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schlaff herab. Wahrscheinlich war ihm die Schulter ausgekugelt worden.
»Die wollen mich umbringen«, schluchzte Maneluk.
Der Todseher schüttelte nur bedauernd den Kopf. »Ich kann dir nicht helfen«, sagte er mit zusammengeschnürter Kehle.
Das war nicht gelogen. Selbst wenn Serjaff seine Sonderstellung bei Torogard ausnutzen könnte, wäre er wahrscheinlich nicht für den Menschling eingetreten. Obwohl Maneluk stets der einzige gleichaltrige Junge in diesem Teil ELIUMS gewesen war, hatte er ihn nie ausstehen können. Der einzige, von Torogard eingefädelte Spielnachmittag, hatte mit Tränen und bösen Worten geendet.
Serjaff wusste nicht, weshalb Maneluk im Kerker ausharren musste, doch er konnte sich ausmalen, dass es mit dessen Verschlagenheit und Egoismus zusammenhing.
»Hilf mir!«, flehte der Prigone.
Serjaff schüttelte nochmals den Kopf und humpelte weiter. Hinter sich hörte er das leiser werdende Schluchzen Maneluks.
Die letzten Schritte zum Ende des Ganges legte er ohne weiteren Zwischenfall zurück. Vorsichtig spähte er in den Zugang der Zelle hinein, in der sich die blonde Frau aufhielt – sofern die Wächter ihn nicht belogen hatten.
Die eigentliche Zelle war von seinem Standort aus nicht einsehbar, der Zugang knickte um 90 Grad gegen links. Mit klopfendem Herzen humpelte Serjaff hinein. Kurz betrachtete er eine schwere Eisenkette, die aus einer Öffnung im Boden trat und sich bis an die Decke spannte. Offenbar hing an ihr einiges an Gewicht. Eine Eisenstange war bei der Bodenöffnung durch ein Kettenglied getrieben.
Serjaff humpelte weiter, verharrte kurz vor dem Knick, atmete kräftig ein und betrat die eigentliche Zelle.
Die blonde Frau saß am Boden und lehnte mit dem Rücken an der Wand ihrer Zelle. Ihr Kopf hatte auf den angezogenen Knien geruht. Nun ruckte er hoch und starrte Serjaff aus zwei hellwachen Augen an.
Wie schön du bist
, dachte er fasziniert.
»Was willst du?« Ihre Stimme klang barsch, vermischt mit einem lauernden Unterton.
Wie unter Hypnose wankte Serjaff auf die knöchernen Gitterstäbe zu.
»Ich … ich«, stammelte er hilflos, »ich habe dich gesucht.«
Wie ein Unbeteiligter bemerkte er, dass dies eine denkbar dumme Antwort auf ihre Frage gewesen war. Ihm wollte aber nichts Besseres einfallen.
Ein dicker Kloß schien in seinem Hals zu stecken. Ihr Anblick vereinnahmte ihn in völlig neuer Weise. So sehr er sich auch bemühte, er konnte seinen Blick nicht von ihrem schwarzen Lederwams nehmen, unter dem sich die weiblichen Rundungen dieser reifen Frau abzeichneten.
Mit einer geradezu katzenhaften Eleganz erhob sie sich und bewegte sich langsam auf ihn zu.
»Wie heißt du?«, brachte der Todseher schließlich heraus.
»Die eigentliche Frage«, gurrte die Schöne, »sollte heißen:
wer bist du?«
Noch zwei Schritte trennten sie von ihm und dem Gitter.
»Jaffi«, hauchte er.
Im selben Moment brach ihm der Schweiß aus allen Poren.
Jaffi?
, schrillte eine Stimme in ihm. Er hatte diesen Namen seit der Abkehr aus seinem Elternhaus nie mehr gebraucht, geschweige denn gehört. Torogard hatte er sich von Anfang an als Serjaff vorgestellt, seinem eigentlichen Namen.
»Jaffi«, sagte die Schöne, während sie an das Gitter trat. »Ich hoffe …«
Unvermittelt schossen ihre beiden Arme zwischen den Gitterstäben hindurch und ergriffen seinen Hals und den rechten Arm. Der Rest ihres angefangenen Satzes wurde durch den grellen Blitz verschluckt, der die Todesvision einläutete. Als sich das Bild vor seinem inneren Auge manifestierte, durchzuckte ihn nackter Schrecken.
Die Perspektive ist um 90 Grad verdreht. Die Frau liegt auf der Seite und blickt die beiden Männer an, die sich vor ihr aufgebaut haben. Im Vordergrund steht er, Serjaff. In seiner linken Hand hält er ein langes Schwert aus Kreischerstahl, die furchtbarste Klinge, die es in ELIUM gibt. Hinter ihm hat sich – breitbeinig und mit verschränkten Armen – Torogard aufgebaut. Beide tragen sie die Paradeuniform des Aderschlags
.
»Los!«, bellt Torogard. »Tu es! Tu es jetzt!«
Serjaffs Gesicht verzieht sich zu einer furchtbaren Maske aus Angst, Verzweiflung und Abscheu. Trotzdem holt er weit aus und lässt die Klinge aus Kreischerstahl auf die Frau hinab sausen. Mit einem abscheulich knackenden Geräusch bricht die Vision so abrupt ab, wie sie über ihn hereingebrochen ist
.
Jaffi riss die Augen auf und stierte auf die Frau hinter den Gitterstäben, die ihn unverwandt festhielt.
»Nein!«, schrie er
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