bedeutet das, dass sie irgendetwas abgeben soll. Aber nicht mit ihr.
    »Ich geb das Kind nicht her«, sagt sie, und sie sagt es etwa so: Ich gäbb das Kind nit härr.
    Frau Weigand hört zu.
    Andrusch schaut immer nachdenklicher, wenn von den Töchtern die Rede ist.
    Eines Tages kommt er nicht, und Julka fährt allein zur Kinderklinik.
    »Wir haben Ihre Tochter verlegen müssen«, heißt es dort.
    Mit dem Hubschrauber ist sie geflogen, von der Stadt hat Julka noch nie gehört.
    »Verlegen«, denkt sie, »was ist das für ein Wort, verlegen.«
    Als Andrusch doch noch auftaucht, hat er einen Anzug an und sieht von Kopf bis Fuß ziemlich genau so aus, als wäre er auf dem Weg zu einer Beerdigung.
    »Du kommst mit«, sagt er zu Julka vor der Klinik, wo sie steht und raucht. »Und dann heiraten wir.«
    Julka ist kein bisschen überrascht davon, sie hat schließlich Augen im Kopf, aber sie sagt nein.
    »Warum denn nicht?«, fragt Andrusch.
    »Weil Marina verlegt ist«, sagt sie und merkt nicht, dass sie auf Deutsch antwortet.
    »Wie verlegt – verloren?«, fragt Andrusch. »Wie kann man in einer Klinik ein Kind verlieren? In Deutschland?«
    Julka weiß es auch nicht.
    »Wir gehen rein«, sagt Andrusch. »Wir fragen.«
    Sie gehen rein und fragen.
    Sie setzen sich befremdeten Blicken aus, sehen, wie das Personal hinter dicken Glasscheiben telefoniert.
    Sie sehen Frau Weigand vom Jugendamt.
    Frau Weigand vom Jugendamt sieht Andruschs Anzug, der an den Armen zu kurz ist und an den Beinen zu lang, an den Knien schon glänzt und am Bauch ziemlich spannt.
    Frau Weigand sieht Andruschs Gesichtsausdruck, wie er sich kümmert um eine Frau und um ein Kind, das höchstwahrscheinlich nicht seins ist.
    Frau Weigand sagt, Marina sei krank, zu früh geboren, da könne so manches passieren. Der Leistenbruch, vielleicht ist auch noch was mit der Leber oder der Galle, man müsse sehen. Die Mangelernährung. Man könne sie Julka nicht zurückgeben, jetzt, wo man weiß, wie krank sie ist, denn wenn sie arbeitet, wer sähe nach Marina?
    Wer denn der Vater sei, doch nicht Andrusch?
    Und wie sie sich das mit Tanja vorstelle?
    »Kann Marina nicht bei Tanja sein?«, fragt Julka.
    »Sie nehmen im Heim zurzeit keine Kinder mehr auf«, sagt Frau Weigand.
    Andrusch ist unruhig geworden, er denkt an Julka, die nur nach außen hin für ihn ist wie eine Cousine, an die Mädchen, die seine Töchter sein könnten, und daran, was für eine Zukunft sie haben, wenn Julka zurückmuss mit den beiden. So denkt er, und außerdem kann er jede helfende Hand gut gebrauchen.
    Frau Weigand sieht in die Akten, und Julka starrt auf den Boden, keiner sagt mehr ein Wort.
    »Wir heiraten«, sagt Andrusch in die Stille hinein. »Du arbeitest in der Kneipe, und die Mädchen sind bei uns.«
    Das geht nicht, denkt Julka.
    Nicht jetzt und eigentlich ja auch nicht Andrusch.
    Schon gar nicht, wenn er einen Anzug anhat. Als ob er etwas Besseres sein müsste für sie, die ihn jeden Tag sieht und ihn besser kennt als die meisten.
    »Aus meiner Sicht wäre das eine gute Lösung«, sagt Frau Weigand erleichtert.
    Aus Julkas Sicht ist nichts eine gute Lösung.
    »Wir heiraten«, sagt sie, ohne ihn anzusehen.
    Andrusch will sich um die Papiere kümmern.
    Marina hat eines Tages von selbst aufgehört zu weinen. Sie hat sogar ein bisschen zugenommen.
    »Wächst ja doch«, haben die Ärzte gesagt und sich gefreut. Zurück zur Mutter geben sie das Kind trotzdem nicht.
    »Kurzzeitpflege«, sagt Frau Weigand zu Julka und lässt keinen Zweifel daran, dass es momentan keine andere Lösung gibt. »Sobald Sie die Papiere haben und verheiratet sind, können Sie das Kind wieder zu sich nehmen.«
    »Ja«, sagt Julka jetzt. »Aber nur, wenn ich sie sehen kann. Nur dann.«
    Im Hinausgehen nimmt Andrusch Julkas Hand und die schmale Frau lehnt sich an ihn, den Kroaten, der sie will, und was ist denn daran verwerflich.
    Frau Weigand findet eine Familie, ganz in der Nähe.
    »Wollen wir gemeinsam hinfahren und uns umsehen?«
    Julka bittet Frau Jost (mal wieder) um einen freien Tag und fährt mit Frau Weigand im Mercedes zu dieser Familie.
    In ein Dorf irgendwo zwischen Bäumen, die aussehen wie überall, und Straßen, die

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