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jeden Lebens war. Niemand konnte vor seinem Schicksal davonlaufen. Genauso wenig, wie er nun vor seinen Gedanken weglaufen konnte.
Unvermittelt tauchte vor Jaffi ein uralter Kuntar auf. Seine gebrechlichen Beine waren durch Schalen und Schienen verstärkt worden, damit er überhaupt aus eigener Kraft gehen konnte. An seinen Seiten marschierte ein Schutzgeleit schwer bewaffneter Kriggets.
Bontonaire!
, schoss es Jaffi durch den Kopf.
Der Aderschlag Sicherheit!
Der Todseher blieb stehen und wartete, bis die Gruppe ihn erreichte.
»Serjaff«, ächzte der Alte, während er dem Trupp das Zeichen gab, anzuhalten. »Hat Torogard seinen Krüppelkurier wieder zurück auf seinen Schoß geholt?«
»Seid gegrüßt, Bontonaire«, sagte Jaffi. In kleinen Schritten trat er näher zum greisen Kuntar. »Ich habe tatsächlich eine Botschaft für Euch.«
»Dann lass dein krummes Maul sprechen oder geh mir aus dem Weg!«
»Meister Torogard hat mir aufgetragen, es Euch und nur Euch zu erzählen, Herr!«
Jaffi wusste nicht, wo er diese plötzliche Unverfrorenheit hernahm. Sie konnte ihm ohne weiteres den Kopf kosten. Andererseits –
konnte
er überhaupt sterben? Schließlich musste er zuerst die schreckliche Tat vollbringen, die er vorausgesehen hatte!
Mit ruhigen Schritten schob er sich weiter an Bontonaire heran und ergriff seine rechte Schulter. Der grelle Blitz fauchte durch seinen Geist.
Arbeitspapiere. Greise Kuntarklauen halten den Keil, der das Pergament mit der Schneideschrift der Echsenwesen füllt. Ein Quietschen ertönt. Bontonaire blickt auf. Seine Augen benötigen einige Lidschläge, bis das Bild endlich scharf wird. Torogard ist ins Zimmer getreten und schließt die Tür hinter sich
.
»Was soll das?«, schnarrt die heisere Stimme Bontonaires. »Ich lasse …«
»Du lässt nichts mehr«, schallt die eiskalte Stimme Torogards durch den Raum. Seine rechte Hand fährt hoch, in der er eine Armbrust hält
.
Bevor Bontonaire imstande ist, auch nur einen Grunzlaut von sich zu geben, zischt etwas auf seine Augen zu. Es wird kurz hell. Dann dunkel
.
Jaffi fiel rücklings und schlug schmerzhaft mit dem Hinterkopf an eine der Knochenstreben.
»Ich lasse dich nur am Leben, weil du Torogards kleiner Liebling bist, Krüppel!«, fauchte Bontonaire. »Näherst du dich mir je wieder auf weniger als zwanzig Schritte, werde ich dich eigenhändig aufspießen!«
Der greise Kuntar gab ein Zeichen, woraufhin er und das Geleit weitergingen.
Jaffi blieb einige qualvolle Atemzüge lang liegen. Noch mehr als der Schmerz in seinem Hinterkopf peinigten ihn das Bild und die absolute Eiseskälte in der Stimme seines väterlichen Freundes Torogard.
Der Verdacht war ihm schon bei der Todesvision der schönen Frau gekommen, nun hatte er sich weiter erhärtet: Torogard würde bald schon nicht mehr der vertraute väterliche Freund sein. Irgendetwas Furchtbares würde geschehen, das Torogard seine Menschlichkeit nehmen und ihn, Jaffi, zu einem Mörder machen würde.
So stand es bereits geschrieben und niemand würde in der Lage sein, dies zu ändern.
Jaffi erhob sich. Er beschloss, zurück in sein Quartier zu gehen. Vielleicht gab ihm die vertraute Umgebung die dringend benötigte Eingebung, wie er den Knoten dieser verfahrenen Situation lösen konnte.
Kurz vor einer Gangbiegung tauchte plötzlich ein schwarzhaariges Mädchen auf und prallte aus vollem Lauf in ihn hinein. Erschrocken starrte er in die völlig emotionslosen blauen Augen der Jugendlichen. Ihre Finger krallten sich in seine nackten Unterarme.
»Loslassen!«, stieß Jaffi hervor. Instinktiv bereitete er sich auf den grellen Blitz vor, der die Todesvision des Mädchens ankündigen würde.
Er kam nicht.
Jaffi stierte das schwarzhaarige Mädchen an. Auf der Stirn und den Wangen zeichneten sich ein paar Narben ab, ansonsten wirkte es auf ihn aber äußerst hübsch. Wie alt mochte sie sein? Elf? Zwölf?
Sie löst keine Todesvision in mir aus!
, schallte es durch seine Gedanken.
Bevor er fähig war etwas zu sagen, ließ ihn das Mädchen los und rannte davon.
Völlig perplex blieb Jaffi stehen.
8.
Süßer Nektar Zuversicht
Irgendwann ging Nur-Eins die Kraft aus. Sie hielt an und ließ sich keuchend an einer der fleischbraunen Wände zu Boden sinken. Aus halb geschlossenen Augen betrachtete sie das unstete Pulsieren der gelbgrünen Flüssigkeit, die durch die Leitungen gepumpt wurde, welche an der Decke des Ganges befestigt waren. Sie musste sich in einem der Hauptgänge
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