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Affenstall.«
Als sie nach einigen Irrläufen durch die verwinkelten Gassen der Gerüststadt endlich auf dem obersten Plateau des lila Viertels ankamen, stießen sie statt auf eine Warteschlange nur auf Heerscharen von Bauarbeitern. Das Gebäude glich einem Skelett, abgenagt und ausgeschlachtet. As’mala war fassungslos, lief im Kreis und gestikulierte wild. »Ich schwöre, das sah gestern noch ganz anders aus! Dort waren Stufen. Genau da habe ich mich mit dieser fetten Kröte angelegt. Und auf der anderen Seite stand der Büßerpfahl.«
Shanija suchte nach einer logischen Erklärung. »Das ergibt keinen Sinn. Bist du sicher, dass das hier der richtige Platz ist?«, sagte sie schließlich.
»Ja, ich
bin
sicher!«
»Dann sollten wir fragen, was passiert ist«, warf Seiya ein und marschierte auf den nächstbesten Arbeiter zu.
»Das Rathaus«, antwortete der bullige Handwerker gerade, als Shanija dazu kam, »liegt jetzt im orangefarbenen Viertel. Die Halunken haben letzte Nacht auf ihrer Seite heimlich ein Stockwerk draufgesetzt. Und wer am höchsten wohnt, der ist eben Oberbürgermeister, so will es das Gesetz.«
»Hat denn hier jeder den Dummkoller?« As’mala kochte vor Wut und wollte den Mann packen. Muksch war schneller. Wie ein Geschoss raste das Pelztier auf die Diebin zu, umschlang ihre Hände und verformte sich zu einem fest geschnürten Klumpen Tauwerk. »Lass aus! Runter mit dir, du Ableger eines stinkenden Meeresteufels!« As’mala versuchte es mit ihrer Psimagie, doch Muksch blieb hartnäckig, wand sich wie eine Schlange immer neu um ihre Arme, bis sie aufgab.
Shanija schmunzelte. »Muksch, das reicht. Ich denke, sie hat sich beruhigt.«
»Dann baut ihr hier fortlaufend um die Wette nach oben?«, sagte Seiya zu dem Bauarbeiter, der sich achselzuckend abwandte. »Irgendwann kracht euch alles zusammen!«
»Auf der Erde würde man Leute, die sich solch verquere Gesetze ausdenken,
Schildbürger
nennen. Betitelt nach einer Sammlung von Schelmengeschichten, die im fiktiven Schiida spielen«, dozierte Shanija. Auch eine Erinnerung der Kindheit, als sie ihre »Eulenspiegel«-Phase hatte. »Zum Beispiel haben die versucht, mit Eimer Sonnenlicht einzufangen und ins Rathaus zu tragen, weil sie beim Bau die Fenster vergessen hatten.«
»Schiida – den Namen solltest du dem Bürgermeister empfehlen!«, schlug die Diebin vor, während sie sich die befreiten Handgelenke rieb.
Muksch, der seine bärige Gestalt wieder angenommen hatte, galoppierte über die Baustelle und sprang aufgeregt an einer geparkten Korbgondel hoch.
»Sollen wir?«, fragte die Erdfrau.
Während das Gefährt sich – von Seiya und As’mala mit der Kurbel angetrieben – das Seil entlang hangelte, bemerkte Shanija beim Zurückblicken einen Schatten, der im Inneren der alten Rathausruine stand und ihnen nachblickte.
Der Mönch
. War er es gewesen, der Pong und sie am Abend zuvor in der Gasse belauert hatte?
Während sich langsam Erker, Ecken und violette Dächer zwischen Shanija und ihren Verfolger schoben, versuchte sie, einen Zusammenhang zu finden.
Seit wir angekommen sind, schleicht dieser Kerl um uns herum. Oder ist es jedes Mal ein anderer? Schließlich ist dieser Ort ein Mekka für solche Leute
.
»Wer sind eigentlich diese Typen in dunkelblauem Umhang und Kapuze?«, fragte sie laut.
»Die mit dem Signet der schwarzen Schleife auf Weiß? Das sind sogenannte Adepten«, antwortete Seiya. »Ausgesandte der Bibliothekare. Sozusagen wandelnde Chronisten. Über die habe ich viel gelesen.«
»Lesen und Erleben sind zwei Paar Stiefel«, stichelte As’mala. »Ich glaube, die meisten sind Insektoide oder Flossenwesen. Verschlagene Gesellen, die nach Sensationen gieren und das Leid anderer teilnahmslos begaffen. Mit denen bin ich schon öfter zusammengetroffen.«
»Zusammengetroffen? Du bist mit ihnen wahrscheinlich zusammengestoßen, um ihr letztes bisschen Besitz aus den Taschen zu fischen«, gab die Prinzessin kühl zurück.
Shanija war erstaunt. »Sie kommen vom Zentralarchiv? Warum befragen wir sie dann nicht nach der Urmutter und bitten um ihre Hilfe?«
»Weil sie Adepten sind – wandelnde Tagebücher ohne eigenen Willen oder Emotionen. Deine Wünsche und Bedürfnisse sind denen scheißegal. Auch wenn sie vor dir stehen, während du nur noch mit einem Finger an der Klippe hängst, würden sie dir nicht helfen. Die mischen sich nie in irgendwas ein. Elendiges Insektenpack!« As’mala spuckte aus.
»Aber sie sehen so
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