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SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)

Titel: SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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ihm nun viel größer als früher vor. In einer Ecke am Fenster stand die Webmühle, mit der seine Mutter fast jeden Abend die Wolle der Gareks zu Socken, Mützen, Pullovern und vielen anderen nützlichen Kleidungsstücken verarbeitete. Mun liebte es, ihr dabei zuzusehen.
    Auf der anderen Seite des Zimmers ruhte die schwere Werkbank. Dort erledigte sein Vater Arbeiten wie das Flicken von Schuhen oder das Reparieren schadhafter Werkzeuge. Gleich daneben stand Muns Truhe, die ihm die Eltern zur letzten Sonnenwende geschenkt hatten. In den Deckel waren die Umrisse zweier Gareks geschnitzt und das braune Holz war mit einer glänzenden Lackierung versehen. Mun würde diesen Abend nie vergessen. Er war so stolz gewesen, als ihm Pap erlaubt hatte, die Truhe gleich neben der Werkbank aufzustellen. Danach war er in sein Zimmer gerannt und hatte all die kleinen Schätze geholt, die er in den letzten Jahren angesammelt hatte. Die flachen, glatten Kiesel aus dem Eisbach, das Ledersäckchen mit der farbigen Kreide, einen Ballen Stoffreste, die Kuru-Hölzer – und natürlich die vom Vater geschnitzte Flöte. Stundenlang hatte er vor der Truhe gesessen und seine Sachen immer wieder ein- und ausgeräumt.
    Mun verdrängte die Gedanken an damals. In ihm breitete sich eine grauenvolle Leere aus. Ohne zu wissen, woher die Erkenntnis kam, wurde ihm klar, dass die glücklichen Tage seines Lebens vorbei waren. Sein Vater hatte ihm ab und zu von den über Land ziehenden Räuberbanden erzählt, die vorwurfsvollen Blicke der Mutter dabei geflissentlich ignorierend. Die ausschließlich aus Männern bestehenden Gruppen zählten teilweise bis zu fünfzig Köpfe und suchten sich mit Vorliebe einsame Höfe oder kleinere Dörfer für ihre Beutezüge aus.
    Schutz vor den Banden gab es so gut wie keinen. Die Räuber lebten in den schwer zugänglichen Kulatbergen im Norden, wo sie praktisch jeden Stein kannten. Zudem waren sie kampferfahren. Selbst wenn sich mehrere Bauern zusammentaten und ein paar Söldner fanden, die verrückt genug waren, sich anheuern zu lassen, hatten diese keine Chance.
    Auf allen Vieren kroch Mun an eines der beiden Fenster heran, durch die er auf die Veranda blickten konnte. Es wurde bereits dämmrig, die langen Schatten der Berge krochen herab. Durch das Glas warf der flackernde Schein einiger Fackeln bizarre Muster an Wände und Decke. Langsam richtete sich der Junge auf, bis er über das Fenstersims nach draußen sehen konnte.
    Der Abend hatte die Landschaft in ein Farbenmeer verwandelt. Die Farm umschließenden Wälder standen in dieser Zeit des Jahres in voller Blüte. Normalerweise hätte Mun den Anblick genossen, doch diesmal fehlte ihm der Sinn für die Schönheit der Natur. Die Räuber hatten sich überall niedergelassen. Auf der Pritsche des Heuwagens, auf Strohballen aus der Scheune, auf Decken und Polstern, die sie aus dem Haus geschleppt hatten, oder einfach direkt auf dem festgetrampelten Boden.
    Neben den in unregelmäßigen Abständen befestigten Fackeln brannte wenige Meter vor dem Gehege der Gareks ein hoch loderndes Feuer. Die Tiere selbst waren allesamt tot. Einige Männer hatten damit begonnen, die Kadaver zu häuten und in handliche Stücke zu zerteilen. Alles war voller Blut, doch das war es nicht, was Mun wie festgefroren aus dem Fenster starren ließ. Er hatte schon zugeschaut, wenn Vater einen Garek schlachtete oder wenn auf dem Markt in Kalamarrn den Nunaks die Hälse durchgeschnitten und sie dann zum Ausbluten auf lange Holzgestänge gehängt wurden.
    Mun öffnete den Mund, aber kein Laut drang daraus hervor. Das Grauen hatte auf eine Weise von ihm Besitz ergriffen, die ihn vollständig lähmte. Sein Körper fühlte sich an, als würde er nicht mehr zu ihm gehören, als wäre er ein unsagbar fremdes Etwas, dessen Bedeutung und Zweck sich seinem Verständnis entzog. Selbst wenn in diesem Moment das Haus über ihm zusammengestürzt wäre, hätte er sich keinen Millimeter vom Fleck rühren können.
    Der Vater lag ein wenig abseits der feiernden Männer. Die Arme waren nach vorn gestreckt, das rechte Bein stand in groteskem Winkel zur Seite ab. Das Blut in den Haaren und auf dem Gesicht war frisch. Es glänzte im Licht des Feuers, und die zuckenden Flammen zauberten jähe Reflexe auf das starre Antlitz. Es sah aus, als würde ein Schwarm winziger Insekten den Kopf des Vaters umschwirren.
    Das Schlimmste für Mun waren jedoch die weit aufgerissenen Augen, in deren leeren Blick sich noch immer die Angst

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